Krankenschwester in der Corona-Krise: „Die Patienten und wir sind nicht genug geschützt!“

Das Corona-Virus nimmt aktuell großen Einfluss auf den Alltag eines jeden einzelnen von uns. Doch während ein Großteil der Menschen zu Hause bleiben soll, müssen andere jeden Tag an ihrem Arbeitsplatz erscheinen. Häufig, um für andere da zu sein. Dazu gehört auch medizinisches Personal in den Krankenhäusern. Krankenschwestern und Ärzte riskieren ihre eigene Gesundheit, um Leben zu retten. Dafür sollten sie doch eigentlich wenigstens tolle Arbeitsbedingungen haben! Aber die Realität sieht leider anders aus… In dieser Krisenzeit wird das Augenmerk endlich darauf gelenkt, was schon lange ein echtes Problem ist: Die Voraussetzungen, unter denen wichtige medizinische Berufe ausgeübt werden – sind eine echte Katastrophe. Immer – aber besonders in der aktuellen Situation.

Unsere Echte Mama Maria (23 Jahre, echter Name ist der Redaktion bekannt) ist Gesundheits- und Krankenpflegerin und hat uns aus ihrem derzeitigen Alltag berichtet:

„Ich arbeite in einem kleinen Krankenhaus mit 3 Standorten. Auf einer Palliativstation betreue ich überwiegend schwerkranke und zeitweise auch sterbende Menschen. Meine Aufgaben sind sowohl in der medizinischen Betreuung (Pflege, Medikamente, Diagnostik) zu finden, aber auch in der psychischen Betreuung von Patient und Angehörigen.

Ich habe eine kleine Tochter, fast 2 Jahre alt.

Wir wohnen eher ländlich gelegen, die Kita ist direkt bei uns im Ort. Mein Partner arbeitet in einem Abfallwirtschaftsbetrieb. Daher hätten wir nur Anspruch auf einen Notbetreuungsplatz in der Kita, wenn wir Tag für Tag, Woche für Woche eine Bescheinigung seines Arbeitgebers, mit genauen Angaben zu seinen Arbeitszeiten, einreichen würden. Die ganze Sache wäre sehr zeitaufwendig und würde ganz schön an den Nerven zerren, bei all dem andere Stress drumherum.

Unsere Kleine wäre das einzige Kind in dieser Notbetreuung! Deshalb haben wir uns bewusst gegen eine Betreuung in der Kita entschieden. Wir haben das große Glück, meine Familie mit im Haus zu haben. Deshalb ist eine Betreuung durch meine Eltern (sie gehören übrigens nicht zu einer Risikogruppe!) und meine Schwester sichergestellt.

Nun aber zurück zu der aktuellen Situation im Krankenhaus.

Zur Betreuung der an Covid-19 Erkrankten ist bei uns im Haus eine separate Station eingerichtet worden, eine sogenannte Isolationsstation. Leider muss ich sagen, läuft das Ganze eher chaotisch ab als strukturiert. Verdachtsfälle können aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht getestet werden, weshalb meiner Meinung nach eine sehr hohe Dunkelziffer zu erwarten ist.

Besondere Schwierigkeiten bereitet uns auf der Palliativstation das Besuchsverbot, obwohl es bei uns etwas gelockerter Anwendung findet. Das heißt: Eine Person pro Patient für je eine Stunde am Tag ist erlaubt. Aber habt ihr schon mal einem Schwerkranken oder Sterbenden erklärt, dass er seine Enkeltochter oder andere Angehörige nicht mehr sehen wird?

Die Stimmung im Krankenhaus würde ich als angespannt beschreiben.

Zwischen dem ganzen Personal, findet man vereinzelt Kollegen, die es noch entspannt sehen. Andere hingegen sehen die Lage sehr angespannt. Konflikte zwischen Ärzten und Pflegepersonal oder allgemein im Ärzteteam treten gehäuft auf, da die Anweisungen bzw. Gedankengänge eines jeden einzelnen sehr unterschiedlich sind – das zeigt sich in dieser Krisensituation besonders.

Chirurgen, die derzeit ja nicht so viel zu tun haben wie sonst, werden aktuell auf den internistischen Stationen eingesetzt, um für den Ernstfall (mehr oder weniger) eingearbeitet zu sein. Derzeit wird versucht die Isolationsstation auszubauen, alte Beatmungsgeräte werden geprüft und instand gesetzt, einzelnes Personal wird auf Intensivstationen eingearbeitet. Derzeit wird in ruhigen Zeiten versucht Minusstunden aufzubauen, damit man dann bei erhöhten Arbeitspensum auch mehr arbeiten kann.

Die Situation für uns wird aber immer absurder:

Es gibt nicht genügend Schutzausrüstung, man kann sich und Patienten nicht ausreichend schützen. Es fehlt an allem. Mund-Nasen-Schutzmasken müssen pro Person für die ganze Schicht genutzt werden, Desinfektionsmittel reichen nicht aus, weshalb wir mittlerweile selbst herstellen.

Dann werden hart erkämpfte Personaluntergrenzen ausgesetzt, somit gibt es jetzt wieder mehr Patienten für eine Fachkraft. Das heißt mehr Verantwortung, mehr Arbeit und somit schnellere Überarbeitung.

Ich muss ehrlich sagen, ich finde es unverantwortlich, das infizierte Pflegekräfte jetzt früher zur Arbeit gerufen werden können und somit keine vollständige Quarantäne mehr durchziehen müssen! Dabei arbeiten wir täglich mit schwerkranken und immungeschwächten Patienten zusammen, all die Leute die eigentlich zu Risikogruppen zählen, werden dadurch noch mehr gefährdet, da Schutzausrüstungen und FFP 2 Masken nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Ich selbst hatte bisher nur Kontakt zu einem Erkrankten.

Er entwickelte überraschend während des Aufenthaltes auf unserer Station Symptome. Derzeit überwiegt tatsächlich noch meine Hoffnung, das die Kontaktsperren eingehalten werden und dadurch hoffentlich der weitere Verlauf verlangsamt werden kann und es nicht zu so drastischen Situationen wie in Italien kommt. Jedoch sollte man es auch realistisch sehen. Ich denke schon das die Zahlen weiter steigen und es auch immer mehr schwerwiegende Fälle geben wird. Somit wird es in der Zukunft sicherlich, je nach Gebiet, nicht genügend verfügbare Betten geben.<

Was ich zur plötzlichen Dankbarkeit der Menschen sage?

Ich danke zwar den Leuten, die sich jeden Abend auf die Balkone stellen und klatschen. Aber sieht man es ehrlich, vorher hat man auch kaum Anerkennung bekommen bzw. niemanden hat es interessiert, wie es den Pflegekräften geht. Jetzt, wo man so deutlich gebraucht wird, ist man es auf einmal Wert, diese Anerkennung zu bekommen. Dabei bezahlt ein Klatschen aber auch nicht unsere Rechnungen oder rettet unser Familienleben.

Was ich noch sagen möchte: Haltet alle durch! Alle noch arbeitenden Kräfte, egal ob im medizinischen Bereich oder in den Supermärkten oder auf den LK’s. Bleibt stark, gesund und unterstützt euch so gut es geht gegenseitig! Gemeinsam schaffen wir das!“

Liebe Maria, vielen Dank für deinen Text, Wir wünschen dir alles, alles Gute.

Weitere Infos zum Thema Corona-Virus findest du hier:

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Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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Kathi Seibert
Kathi Seibert
2 Jahre zuvor

Ein interessanter Einblick in den Berufsalltag einer Krankenschwester. Ich möchte selbst Kinderkrankenschwester werden und möchte so viel Eindrücke wie möglich sammeln. Ich hoffe sehr, dass sich die Situation wieder entspannt und wenigstens die notwendigen Mittel bereit gestellt werden können.

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