„Er betrog mich in der Schwangerschaft – und ich bin trotzdem geblieben.”

Sarah dachte, sie hätte endlich den richtigen Partner gefunden – jemanden, mit dem sie sich ein gemeinsames Leben vorstellen konnte. Doch was als große Liebe begann, wurde zur tiefsten Krise ihres Lebens. In ihrer Echten Geschichte erzählt sie eindrucksvoll, wie sie betrogen, gedemütigt – und am Ende doch stark wurde: für sich selbst und ihre Tochter Romy.

„Im September 2023 habe ich einen Mann kennengelernt, mit dem es auf Anhieb gefunkt hatte. Es schien alles perfekt. Wir hatten gleiche Interessen, verbrachten viel Zeit miteinander, unternahmen viel, fuhren zusammen in den Urlaub und waren emotional auf einer Wellenlänge. Er war zu dem Zeitpunkt 40 Jahre, ich 35 Jahre. Die Themen Zukunft und Familiengründung haben wir schnell auf den Tisch gebracht und waren uns einig, dass wir beide das ‚mit dem richtigen Partner‘ wollten.

Im Januar 2024 fragte er mich dann, ob ich mit ihm zusammenziehen wollen würde und wann wir mit der Kinderplanung anfangen wollten. Ich war zunächst überfordert und fragte ihn, was er denn dazu meinte. Er wollte sofort die Verhütung einstellen. Also ließen wir es darauf ankommen und suchten uns eine gemeinsame Wohnung.

Im April 2024 erfuhr ich, dass ich schwanger war.

Am 01. Mai 2024 sind wir zusammengezogen. Doch nur wenige Tage später hatte ich ein ungutes Bauchgefühl. Ich schäme mich für das, was ich dann tat. Ich schaute heimlich in sein Handy, und was ich entdeckte, riss mir den Boden unter den Füßen weg. Ich stellte ihn zur Rede, und er gestand, dass er mir fremdgegangen ist.

Mein erster Impuls war es zu gehen. Doch wohin? Meine Wohnung war gekündigt. Wem von dieser Schande erzählen, wenn sich alle für mich freuten?

Da saß ich nun.

In der 10. SSW, mein Leben in Dortmund hatte ich aufgegeben und bin für die Liebe nach Lippstadt gezogen. Und jetzt betrogen, verletzt, fassungslos. Er rutschte weinend auf Knien vor mir, ich dürfe ihn nicht verlassen. Es wäre nur dieses eine Mal gewesen. Er wollte nur noch einmal mit einer anderen Frau schlafen, ehe er mit mir sesshaft würde. Er liebe mich, er wolle die Familie mit mir und würde darum kämpfen.

Ich blieb. Ich blieb bei einem Mann, den ich nicht mehr kannte. Ich blieb aus Angst. Angst vor dem Alleinsein. Allein mit der Schwangerschaft, allein mit der Geburt, allein mit einem Neugeborenen, allein als Mutter.

Und ich blieb aus Scham.

Ich war bei der Familie, bei Freundinnen und Arbeitskolleginnen bekannt als die, die eine gescheiterte Beziehung nach der anderen hatte. Wie konnte ich also dann in die Gesichter sehen und sagen: Ich bin wieder Single und übrigens schwanger‘?!

Also blieb ich und setzte eine Maske auf. Ich redete mir ein, dass wir das hinkriegen würden, dass wir eine Familie werden und es sich dafür zu kämpfen lohnen würde. Ich kämpfte, er tat es nicht.

Wenige Wochen später fiel er in ein mentales Loch, begleitet von Panikattacken.

Er war mit seinem ganzen Leben überfordert und hatte Angst vor der Verantwortung als Vater. Ab dann drehte sich das Blatt, und ich begann, meine Energien darin zu verschwenden, ihn aufzubauen, zu motivieren, ihm eine Stütze zu sein. Neben der körperlich anstrengenden Schwangerschaft, neben dem Vollzeitjob, für den ich eine Stunde Autofahrt (pro Strecke) in Kauf nahm, neben meiner Wut und Trauer für das, was er mir angetan hatte.

Es stellte sich dann heraus, dass es eben nicht nur dieses eine Mal Fremdgehen war, sondern, dass er von Beginn an ein Doppelleben geführt hatte. Jede neue Information riss mich tiefer und tiefer. Doch ich war emotional gefangen. Ich schaffte es nicht zu gehen. Ich hatte keine Kraft.

Ich weinte viel, ich schrie viel, ich spürte keine echte Freude mehr.

Und nach jedem emotionalen Ausbruch begann das schlechte Gewissen. Ich entschuldigte mich jedes Mal bei meinem kleinen Mädchen in meinem Bauch, dass diese negativen Emotionen nichts mit ihr zu tun hätten. Dass ich sie beschützen werde und dass ich sie liebe. Ich war dankbar für jeden Tritt, den sie mir verpasste. So glaubte ich, dass es ihr gut ging.

Die Monate gingen dahin. Ich konnte die Schwangerschaft nicht in vollen Zügen genießen. Selbst wenn ich meine Wut und Trauer unterdrückte, gab es zu viele Tiefschläge von meinem Partner. Er kümmerte sich weder um mein körperliches Wohl noch um mein seelisches. Es fielen Sätze von ihm wie: ‚Ich kann meine Liebe momentan nicht ausdrücken‘, über ‚Ich weiß nicht, ob meine Liebe ausreicht‘, bis ‚Ich kann dich momentan nicht lieben‘. Doch wollte er immer warten, bis unsere Tochter geboren würde, um zu schauen, ob es in ihm etwas auslösen würde.

Also wartete ich geduldig.

Und dann kam die Geburt. Ich erinnere mich an entsetzliche Schmerzen. Doch waren sie nicht nur körperlicher Natur. Jede Wehe, jeder Schrei, den ich dabei tätigte, galt auch meinem emotionalen Schmerz. Dies war der Höhepunkt allen Schmerzes, den ich in den letzten Monaten spürte.

Und dann war sie da. Romy, meine Tochter, mein Kind, mein Herz. Ein Kampf durch die Schwangerschaft, ein Kampf durch die Geburt. Doch war ich wieder alleine mit allen Gefühlen, die ich durchlief. Ich bekam nicht mal eine Umarmung von dem Papa. Ein Foto zu dritt kam weder ihm noch mir in den Sinn.

Drei Tage später wurden wir aus dem Krankenhaus entlassen.

Der frisch gebackene Papa ist abends zu Freunden zum Fußballgucken. Als Romy abends weinte, stand ich auf, machte ein Fläschchen und nässte mich ein. Ich war, wie vermutlich viele andere Mamas nach der Geburt, blaseninkontinent. Ich biss die Zähne zusammen und fütterte sie, machte ihr eine frische Windel und wiegte sie in den Schlaf, während ich das Gefühl hatte, dass mein Körper zerfällt.

Am nächsten Morgen saßen wir zu dritt in ihrem Kinderzimmer auf einem großen Sessel. Und dann kam der vernichtende Satz von ihm: ‚Ich sehe das mit uns nicht.‘ Es war aus. Er machte Schluss – nach allem, was er mir angetan hat, nach allem, was ich zu verzeihen versucht hatte, nach allem, was ich gegeben habe. Das war der Dank?

Ich suchte mir sofort eine neue Wohnung in der Nähe meiner Mama.

Zum Glück fand ich mit ihrer Hilfe eine. Doch konnte ich sie erst in zwei Monaten beziehen. In der Zeit des Wochenbetts gab es keine Gelegenheit, mich körperlich zu erholen und mich in meine Mutterrolle einzufinden. Zwischen Kartons packen, Umzug organisieren, Anträge ausfüllen und sich um Romy kümmern, hatte ich fast täglich Nervenzusammenbrüche.

Ich spürte, dass ich dem Ganzen nicht gewachsen bin. Wenn Romy vor Hunger schrie, wurde ich nervös und habe oft das Fläschchen verschüttet oder mir versehentlich kochendes Wasser über die Hand gekippt. Wenn meine Mama zur Unterstützung da war, habe ich einfach den Raum oder die Wohnung verlassen, weil ich Romys Weinen nicht ertrug. Ich hatte das Gefühl, dass sie spürte, wie ich emotional litt, dass sie auch leidet, dass sie spürt, dass ich ihr keine Mama sein kann.

Ich wollte mein Kind lieben, ihr eine gute Mama sein – und schaffte es nicht.

Ich sprach mit meiner Hebamme und meiner Gynäkologin darüber. Ich rutschte geradewegs in eine Wochenbettdepression. Ich brauchte Hilfe.

Ich begann, meinen Freundinnen, der Familie und Arbeitskolleginnen von unserer Trennung zu berichten. Manchen erzählte ich die komplette Geschichte, manchen nur die halbe Wahrheit. Ausnahmslos alle waren für mich da.

Je näher der Umzug bevorstand, desto mehr Panik bekam ich.

Jetzt stand ein neues Leben in meiner Heimatstadt bevor, in der ich 13 Jahre nicht gelebt hatte. Zum Glück waren so viele Menschen da, die den Umzug gestemmt haben, während ich wie ein Zombie zwischen den Möbeln und Kartons hin und her lief.

Ich kam wenige Tage nach dem Umzug in ambulante Behandlung mit Antidepressiva und Gesprächstherapien. Die ersten Wochen wohnten Romy und ich bei meiner Mutter. Ich schaffte es nicht, ohne ihr Beisein mich um Romy zu kümmern, mit ihr zum Kinderarzt zu gehen oder mit ihr mit dem Auto irgendwo hinzufahren.

Aber ich nahm den Kampf wieder auf.

Doch dieses Mal kämpfte ich nicht für eine Familie mit einem Mann, der mich schlecht behandelte, sondern um meine Familie, die mich brauchte, so wie ich sie brauchte: meine Tochter.

Und schneller als gedacht fand ich mich mit der Situation ab und nahm die Herausforderung an. Ich bezog die noch nicht vollständig eingerichtete Wohnung mit Romy und begann, mein Leben neu aufzubauen. Wir besuchen verschiedene Babykurse, wir treffen uns mit Freundinnen, wir gehen alleine spazieren, wir nehmen am Leben teil.

Mit jedem Tag wird das Band stärker zwischen Romy und mir.

Eines Abends, als meine Mama Romy ins Bett bringen sollte, weil ich verabredet war, rief sie mich nach einer halben Stunde an, ich solle zurückkommen, Romy höre nicht auf zu weinen. Als ich zu Hause war und Romy in den Arm nahm, hörte sie sofort auf zu weinen. Sie schluchzte zwar noch, aber kam zur Ruhe. Das war ein heilender Moment für mich. In diesem Moment spürte ich etwas, was ich vorher nie gespürt hatte: Ich war endlich Mama.

Sarah ist dankbar für ihre kleine Tochter.

Sarah ist dankbar für ihre kleine Tochter. Foto: Privat

Ich habe keine Angst mehr. Keine Angst mehr, alles alleine stemmen zu müssen. Keine Angst mehr davor, alleine mit meinen Sorgen zu sein, wenn Romy krank ist. Keine Angst mehr davor, alleine zu sein mit meiner Freude, wenn Romy einen Meilenstein bewältigt hat.

Ich habe kein Schamgefühl mehr.

Kein Schamgefühl, die betrogene Frau zu sein. Kein Schamgefühl, verlassen worden zu sein. Kein Schamgefühl, alleinerziehend zu sein. Ich bin stolz. Stolz, mir Hilfe geholt zu haben. Stolz, einen Weg aus dem Loch gefunden zu haben. Stolz, Mama zu sein.

‚Allein sein‘ war das größte Thema für mich. Doch rückblickend war ich alleine in der Partnerschaft. Ich hatte die Schwangerschaft alleine bewältigt, da sich mein Ex nicht um mich gekümmert hat. Ich habe Einkäufe getätigt, den Haushalt geschmissen, mir wurden keine Türen offen gehalten. Wenn ich Schmerzen hatte, bekam ich zu hören: ‚Ich habe einfach keinen Bock, dir die Füße zu massieren.‘

Auch die Geburt habe ich alleine gestemmt.

Während ich in den Wehen lag, saß mein Ex auf einem Sessel, war am Handy oder schlief. Ich war unglücklich, konnte die Schwangerschaft nicht genießen und habe schlechte Erinnerungen an die Geburt und das Wochenbett.

Seitdem ich ‚alleine‘ bin, fühle ich mich befreit von all dem Schmerz, endlos dankbar für alle Menschen, die an meiner Seite stehen, und bin von Herzen glücklich, eine so wunderbare Tochter wie Romy zu haben, die mir mit ihrem Lachen jeden Tag versüßt.

Ich weiß, dass ich erst am Anfang stehe und noch viele Herausforderungen als Alleinerziehende auf mich warten werden.

Doch weiß ich auch, dass ich stark genug bin, diese zu meistern. Und wenn nicht, werde ich mich nicht scheuen, mir Hilfe zu suchen. Ich habe Glück, ein gutes familiäres und soziales Umfeld zu haben. Doch gibt es darüber hinaus mehr Menschen, die einem helfen können: Hebammen, Ärzte, Psychotherapeuten, Familienbüros, Jugendämter…

Man ist vielleicht alleinerziehend, aber nicht alleingelassen, wenn man sich traut, für sich einzustehen und nach Hilfe zu fragen.”


Liebe Sarah, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Irina
Irina
1 Tag zuvor

Liebe Sarah,
ich bekam Gänsehaut beim Lesen. Wie tapfer und stark du doch bist. Auch wenn du dich eine sehr lange Zeit so nicht gefüllt hast. Am Ende hast du den Beweis. Denn du hast es aus eigener Kraft geschafft ein neues Leben für deine Tochter und dir aufzubauen. Und nein du bist nicht allein. Neben deiner Tochter hast du noch eine wunderbare Mutter, Familie und Freunde. Es ist viel mehr als manche es sich erträumen können. Im Leben hat alles seinen Sinn, auch wenn es uns schwerfällt manches nachzuvollziehen. Du bist ein Beispiel für 1000 Frauen in einer vergleichbaren Situation. Weiterhin alles erdenklich Gute. Gott beschütze euch!