Urlaub nur zu zweit: Schaden Eltern ihren Kindern damit?

Viele Eltern spielen mit dem Gedanken, auch mal ohne Kinder eine Reise anzutreten. Die Suchanfragen auf Google nach „Erwachsenenhotels” nehmen stark zu – inzwischen buchen auch viele Mütter und Väter so eine Unterkunft. Zu zweit Sommer, Sonne, Meer genießen, während die Kleinen zuhause bleiben? Das scheint immer beliebter zu werden. Wir haben deswegen mit einer Expertin gesprochen, was es dabei zu beachten gibt.

Einfach mal wieder Urlaub machen wie früher, entspannt am Strand liegen und eine Auszeit als Paar genießen: Das wünschen sich viele Eltern. Aber was ist mit den Kindern? Wie kommen sie damit zurecht, wenn Mama und Papa ohne sie in den Urlaub fahren? Auch bei Facebook hat uns eine Frage dazu erreicht: „Mein Mann und ich fahren demnächst ein paar Tage zu zweit weg. Unsere Kinder (vier und sechs Jahre) sind in der Zeit bei Oma und Opa. Jetzt meinte meine Freundin, sie findet das egoistisch – hat sie recht?”

Die Meinungen in unserer Community fallen ganz unterschiedlich aus:

„Ich würde es nicht können. Ich finde es aber überhaupt nicht schlimm oder verwerflich. Ich kenne einige, die das regelmäßig so machen.”

„Hätte ich die Möglichkeit, würde ich das auch machen! Ein paar Tage sind völlig ok.”

„Die Kinder freuen sich, dass sie Urlaub bei Oma und Opa machen dürfen und die Eltern freuen sich, auch mal Zeit ohne Kinder verbringen zu dürfen. Win-Win, würde ich sagen.”

„Wir verreisen jedes Jahr mit unseren zwei kleinen Kids. Auch sie möchten etwas anderes erleben, im Meer baden, sich sonnen usw. Auch wenn ich es mir manchmal wünsche, könnte ich nicht ohne sie fahren.”

„Nein, auch Eltern brauchen Auszeiten, um neue Kraft und Energie zu tanken… Ihr seid nicht nur Eltern, sondern auch ein Paar.”

Was sagt die Expertin: Egoistisch oder voll okay?

Wir haben mit Sozialpädagogin und Mama-Coach Sonja Sidoroff darüber gesprochen, was Eltern beachten sollten, die Urlaub ohne Kinder machen möchten. Schaden sie ihren Kinder damit oder gibt es Möglichkeiten, wie die Zeit für alle Seiten ein Gewinn wird?

Für Eltern liegen die Vorteile natürlich auf der Hand: „Sie können sich mal richtig erholen, ohne ständig das Kind beaufsichtigen und versorgen zu müssen. Sie können sich endlich mal wieder qualitative Zeit für sich als Paar nehmen. Diese geht im Alltag ja bei vielen unter, worunter die Beziehung langfristig leiden kann. Ein Urlaub ohne Kinder ist somit eine gute Möglichkeit, sich emotional und körperlich wieder näher zu kommen”, erklärt die Expertin.

Können auch Kinder profitieren, wenn Eltern ohne sie urlauben?

Doch wie sieht es mit den Kindern aus? Kann es auch für sie Vorteile bringen, von den Eltern getrennt Freizeit zu verbringen?  „Für das Kind kann es, je nach Alter, auch von Vorteil sein. Je jünger das Kind (Baby- bis Kleinkindalter), desto geringer ist der Vorteil für das Kind. Kinder haben in diesem Alter noch kein Zeitverständnis und verstehen auch nicht, was es bedeutet, dass Mama und Papa Urlaub machen. In dem Alter überwiegen bei Kindern oft noch die Nachteile – bei einem Wochenendtrip weniger als bei einer längeren Reise”, gibt Sonja Sidoroff zu bedenken.

Doch mit den richtigen Rahmenbedingungen, kann es auch dem Nachwuchs Vorteile bringen: „Wenn die Kinder etwas älter sind (ab Kindergartenalter), kann es dem Kind durchaus guttun, einige Tage bei anderen Bezugspersonen (Großeltern, Tante, etc.) zu verbringen. Es kann die Selbstsicherheit des Kindes stärken, wenn es erfahren hat, dass es auch Dinge ohne die Eltern meistern kann. Es könnte außerdem die Bindung zu anderen Bezugspersonen stärken.”

Das sollten Eltern beachten, die einen Urlaub ohne Kinder planen

Unsere Expertin hat Tipps, die Eltern beherzigen können, wenn sie eine Reise ohne Kinder planen.

  1. Wenn das Kind noch kleiner ist, eher einen Kurztrip machen als eine längere Reise. Kleinkinder sind noch stark an ihre Eltern gebunden und sie verstehen nicht, warum sie plötzlich nicht mehr da sind.
  2. Es muss gewährleistet sein, dass die Kinder in dieser Zeit bei Personen untergebracht sind, denen sie vertrauen, und im besten Fall dort schon im Vorfeld einige Male übernachtet haben.
  3. Es ist wichtig, dass die Kinder, BEVOR die Eltern alleine in den Urlaub fahren, schon mal woanders übernachtet haben (im besten Fall bei derselben Person, bei der sie bleiben, wenn die Eltern in den Urlaub fahren), damit die Kinder schon die Erfahrung gemacht haben, dass es schön ist, woanders zu übernachten und dass sie dort eine gute Zeit verbringen können.
  4. Sobald das Kind kognitiv in der Lage ist zu verstehen, dass Mama und Papa alleine verreisen, es im Vorfeld auf jeden Fall mit dem Kind besprechen, damit es genug Zeit hat, sich darauf einzustellen.
  5. Nicht gleich ans andere Ende der Welt fliegen, dass, falls doch etwas mit dem Kind während der Abwesenheit sein sollte (man weiß ja nie), die Eltern relativ schnell wieder zuhause sein können.

Das Fazit unserer Expertin: Sollten Eltern ohne ihre Kinder verreisen?

Die Frage, ob Eltern ohne ihr Kind alleine in den Urlaub fahren sollten, lässt sich pauschal nicht beantworten. Sonja Sidoroff sagt dazu: „Grundsätzlich würde ich sagen, ja, auch Eltern haben ein Recht auf eine (gemeinsame) Auszeit, und da ist es nicht immer mit einem gemeinsamen Netflixabend getan. Es hängt aber natürlich von weiteren Faktoren ab:

    • Wie alt ist das Kind?
    • Kann das Kind in dieser Zeit bei Personen untergebracht werden, bei denen es sich wohlfühlt?
    • Können sich diese Personen überhaupt vorstellen, das Kind für einige Tage zu betreuen?
    • Welcher Typ ist mein Kind? Hängt es sehr an uns und leidet, wenn wir nicht da sind, oder ist es für unser Kind vollkommen okay, mal ein paar Tage ohne uns zu sein?

Unsere Expertin, die selbst zweifache Mama ist, zieht folgendes Fazit: „Ich würde da wirklich nach meinem Gefühl gehen. Wenn ich denke, dass es mir und meinem Partner guttut und mein Kind damit auch gut klar kommt, dann würde ich es machen. Wenn nicht, würde ich es sein lassen.”

Außerdem rät sie allen Eltern, sich zu trauen, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören:

„Achtet darauf, dass wir es nicht nur deswegen sein lassen, weil uns Menschen von außen (Freundinnen, Verwandte, etc.) suggerieren, dass eine gute Mutter oder gute Eltern ihr Kind nicht alleine lassen. Typische Sprüche à la ‚Ich könnte das nicht, mein Kind so lange alleine zu lassen‘ wirken schnell verunsichernd und lassen uns an unserer Entscheidung zweifeln. Ich würde da also gar nicht so viel rumfragen, wie es andere machen würden, sondern auf mein Gefühl hören.”

Vielen Dank an unsere Expertin Sonja Sidoroff für ihre Einschätzung!

Sonja Sidoroff.

Expertin Sonja Sidoroff

Sonja Sidoroff ist Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin (M.A.) und zertifizierte Inneres Kind Mentorin. Sie hat viele Jahre in einer Familienberatungsstelle gearbeitet und ist seit 2022 selbständig als Mama Coach. Außerdem ist die gebürtige Saarländerin selbst zweifache Mädchen-Mama. Ihr findet Sonja über ihre Webseite (sonja-sidoroff.de) oder ihr Instagram-Profil als der_mama_coach.

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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