Für die meisten Erwachsenen ist es sehr einfach, Gegenstände mit Daumen und Zeigefinger zu greifen. Dabei ist dieser sogenannte Pinzettengriff sehr komplex. Babys brauchen viel Übung, bis sie diese wichtige Bewegung beherrschen. Ab wann und wie es den Pinzettengriff üben kann, warum er so wichtig ist und was du tun kannst, wenn dein Kleinkind diesen (noch) nicht beherrscht.
1. Das Wichtigste auf einen Blick
- Der Pinzettengriff ist ein wichtiger Entwicklungsschritt für die Feinmotorik.
- Er setzt die Basis, um gezielt (mit Daumen und Zeigefinger) greifen zu können.
- Wichtig fürs Essen, aber auch fürs Schreiben, Malen und Spielen.
- Die meisten Babys beginnen (!) mit 9-11 Monaten zu üben.
- Ausnahmen bestätigen die Regel und sind meist kein Grund zur Sorge.
- Dein Arzt wird bei der U6 beobachten, ob alles okay ist, und ggf. Maßnahmen vorschlagen.
- Spielerische Übungen helfen, den Pinzettengriff zu fördern.
2. Definition: Was ist der Pinzettengriff?
Der Pinzettengriff ist eine Bewegung der Hand und Finger. Ärzte und Wissenschaftler verstehen darunter, etwas mit den Spitzen von Daumen und Zeigefinger fassen zu können.
Diese Bewegung ist nicht angeboren, sondern muss erst erlernt und geübt werden. Der Pinzettengriff erfordert viel Feinmotorik und Geschick.
Doch sobald dein Baby ihn beherrscht, kann es auch kleine Gegenstände gezielt greifen – ein elementarer Entwicklungsschritt.
Warum ist er wichtig?
Der Pinzettengriff setzt den Grundstein dafür, dass dein Kind Dinge einzeln halten kann. Diese Fertigkeit braucht es für alle möglichen alltäglichen Schritte, wie zum Beispiel einen Stift oder Löffel zu halten – oder auch zu puzzeln.
3. Ab wann lernen Babys den Pinzettengriff?
Alle Babys entwickeln sich individuell. Genau wie beim Krabbeln, Laufen oder Sprechen lernen manche auch den Pinzettengriff früher, andere später.
Die meisten Babys beherrschen ihn etwa zwischen dem 9. und 11. Lebensmonat. Das ist allerdings keine „Deadline“, sondern lediglich ein Richtwert.
Es ist vollkommen normal und kein Grund zur Besorgnis, wenn dein Baby den Griff an seinem ersten Geburtstag noch nicht beherrscht und auch Wochen später am liebsten mit der ganzen Faust zupackt. Bei manchen dauert die Entwicklung nämlich bis zu 14 Monaten.
Achte mal darauf, ob dein Mäuschen nicht doch manchmal den Pinzettengriff anwendet. Vielleicht hatte es bisher einfach keine große Lust hat, die neue Fertigkeit zu nutzen. Das kommt vor!
Du kannst dich auch an den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt orientieren: Der Arzt wird bei der U6-Untersuchung, also wenn dein Baby ca. 10 bis 12 Monate alt ist, prüfen, ob es den Pinzettengriff bereits beherrscht.
4. Wie kann mein Baby den Pinzettengriff üben?
Dein Baby lernt den Pinzettengriff nicht von heute auf morgen. Es funktioniert über mehrere Stufen und dauert mehrere Wochen und Monate. Im Normalfall übt ein Baby den neuen Griff in folgenden Schritten:
In 5 Stufen zum Griff
- Zu Beginn des Lebens: Das Baby kann nicht aktiv greifen, es hat jedoch einen angeborenen Greifreflex.
- Ca. 4. bis 5. Lebensmonat: Der Reflex bildet sich allmählich zurück. Das Baby fängt nun an, mit der Hand zu greifen und Gegenstände mit beiden Händen zu halten – wenn auch nur kurz!
- Ca. 6. Lebensmonat: Dein Kleines kann nun Gegenstände in einer Hand mit der Faust halten, drehen und von einer Hand in die andere geben.
- Ca. 7. bis 8. Lebensmonat: Der Scherengriff steht an der Tagesordnung: Dein Mäuschen versucht nun, die unteren Teile der Finger zu nutzen, um kleine Objekte zu greifen und zu halten – die Vorstufe zum Pinzettengriff!
- Ca. 9. bis 11. Lebensmonat: Aus dem Scherengriff heraus lernt das Baby den Pinzettengriff. Das heißt, es nutzt die Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger, um auch kleine Dinge mit einer Hand zu fassen und zu drehen.
Pinzettengriff fördern: Die besten Übungen und Spiele
Die meisten Babys erlernen den Pinzettengriff mit der Zeit spielend von allein. Jedoch ist es durchaus sinnvoll, diese Bewegung mit bestimmten Übungen spielerisch zu fördern.
Dabei sollte es allerdings nicht darum gehen, dass dein Baby den Griff schneller lernt. Die Spiele sollten deinen Schatz nur dazu animieren, seine Finger zu bewegen und die Feinmotorik zu trainieren. Also bitte die Übungen nicht übertreiben.
In erster Linie sollten die Spiele das Baby beschäftigen und Spaß machen.
Bei all den folgenden Spielen und Übungen geht es vor allem darum, Dinge in die Hand zu nehmen und die Finger zu bewegen. Deiner Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt.
Tipp 1: Pinzettengriff beim Essen üben
Die einfachste Methode, den Griff zu üben, ist beim Essen. Dazu kannst du deinem Baby weiches Fingerfood geben. Allerdings ist es wichtig, ab wann der Pinzettengriff beim Essen zum Einsatz kommt. Du solltest nämlich erst damit starten, wenn du auch mit der Beikost beginnst. Beobachte genau, ob dein Baby schon Interesse zeigt.
Wenn ja, wird es mit Freude versuchen, weich gedünstetes Gemüse mit den Fingern vom Teller zu greifen und in den Mund zu stecken. Da die Bewegung noch nicht perfekt funktioniert, wird dein Kind außerdem ziemlich lange damit beschäftigt sein – und wahrscheinlich gibt es eine Sauerei. Ich verspreche: Du gewöhnst dich dran!
Achtung bei Essanfängern: An kleinen, harten, runden Lebensmitteln kann sich deine Maus verschlucken. Halbiere also z. B. Erdbeeren oder nutze sehr große Früchte, die es auslutschen kann. Sobald die Beeren klein und rund werden, nimm sie anfangs lieber aus der Hand, bis dein Kleines geübter ist oder die ersten Zähne hat.
Generell gilt, lasse es bei den Mahlzeiten nicht unbeaufsichtigt, damit du schnell reagieren kannst.
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Tipp 2: Mit Spielzeug Motorik fördern
Um die Feinmotorik zu trainieren, gibt es auch spezielles Spielzeug. Sehr bekannt sind zum Beispiel Dosen oder Bälle mit kleinen Öffnungen, aus denen dein Baby einzelne Fäden oder Bänder ziehen muss.
In den USA sind sogenannte Sensory Boards (Affiliate Link) beliebt, mit denen die Kinder verschiedene Bewegungen der Hände und Finger – so auch den Pinzettengriff – üben können.
Kleinkinder lieben es, Gegenstände von einem Gefäß ins andere zu packen, z. B. Bausteine aus Holz. Auch hierbei trainieren sie spielerisch das gezielte Greifen.
Am Ende ist die Natur noch der beste Lernort: Dein Mäuschen wird es lieben, Blätter, Stöckchen, Gräser oder auch Sand mit den Fingern zu erforschen. Als mein Kind zum ersten Mal draußen durch die Gegend gelaufen ist, blieb es alle paar Meter stehen, um Steine und Körnchen aufzuheben und mit zunehmen. Erst jetzt wird mir klar: Es hat den Pinzettengriff geübt – ganz ohne, dass ich irgendwie eingegriffen habe.
Was ich damit sagen will: Die allermeisten Kleinkinder gehen früher oder später von sich aus auf Entdeckungstour, ob draußen oder in der Wohnung. Da heißt es einfach nur: Möglichst machen lassen, aber aufpassen, dass keine verschluckbaren Kleinteile in den Mund geraten.
Tipp 3: Pinzettengriff üben – ab wann beim Malen?
Auch beim Malen trainieren die Kleinen den Pinzettengriff – allerdings erst sehr viel später. Die Entwicklung der so genannten Grafomotorik, also die Fähigkeit einen Stift richtig zu halten, beginnt nämlich erst mit ca. 18 Monaten.
Und dann wird dein Kind erstmal mit der ganzen Hand zupacken und das obere Ende des Stiftes umfassen.
Erst mit 2 Jahren versuchen die meisten Kinder, den „finalen“ Dreipunktgriff anzuwenden.
Welche Stifte?
Natürlich kannst du schon früher versuchen, deinen Schatz an künstlerische Beschäftigungen heranzuführen. Dagegen spricht absolut nichts.
Dafür gibt es extra dicke Stifte oder auch Malbirnen, mit denen es den Knirpsen leichter fällt, den Pinzettengriff zu üben.
Wenn du also die ersten Stifte, vorzugsweise Wachsmaler, besorgst, achte darauf, dass diese sehr breit sind. Bei Ökotest findest du die Testsieger:
- ökoNORM 12 Maltropfen nawaro
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- Honeysticks 12 Beeswax rayons Originals
Auf Pinterest findest du weitere Anregungen, wie du deinem kleinen Künstler die ersten Materialien zum Malen anbieten kannst:
Unterschied zwischen Pinzettengriff und Zahngengriff
Hat dein Baby den Pinzettengriff erlernt, muss es diesen weiter üben und verfeinern. Es ist also vollkommen normal, dass es etwas dauert, bis dein Kind den Griff wirklich beherrscht.
Übrigens gibt es nach dem Pinzettengriff noch eine weitere Steigerung: den Zangengriff. Er beschreibt die Bewegung, bei der der greifende Daumen und der Zeigefinger leicht gekrümmt sind und die Fingerkuppen aufeinandertreffen.
Diesen Griff lernen Babys etwa um den ersten Geburtstag herum, aber auch das ist bloß ein Richtwert.
5. Kleinkind bzw. Baby kann den Pinzettengriff (noch) nicht – was jetzt?
Wie bereits erwähnt, sind die Entwicklungsstufen lediglich ein Richtwert. Es gibt keine Frist, wann dein Baby den Pinzettengriff beherrschen sollte.
Wenn dein Kind also etwas länger braucht, um den Griff oder eine Bewegung zu lernen, ist das nicht gleich ein Grund zur Sorge.
Im Rahmen der U-Untersuchungen (Voruntersuchungen) wird der Kinderarzt die Entwicklung des Kindes beobachten und prüfen. Da der Pinzettengriff ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung deines Kindes ist, kann es in seltenen Fällen auch auf eine Entwicklungsverzögerung oder neurologischen Störung hindeuten, wenn dein Kind ihn erst sehr viel später oder gar nicht erlernt.
Wenn der Kinderarzt dies vermutet, wird er weitere Untersuchungen empfehlen, um der Ursache auf den Grund zu gehen und Maßnahmen vorzuschlagen. Beispielsweise hilft Ergotherapie, das gezielte Greifen zu unterstützen.
Am besten besprichst du das mit deinem Kinderarzt und sagst ihm auch, falls du dir Sorgen machst. Er kann herausfinden, ob es einen Grund dafür gibt oder nicht.
Manche Kinder benötigen aber auch einfach etwas mehr Zeit oder mehr Übung und besondere Motivation, um den Pinzettengriff zu lernen. Du kannst deinen Schatz mit passendem Spielzeug oder speziellen Übungen dabei unterstützen.
6. Was beachten? Neue Möglichkeiten bedeuten auch neue Gefahren
Der Pinzettengriff ist für die Entwicklung sehr wichtig. Für uns Eltern bedeutet er jedoch besondere Vorsicht: Das Baby erkundet seine Umwelt, kann nun besser sehen, sich bewegen und selbst kleine Dinge greifen – und darin lauern neue Gefahren.
Krümel, Fussel, Steinchen, Knöpfe und andere kleine Objekte sind nun besonders interessant, da dein Baby sie in den Händen halten kann – das lädt zum Spielen ein!
Und leider nicht nur zum Spielen: Du weißt bestimmt am besten, wie gern Babys so ziemlich alles in den Mund nehmen. Das bedeutet also höhere Vorsicht, damit dein Kleines nichts in den Mund nimmt, was es nicht sollte – und sich auch nicht verschluckt.
Es lohnt sich also, die Wohnung nach Kleinteilen abzusuchen, bevor das Baby sie findet.
Vorsicht vor dem Verschlucken gilt natürlich nicht nur für Spielzeug oder herumliegende Kleinteile, sondern auch für Essen.
Kleingeschnittenes Fingerfood, Beeren, Rosinen, Trauben, Nüsse (gefährlich!) etc. laden nun zum Zupacken und Essen ein. Du solltest dein Baby also jetzt noch etwas genauer beobachten, damit nichts passiert.
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