Gefährlicher Trend: Immer mehr Mütter gebären alleine

Alleingeburten werden auf Social Media gerade als besonders selbstbestimmt gefeiert. Ärzt:innen und Hebammen warnen jedoch eindringlich vor den Risiken. Eine Expertin erklärt, warum der Trend so gefährlich ist.

Auf Instagram und TikTok taucht er immer häufiger auf: der Trend zur sogenannten Alleingeburt. Videos zeigen Frauen, die ihr Baby ganz allein zur Welt bringen – ruhig, kraftvoll, scheinbar problemlos. Für viele wirkt das wie maximale Selbstbestimmung. Die möglichen Risiken bleiben dabei meist im Hintergrund.

Alleingeburten: Aus medizinischer Sicht keine sichere Option

Wir haben mit Melanie Drewes gesprochen, Ärztin in Weiterbildung für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Kreißsaal-Erfahrung. Sie setzt sich für selbstbestimmte, gewaltfreie Geburten ein – sagt aber klar: Eine Alleingeburt ist aus medizinischer Sicht keine sichere Option.

Von einer Alleingeburt spricht man, wenn Frauen ohne Hebamme und ohne ärztliche Begleitung gebären, etwa allein zu Hause oder an abgelegenen Orten. In Deutschland kommen fast alle Kinder im Krankenhaus zur Welt, nur rund zwei Prozent werden bei betreuten Haus- oder Geburtshausgeburten geboren. Wie viele Frauen sich bewusst für eine Alleingeburt entscheiden, ist statistisch nicht erfasst.

„Eine Geburt kann jederzeit zum Notfall werden“

Auffällig ist jedoch, wie stark Alleingeburten auf Social Media idealisiert werden. Kritische Aspekte oder mögliche Komplikationen spielen in diesen Darstellungen kaum eine Rolle – genau das macht den Trend aus Expertensicht so problematisch.

Melanie Drewes sieht den Social-Media-Trend mit großer Sorge. Sie erklärt sehr offen, warum sie werdenden Müttern dringend von einer Alleingeburt abrät. „Eine Geburt ist per se kein Notfall, das stimmt“, sagt sie. „Aber sie kann jederzeit zu einem Notfall werden.“

Wissen und Erfahrungen können Leben retten

Aus ärztlicher Sicht gibt es mehrere Gründe dafür: starke Blutungen, Probleme mit der Nabelschnur oder eine sogenannte Schulterdystokie – also wenn die Schultern des Babys nach dem Köpfchen stecken bleiben – können plötzlich auftreten. „Dafür gibt es Fachpersonal“, betont Drewes.

„Mindestens eine Hebamme sollte bei deiner Geburt anwesend sein. Glaub mir, du wirst diese Notfälle nicht alleine zu Hause händeln.“ Nicht, weil der Körper der Frau versagt, sondern weil Erfahrung, Wissen und schnelles Handeln in kritischen Situationen lebensrettend sein können.

Verletzungen und Todesfälle bei Alleingeburten

In vielen Freebirthing-Communities entsteht der Eindruck, eine Geburt sei mit ein paar Alltagsgegenständen problemlos zu bewältigen. Durch Körpergefühl und Intuition könne man angeblich genau spüren, was zu tun ist. Medizinisches Wissen wird dabei oft als überflüssig oder sogar hinderlich dargestellt.

Doch genau hier liegt das Problem. Laut Deutschlandfunk Kultur kommt es bei Alleingeburten immer wieder zu schweren gesundheitlichen Schäden oder sogar Todesfällen. Ein bekannt gewordener Fall ist der der australischen Influencerin Stacey Hatfield, die sich 2025 für eine Alleingeburt entschied, danach massive Blutungen erlitt und starb.

Wenn etwa innere Verletzungen nicht erkannt und behandelt werden oder sich die Plazenta nicht löst, kann das lebensbedrohlich werden. Auch Komplikationen mit der Nabelschnur können jederzeit auftreten und für das Baby fatal enden.

Selbstbestimmung? Ja! Aber eine Geburt ohne Fachpersonal? Nein!

Warum entscheiden sich Frauen trotzdem für diesen Weg? Drewes zeigt dafür viel Verständnis: „Jede Frau wünscht sich eine selbstbestimmte Geburt auf Augenhöhe, ohne Druck, ohne unnötige Eingriffe.“ Sie ergänzt aber direkt: „Leider ist unser System aktuell daran schuld, dass das in vielen Fällen nicht gewährleistet werden kann.“

Personalmangel, Stress im Kreißsaal und negative Geburtserfahrungen sind reale Probleme – genau diese Missstände treiben manche Frauen in die Arme von Bewegungen, die medizinische Begleitung grundsätzlich ablehnen.

„Selbstbestimmung und Sicherheit schließen sich nicht aus.”

Doch Drewes macht klar: „Selbstbestimmung und Sicherheit schließen sich nicht aus. Such dir die passende Geburtsbegleitung und einen Geburtsort, an dem du dich gesehen, gehört und ernst genommen fühlst.“ Eine sichere Geburt könne sehr wohl selbstbestimmt sein – aber nicht allein.

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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