Traumatischer Notkaiserschnitt: Meine Alptraum Geburt

Ein Kaiserschnitt oder ein Notkaiserschnitt ist eine wichtige Errungenschaft der Medizin und durch ihn werden jeden Tag auf der ganzen Welt viele Leben gerettet. Allerdings kann ein Kaiserschnitt bei Frauen auch ein großes Trauma auslösen. Zum Beispiel, wenn sich eine Frau eine natürliche Geburt gewünscht hat und der Kaiserschnitt nach stundenlangen Wehen als Notlösung erfolgen muss.

Die Entscheidung für einen so genannten Notkaiserschnitt ist der Alptraum in jedem Kreißsaal. Eine Mutter hat uns von ihrem traumatischen Notkaiserschnitt berichtet:

1. Notkaiserschnitt: Ab wann spricht man davon?

Ein Notkaiserschnitt, auch sekundäre Sectio, ist immer ein Kaiserschnitt, der nicht vor der Geburt geplant wurde. Er wird immer dann angewendet, wenn das Leben der Mutter oder des Kindes in unmittelbarer Gefahr ist. Eine Gefahr kann dann entstehen, wenn beispielsweise diese schlimmen Dinge während der Geburt passieren:

  • Der Geburtsverlauf über einen langen Zeitraum stagniert
  • Die Herztöne des Kindes schwächer werden
  • Die Mutter schwächer wird
  • Die Plazenta sich löst
  • Das Kind falsch liegt

In diesen Fällen muss die normale, vaginale Geburt abgebrochen werden und es folgt ein Notkaiserschnitt. In manchen Fällen sogar unter Vollnarkose.

2. Erfahrungsbericht: So kam es zum traumatischen Notkaiserschnitt:

„Als ich im März 2018 schwanger wurde, wusste ich, dass ich mein Kind per Wunschkaiserschnitt zur Welt bringen möchte. Ich beriet mich mit meiner Hebamme und Gynäkologin. Beide waren strikt dagegen und sagten mir immer und immer wieder, dass ich es doch erstmal spontan probieren soll. Ich nahm ihre Meinungen erst einmal so hin. Genau genommen, bis zu meinem Geburtsvorbereitungskurs. Dort erklärte uns eine Beleghebamme, wie eine Geburt wirklich abläuft. Eröffnungsphase, Übergangsphase und zum Schluss die Austreibungsphase. Alle werdenden Mütter nickten und hörten zustimmend zu. Nur ich traute mich zu fragen, ob es passieren kann, dass aus einer spontanen Geburt auch ein Kaiserschnitt werden kann. Sie beantwortete die Frage mit „Ja, aber das kommt nicht oft vor.“

Mich beruhigte das und ich entschied mich auch für eine natürliche Geburt.

Einige Wochen später platzte meine Fruchtblase nachts und ich fuhr am nächsten Morgen sofort ins Krankenhaus. Ich hatte zwar keine Wehen, aber ich fühlte mich im Krankenhaus einfach wohler und sicherer. Auf der Station angekommen, wurde mir ein wehenförderndes Mittel gegeben und es wurde ein CTG gemacht. Alles war in Ordnung.

Ich durfte dann in einem normalen Zimmer warten und wurde nach ein paar Stunden erneut an ein CTG-Gerät angeschlossen. Endlich hatten auch leichte Wehen eingesetzt. Allerdings fiel beim CTG auf, dass die Herztöne vom Baby immer wieder absackten. Aber nach einem Kontroll-Ultraschall gab es die Entwarnung. Dem Baby ging es gut.

Zur Sicherheit sollte ich dennoch lieber im Kreißsaal bleiben und mir wurde ein weiteres Wehenmittel gegeben. Beim nächsten CTG freute sich meine Hebamme, dass die Geburt offiziell anfing. Nicht nur, dass ich immer stärkere Wehen hatte, nein, auch mein Muttermund hatte sich von 2 cm auf 4 cm geöffnet. Ich rief sofort meinen Mann an, der schnell in den Kreißsaal eilte. Als ich ihn sah, begrüßte ich ihn überglücklich, schon fast euphorisch. „Du gehst hier nicht mehr ohne deinen Sohn raus“, sagte ich zu ihm.

Meine Euphorie sollte allerdings nicht lange anhalten. Denn nach weiteren Stunden war mein Muttermund nicht weiter als 5 cm geöffnet. Langsam begann ich mich zu fragen, ob sich meine Anstrengung überhaupt lohnen würde?

Nichtsdestotrotz gab ich mir alle Mühe, mich dennoch zu entspannen und stand auf und lief herum. Drehte mich von links nach rechts und wieder zurück. Alles unter mittlerweile unglaublichen Schmerzen.

Am Abend kam dann der Vorschlag, eine PDA zu machen. Für mich war das okay, obwohl ich panische Angst hatte. Als der Narkosearzt kam, musste ich auch leider Recht behalten. Er war furchtbar mies drauf, unfreundlich und schaute ganze 2 Sekunden auf meinen Rücken und sagte dann, dass eine PDA nicht mehr geht. Ohne ein weiteres Wort.

So saß ich da, hyperventilierend und völlig am Ende. Nach einiger Zeit kam dann die Assistenzärztin und legte mir einen Kaiserschnitt nahe. Der Kaiserschnitt müsse aber unter Vollnarkose erfolgen. Ich brach in Tränen aus und unterschrieb die Papiere völlig aufgelöst. Plötzlich wurden alle Anwesenden um mich herum ganz hektisch. Dann wurde schnell in den OP-Raum gebracht und war ganz alleine, ohne meinen Mann. Ich fühlte mich in dieser Situation extrem ausgeliefert.

Um mich herum war ein wildes Treiben. Ärzte, Schwestern und meine Hebamme, die alles vorbereiteten. Ich habe furchtbar geweint und geschrien. Ich wollte das nicht. Nicht so. Ich wollte mein Kind so nicht bekommen. Und dann gingen für mich im wahrsten Sinne des Wortes „die Lichter aus“.

Ich kam etwas später wieder zu mir. Erst spürte ich nichts. Und dann große Schmerzen. Ich fragte nach meinem Kind. Es war nicht bei mir. Und der Bauch war leer. Irgendwann kam mein Mann mit einem Bündel auf mich zu. Er hatte unseren Sohn auf dem Arm. Er bewegte sich ganz sachte. Und ich dachte nur: ,Gott sei Dank, er lebt!`. Das ist wirklich das Einzige, woran ich mich noch erinnere. Auch an die folgenden Stunden habe ich keine Erinnerung mehr. Ich sackte wieder weg und sah meinen Sohn erst gute 9 Stunden später wieder.“

3. Trauma Bewältigung nach Notkaiserschnitt: Was mir half

„In den ersten Monaten realisierte ich nicht, wie schlimm es mir eigentlich ging. Ich schob alles auf den Babyblues. Als es nach einem Jahr nicht besser wurde, wurde ich stutzig. Habe ich ein Geburtstrauma? Ja, so muss es leider sein. Ich hatte einen traumatischen Notkaiserschnitt unter Vollnarkose und ich bin eine von sehr vielen Frauen, die das nicht so einfach verarbeiten können.

Und ich habe in den letzten Monaten allerdings Vieles getan, um mein Trauma zu bewältigen. Ich forderte meine Dokumente aus dem Krankenhaus an. Besuchte eine Psychotherapeutin und nahm Kontakt zu meiner Gynäkologin auf. Nicht alles half mir. Meine Frauenärztin verstand mich beispielsweise am wenigsten. Sie sagte zu mir, dass ich doch froh sein kann, dass mein Kind lebt. Ich müsse mit dem Geschehenen endlich abschließen.

Selbst im in meinem Bekannten- und Familienkreis wurde das Thema oft wegignoriert. Noch heute fühle ich mich alleine und gekränkt, wenn ich daran denke.

Aber ich weiß, ich bin nicht alleine. Es gibt so viele Frauen auf der Welt, denen das gleiche passiert ist. Mir hat am meisten geholfen, dass ich mir genau das bewusst gemacht habe. Ich bin nicht die einzige Betroffene. Ich habe Erfahrungsberichte über Notkaiserschnitte von anderen Frauen gelesen und ich habe mich mit anderen Müttern im Internet ausgetauscht. Mittlerweile kann ich ganz offen über mein Geburtstrauma reden – ich will mit meinem Erlebten anderen helfen!“

Die Kaiserschnittnarbe erinnert an die traumatische Geburt

Die Kaiserschnittnarbe erinnert deutlich an die traumatische Geburt. Foto: Bigstock

4. Das raten Experten, um einen traumatischen Notkaiserschnitt zu verarbeiten:

Wie bereits im Erfahrungsbericht deutlich wurde, es gibt nicht den einen ultimativen Ratschlag, um ein Geburtstrauma um einen Notkaiserschnitt zu verarbeiten. Weil jede Frau unterschiedlich ist, kann jeder Frau auch etwas anderes helfen. Experten raten aber grundsätzlich dazu, bei einem Geburtstrauma selbst aktiv zu werden. Frauen sollten den Mut aufbringen, sich mit der traumatischen Geburt auseinander zu setzen, um sich mit der Vergangenheit auszusöhnen. Frauen können aktiv werden, indem sie Folgendes tun:

1. Geburtsbericht anfordern

Nicht selten kommt es vor, dass Frauen an einen traumatischen Notkaiserschnitt wenig bis gar keine Erinnerungen haben. Sie mussten ihr Kind vielleicht unter Vollnarkose zur Welt bringen, oder waren teilweise zu schwach, um alles mitzubekommen, was um sie herum passierte. Deswegen kann es helfen, den Geburtsbericht aus dem Krankenhaus anzufordern und zu lesen. Krankenhäuser sind dazu verpflichtet, den Geburtsbericht zu herauszugeben. Es kann sehr hilfreich sein, die Geburt „schwarz auf weiß“ und mit allen Informationen zurückzuverfolgen. Ebenso kann man mit dem Bericht einfacher ein klärendes Gespräch mit dem Klinikpersonal führen.

2. Einen Psychologen aufsuchen

Ein Geburtstrauma ist nichts, wofür man sich schämen muss. Und nichts, was man mit sich alleine ausmachen muss. Ganz im Gegenteil – Experten raten ganz klar dazu, ein Trauma mit professioneller Hilfe zu verarbeiten. Ein ausgebildeter Psychologe oder (Trauma-) Therapeut kann dabei helfen, die Erlebnisse und Gefühle einzuordnen und zu verstehen.

3. Beratungsstellen im Internet kontaktieren

Wenn man nicht direkt mit einem Psychologen oder Therapeuten zusammenarbeiten möchte, kann man sich auch an verschiedene Beratungsstellen wenden, die man ganz leicht über das Internet findet. Es gibt mittlerweile viele Vereine und Organisationen, die sich sogar auf die Verarbeitung von (Not-) Kaiserschnitte spezialisiert haben. Betroffene können sich beispielsweise an diese Adressen wenden:

https://www.schatten-und-licht.de/index.php/de/

http://www.bauchgeburt.de/

https://www.emotionelle-erste-hilfe.org/

https://www.elternsein.info/

http://www.geburtsverarbeitung.de/

4. Mit anderen Betroffenen austauschen

Vielen Frauen tut es ausgesprochen gut, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und zu vernetzen. Das kann offline in Selbsthilfegruppen passieren, oder auch im Internet in Foren oder Facebook-Gruppen. Die Gespräche mit anderen Frauen helfen dabei, sich nicht alleine zu fühlen. Und gerade, wenn das die eigene Familie oder Freunde wenig Verständnis aufbringen, sind einfühlsame Gespräche mit anderen Frauen, umso wichtiger.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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K.H.
K.H.
7 Monate zuvor

Ich hatte vor knapp einem Jahr einen Notkaiserschnitt mit Vollnarkose aufgrund eines Hellp-Syndrom. Von der Einlieferung bis zur Geburt sind ca. 2 Stunden vergangen. Ich konnte meinen kleinen Mann erst viele Stunden später auf der Intensivstation besuchen. Dort lag er 2 Wochen, weil er 6 Wochen zu früh geboren wurde. Es ist jetzt 1 Jahr her, aber ich muss immer noch oft darüber nachdenken und habe auch das Gefühl, das ganze nicht richtig verarbeitet zu haben. Auch das Gefühl den kleinen erst Stunden später auf der Intensivstation kennenzulernen. Da liegt ein Baby und plötzlich soll es deins sein. Ich bin froh es mal nieder zu schreiben, irgendwie hat man doch das Gefühl, warum beschwere ich mich. Er ist hier, wir sind beide gesund… aber irgendwie sind da immer mal wieder die Gedanken daran.

Anni
Anni
11 Monate zuvor

Deinen Bericht zu lesen und zu wissen, dass man nicht alleine ist, hilft einem. Während ich diese Nachricht schreibe, kommen mir die Tränen. Ich hatte zwei Mal einen Notkaiserschnitt und ein Jahr nach dem zweiten Kind komme ich immer noch nicht damit klar. Immer und immer wieder gehe ich in meinem Kopf durch was ich hätte anders machen können, damit es nicht zum Kaiserschnitt kommt.

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