Nabelschnurvorfall nicht erkannt: „Mein Baby starb während der Geburt“

Die Geburt sollte einer der schönsten Tage im Leben einer Mama sein, wenn nicht sogar der schönste Tag. Der Tag, auf den man neun Monate lang hin gefiebert hat, den man sich so oft ausgemalt hat. Endlich hält man sein Baby zum ersten Mal im Arm und ist der glücklichste Mensch der Welt. Leider gibt es sehr selten den Fall, dass bei der Geburt etwas schiefgeht. Und das Baby im schlimmsten Fall tot auf die Welt kommt. So wie bei Jennifer aus unserer Community, die kurz vor der Geburt einen Nabelschnurvorfall erlitt, der erst nicht erkannt wurde. Ihre bewegende Geschichte erzählt sie hier:

Nach 4 Fehlgeburten hatten wir mit dem Kinderwunsch abgeschlossen

„Mein Freund und ich sind im Mai 2010 zusammengekommen. Schon kurze Zeit später hatten wir beide den Wunsch nach einem Kind. Nachdem ich aber insgesamt vier Fehlgeburten erlitten habe, schlossen wir beide irgendwann mit dem Thema ab. Wir kauften uns ein Haus und steckten all unsere Kraft, Energie, Liebe und Geduld in den Totalumbau.

Im Februar 2016 fingen wir an, zu verhüten. Im September blieben plötzlich meine Tage aus. Ich war geschockt. Viel zu groß war die Angst vor noch einer Fehlgeburt, denn mein Kinderwunsch war doch noch größer als gedacht. Der Schwangerschaftstest war positiv, und mein Frauenarzt bestätigte mir, dass ich schwanger war.

Ich war in der 6. Woche schwanger

Unser Baby entwickelte sich bestens, das Herzchen schlug bei jeder Kontrolle. Am 8. Mai 2017 sollte unser kleines Mädchen zur Welt kommen. Wir waren alle so unglaublich glücklich. Die Schwangerschaft war leider gar nicht toll, ich kämpfte bis zum Schluss mit Übelkeit und extrem viel Wasser, konnte mich irgendwann kaum noch bewegen. Aber der ET kam immer näher, und ich habe es geliebt.

Jennifer verlor ihr Baby durch einen Nabelschnurvorfall

Nach 4 Fehlgeburten hatten Jennifer und ihr Mann den Kinderwunsch eigentlich abgehakt. Foto: privat

Ab dem ET fuhr ich täglich zur Kontrolle ins Krankenhaus

Unsere Kleine wollte aber nicht raus aus Mamas Bauch. Also fuhr ich ab dem ET täglich zur Kontrolle ins Krankenhaus. Am 18. Mai wurde mir gesagt: Morgen leiten wir ein, kommen Sie um 6.40 Uhr mit gepackter Tasche“. Allerdings hatte ich da schon sehr starke Wehen. Ich konnte nicht mehr schlafen, wurde aber mit den Worten nach Hause geschickt, das wäre noch längst nicht alles.

Die Hebamme hat mir meine Wehen nicht geglaubt

Die Nacht war der absolute Horror. Die Wehen wurden zwar nicht stärker, kamen aber immer öfter. Ich rief im Krankenhaus an, um zu sagen, dass ich unmöglich kommen kann. Ich hätte es nicht einmal mehr vor die Tür geschafft, hatte ständig das Gefühl, dass ich groß muss und saß seit 4 Uhr morgens auf der Toilette. Das alles sagte ich am Telefon und bekam von der Hebamme als Antwort: „Aber Frau Wällisch, Sie können doch noch telefonieren. Das ginge nicht mehr, hätten sie richtige Wehen!

Die Wehen waren angeblich noch nicht im Geburtsbereich

Da ich allein zuhause war, blieb ich also auf der Toilette sitzen und wartete. Mein Freund rief sehr oft an und fragte, ob er kommen solle. Um 18 Uhr bat ich ihn dann zu kommen, auch weil mir unser Hund langsam so leid tat. Mein Freund war schnell da und brachte mir Essen und Trinken zur Toilette. Ich konnte wirklich keinen Schritt mehr gehen.

Er rief noch einmal in der Klinik an, aber die Hebamme sagte ihm, meine Wehen wären am Tag vorher laut CTG noch nicht einmal annähernd im Geburtsbereich gewesen. Wir könnten gern kommen, ich solle aber lieber noch warten und Energie tanken, weil sie mich mit diesen Werten wieder nach Hause schicken würden. Hallo? Ich meine, eigentlich wollten sie die Geburt doch einleiten!

Ich merkte, dass etwas raushing

Wir warteten also, mein Freund ging gegen 23:30 Uhr ins Bett und polsterte es für mich mit mehreren Kissen und Stillkissen aus, damit ich im Sitzen schlafen konnte. Aber kaum war ich im Bett, musste ich sofort wieder zur Toilette – und blieb dort sitzen.

Um halb sechs platze meine Fruchtblase. Ich wollte alles schnell wegwischen und merkte auf einmal, dass etwas raushing. Zuerst dachte ich, es wäre eine Hand von Marie, war es aber nicht – sondern die Nabelschnur! Von einem Nabelschnurvorfall* hatte ich noch nie gehört und habe ihn deshalb auch nicht erkannt. Ich war aber geschockt und ging sofort vom Schlimmsten aus. Marie war zu diesem Zeitpunkt so heftig aktiv wie noch nie zuvor.

Maries Grab: Das Baby starb an einem Nabelschnurvorfall

Maries Grab ist mit Blumen und Kerzen geschmückt. Foto: privat

Nabelschnurvorfall nicht erkannt: Sanitäter und Arzt hatten so etwas noch nie gesehen

Ich schrie meinem Freund zu: „Schatz, ruf die Rettung. Ich hatte gerade den Blasensprung, ich habe heftige Wehen, die Kleine ist sooo aktiv. Ich glaube, sie stirbt!“ Er rief die Rettung, und nach nicht einmal drei Minuten waren Sanitäter und Arzt auch schon da. Sie hatten so etwas auch alle noch nicht gesehen. Ich kam sofort mit Blaulicht und Sirene ins Krankenhaus. Sie riefen im Krankenhaus an und ließen die OP für einen Not-Kaiserschnitt vorbereiten.

Maries Herz hatte schon aufgehört zu schlagen

Als wir ankamen, ging alles sehr schnell. Die Tür zum OP wurde aufgehalten, und ich bekam einen Zugang für die Narkose, während zwei Hebammen gleichzeitig einen Ultraschall machten. Aber es war zu spät – Marie hatte schon keinen Herzschlag mehr.

Ich musste aus dem OP raus und rein in den Kreißsaal, wo die Geburt eingeleitet wurde. Denn durch den Schock blieben die Wehen weg, das Baby musste aber raus. Um 10:24 Uhr kam meine Marie dann tot zur Welt. Sie wog 3.450 Gramm und war 53 cm groß. Am Mittwoch, den 31. Mai war ihre Beerdigung, es war der schlimmste Weg meines Lebens.

Liebe Mamas, bitte fahrt lieber einmal zu oft ins Krankenhaus

Ich wünsche allen Mamas hier, dass eure Babys gesund und munter zur Welt kommen. Wenn ihr euch unsicher seid, fahrt lieber einmal zu oft ins Krankenhaus. Einen Nabelschnurvorfall, wie ich ihn hatte, und der bei mir erst nicht erkannt wurde, hätte man zwar nicht verhindern können – aber wenn ich rechtzeitig gefahren wäre, hätte man Marie retten können. Diese verdammt schwere Last werde ich wohl ewig auf meinen Schultern tragen.

Nach 4 Fehlgeburten und dem furchtbaren Nabelschnurvorfall kam Jennifers Regenbogenbaby gesund zur Welt.
Foto: privat

Wir haben es trotz allem noch einmal versucht. Und nach fünf Sternenkindern kam am 25. August 2018 unser Regenbogenbaby in der 41. Schwangerschaftswoche gesund zur Welt.“

Liebe Jennifer, vielen Dank, dass Du Deine bewegende Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen Dir und Deiner kleinen Familie alles erdenklich Gute!

*Bei einem Nabelschnurvorfall rutscht nach dem Blasensprung die Nabelschnur vor den Kopf (oder den Körperteil, der gerade unten liegt) des Kindes und kann dadurch abgeklemmt werden. Das kann dazu führen, dass das Baby nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird und im schlimmsten Fall stirbt, wenn nicht schnell genug gehandelt werden kann. Zum Glück ist ein Nabelschnurvorfall sehr selten: Er kommt nur bei etwa 0,3 % aller Geburten vor.

Wiebke Tegtmeyer
Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur an der Uni Hamburg, einem Volontariat zur Online-Redakteurin und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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