„Ich liebe es, Mama zu sein, aber es gibt auch noch mich.”

„Alles begann mit zwei Strichen: der positive Schwangerschaftstest. Ab diesem Moment gehört der Körper nicht mehr mir allein. Am selben Tag hatte ich noch einen Termin bei meiner Gynäkologin, die mich sofort zur Blutabnahme schickte, um den HCG-Wert zu bestimmen. Im Labor angekommen, meldete ich mich an und ein älterer Herr verfolgte das Gespräch zwischen mir und der Ordinationsgehilfin und gratulierte mir anschließend ungefragt zur Schwangerschaft.

Ich konnte die Worte gar nicht verarbeiten.

Ich habe ja noch nicht einmal realisiert, dass ich schwanger bin, also wie sollte ich mich über den Glückwunsch freuen? Zunächst wurden ein paar Ampullen Blut abgenommen. Alles in bester Ordnung. Die nächsten Monate waren geprägt von Übelkeit, Müdigkeit und Arztterminen.

Ab der 20. Woche kam auch noch der Schlafmangel dazu. Mein Mini-Me akzeptierte es nicht mehr, dass ich mich auf die rechte Seite legte, Rücken- und Bauchlage waren sowieso ausgeschlossen. Somit blieb nur noch die linke Seite. Mit der Zeit schmerzte mein Körper, auch die Gewichtszunahme ging nicht spurlos an mir vorbei. Im letzten Monat war ich dann schon bei fast 20kg mehr als vor der Schwangerschaft, dazu kamen in den letzten Wochen auch Wassereinlagerungen.

Mitte Juni war es dann endlich so weit, mein Mini-Me machte sich auf den Weg.

Los ging es in der Nacht, alles verlief nach Plan. Die Hebamme meinte noch, hui, das wird eine schnelle Geburt. Nach sechs Stunden hatte ich fast keine Wehen mehr. Eigentlich hatte ich eine hebammengeleitete Geburt, das heißt, mein Mann, meine Hebamme und ich waren im Kreißzimmer. Nur wenn es nicht nach Plan läuft, wird eine Ärztin dazu geholt. So war es dann auch.

Eine Kinderärztin, eine Gynäkologin und eine weitere Hebamme kamen dazu. Es wurde immer anstrengender, bis nach 10 Stunden die Saugglocke eingesetzt wurde. Mini-Me hat nach 11 schmerzhaften Stunden das Licht der Welt erblickt. Als er meinen Körper verließ, hat er nicht geschrien. Die Ärzte haben die Nabelschnur getrennt und ihn sofort weggebracht, er musste beatmet werden, weil seine Eigenatmung nicht ausreichend war.

Nach 15 Minuten wurde er mir dann schließlich auf den Bauch gelegt.

Was für eine Reise. Wir genossen die ersten gemeinsamen Stunden. Mein Mann und ich waren und sind überglücklich. Ich blieb mit unserem Nachwuchs eine Nacht im Krankenhaus zur Überwachung. Am nächsten Tag durften wir nach Hause. Unsere Hebamme kam jeden zweiten Tag, um uns zu unterstützen und um uns zu betreuen. Alles ging wahnsinnig schnell. Plötzlich waren wir im Wochenbett. Auch das Stillen hat sofort funktioniert.

Die Tage vergingen, eine Woche nach der Geburt gingen die Besuche los. Mini-Me war nun wirklich angekommen. Drei Monate nach der Geburt merkte ich, wie mein Körper noch immer schmerzte und ich mental immer schwächer wurde, aber auch nicht die Stärke hatte, um Hilfe anzunehmen oder gar danach zu fragen. Entstanden sind Angstzustände und ein Gedankenkarussell, aus dem ich nicht mehr aussteigen konnte.

Der Höhepunkt war um das 4. Lebensmonat meines Kindes.

Ich fühlte mich nicht wohl und fit, also ging ich zur Blutabnahme, um Vitamine und Hormone zu checken. Das Ergebnis waren keine nennenswerten, aber doch leicht erhöhte Leberwerte. Die Folge waren leichte Panikattacken und die Angst, ernsthaft krank zu sein. Was war nur los mit mir? Ich denke, ich habe mich vor allem in den letzten vier Monaten vergessen. Zu wenig auf mich geachtet.

Ich wurde Mama und liebe es, Mama zu sein. Aber es gibt auch noch mich. Und jetzt muss ich erst wieder lernen, die Gedanken auf das Positive zu lenken. Was ich für mich tun kann, damit es mir besser geht. Mama werden heißt auch, eine neue Identität finden zu müssen. Mama zu sein heißt auch, sich neu organisieren, sich auf einen neuen Erdenbürger einlassen können und gleichzeitig den eigenen Bedürfnissen gerecht werden zu können und dürfen.

Mama zu sein ist eine Lebensaufgabe, viel zu wenig geschätzt und von zu vielen unterschätzt.

Aber ohne uns Mamas würde die Welt ganz schön traurig aussehen. Wir leisten jeden Tag unglaublich viel, gehen jeden Tag weit über unsere Grenzen, stellen uns an die letzte Stelle. Ja, da darf Mama jammern und auch weinen und ja, es ist normal, dass der Körper schmerzt. Wir müssen lernen, uns an die erste Stelle zu stellen, damit wir nicht nur für unsere Familie da sein können, sondern vor allem auch für uns selbst.”


Liebe Jasmin, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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