Ende 2018 beginnt Annikas Kinderwunschreise, die von der Diagnose Endometriose und schmerzhaften Verlusten geprägt ist. Nach mehreren Rückschlägen findet sie im Weg der Adoption eine neue Hoffnung auf Familie. Die Entscheidung für die Adoption ist ein Schritt, der ihren Wunsch nach Elternschaft auf eine neue Weise ermöglicht.
Triggerwarnung: Dieser Text thematisiert den Verlust von Kindern während der Schwangerschaft, es geht also um Sternenkinder. Lies die Geschichte also nur, wenn du dich emotional dazu in der Lage fühlst.
Unsere Kinderwunschreise begann Ende 2018 – direkt nach den Flitterwochen beschlossen wir, die Pille abzusetzen. Statt Vorfreude auf eine mögliche Schwangerschaft bekam ich jedoch immer stärkere Schmerzen. Nach einem langen Ärztemarathon bekam ich schließlich die Diagnose: Endometriose.
Die Endometriose hatte es sich in meinem Körper ziemlich gemütlich gemacht.
So sehr, dass ich kurz vor einem Darmverschluss stand. Ich wurde neun Stunden lang operiert, verlor rund 40 Zentimeter meines Darms und bekam vorübergehend sogar einen künstlichen Darmausgang. Zum Glück verlief die OP gut, und ich bin bis heute – auch ohne Hormone – weitestgehend beschwerdefrei.
Wegen der Schwere der Endometriose rieten mir die Ärzte, direkt eine Kinderwunschklinik aufzusuchen. Aber ich konnte nach der OP keine weiteren Arztbesuche mehr ertragen. Wir versuchten es also einige Monate auf natürlichem Weg – immer mit der Angst im Nacken, dass die Endometriose ohne Hormone zurückkehren könnte. Anfang 2020 begannen wir deshalb doch mit der Kinderwunschbehandlung.
Unsere erste IVF war direkt erfolgreich – ich war schwanger mit Zwillingen.

Gleich zwei Babys wuchsen in Annikas Bauch heran. Foto: Privat
Doch in der 16. Schwangerschaftswoche bekam ich plötzlich Blutungen und ein Druckgefühl. Im Krankenhaus stellte man fest: Der Muttermund war bereits geöffnet, eine Fruchtblase prolabiert. Ich musste liegen. Eine Woche später platzte eine der Fruchtblasen – und die Geburt ließ sich nicht mehr aufhalten.
Am 5. Juni 2020, in der 17. SSW, kamen unsere Söhne still zur Welt. 18 cm und 63 g. 17 cm und 111 g. Ich kann den Schmerz, den ich da fühlte, kaum in Worte fassen. Nach der Geburt musste ich noch ausgeschabt werden. Am nächsten Tag habe ich mich selbst aus dem Krankenhaus entlassen – ich hielt es dort einfach nicht aus.
Laut Obduktionsbericht war eine Infektion der Auslöser.
Doch ich zweifle das bis heute an. Die entscheidende Urinprobe wurde aus einer verunreinigten Bettpfanne entnommen, und vorher war keine Infektion nachgewiesen worden. Für mich bleibt vieles ungeklärt.
Trotz allem war für uns sofort klar: Wir wollten es noch einmal versuchen. Am 1. September 2020, unserem Hochzeitstag, starteten wir die nächste IVF. Der Schwangerschaftstest war wieder positiv – ich war erneut schwanger. Diesmal mit einem Kind.

Annika war zweimal schwanger. Foto: Privat
Aus Angst vor einer erneuten Infektion bekam ich Milchsäurezäpfchen, später eine Cerclage sowie einen frühen totalen Muttermundverschluss unter Spinalanästhesie. Aber ich konnte mich auf diese Schwangerschaft kaum einlassen. Als es nach der OP erneut zu Blutungen kam, war ich sicher: Ich werde mein Kind wieder verlieren.
In der 20. Woche bekam ich Wehen.
Im Krankenhaus zeigte sich dasselbe Bild wie beim ersten Mal: Muttermund offen, Fruchtblase prolabiert. Die Cerclage war gerissen. Die Fruchtblase platzte. Unser kleiner Sohn hatte die Nacht nicht überlebt. Ich brachte ihn am 14. Januar 2021 still zur Welt. 302 g, 28 cm.
Auch diesmal folgte eine Ausschabung – doch wegen einer Placenta accreta verlor ich fast zwei Liter Blut. Für mich war klar: Ich kann und will keine Schwangerschaft mehr riskieren.

Insgesamt musste Annika drei Baby gehenlassen. Foto: Privat
Mein Mann war derselben Meinung. Die Angst um meine Gesundheit war zu groß geworden. Und so begannen wir, uns mit dem Gedanken an eine Adoption auseinanderzusetzen. Ein erster Anruf beim Jugendamt, ein Infogespräch – doch dann kam Corona und legte alles auf Eis.
Im September 2021 konnten wir endlich das nötige Adoptionsseminar absolvieren. Danach ging es endlich los. Insgesamt führten wir sechs Gespräche mit dem Jugendamt, füllten einen zehnseitigen Fragebogen aus, verfassten einen ausführlichen Lebensbericht. Es gab einen abschließenden Hausbesuch – und am 1. Juni 2022 standen wir endlich auf der Warteliste. 16 Monate nach dem Erstkontakt.
Uns war klar, dass wir wohl länger würden warten müssen.
Doch ein Jahr später kam der Anruf, auf den wir so lange gehofft hatten. Im Januar 2024 durften wir eine kleine Zaubermaus bei uns aufnehmen.
Ich weiß noch genau, wie aufgeregt wir auf dem Weg zur Pflegemama waren. Eine Mitarbeiterin vom Jugendamt war auch dabei. Das Baby war fünf Monate alt – und hatte schon so viel erlebt. Es hatte unter anderem eine Gaumenspalte im weichen Gaumen, weshalb sie eine Trinkschwäche hatte und eine Magensonde benötigt hat.

Als sie ihre Kleine das erste Mal in den Armen hielt, war Annika direkt verliebt. Foto: Instagram glueck_lich_sein
Als wir bei der Pflegemama ankamen, lag die kleine Maus im Stubenwagen. Wir sahen zuerst nur die kleinen Füßchen. Als sie die Kleine herausnahm, war es um uns geschehen. So klein, so viele Haare, so wunderschön.
Der Papa durfte unsere zukünftige Tochter als Erster halten. Ich war anfangs noch etwas zurückhaltender – nach allem, was dieses kleine Wesen bereits durchgemacht hatte, wollte ich nichts überstürzen. Aber als sie auf meinem Arm einschlief, war klar: Sie gehörte zu uns.
Wir gaben uns noch eine Nacht Bedenkzeit.
Aber unsere Herzen hatten sich längst entschieden. Am nächsten Tag sagten wir dem Jugendamt: Wir möchten diesem Kind ein Zuhause geben.
So begann unsere Anbahnungszeit. Fünf Wochen später brachte die Pflegemama unser Baby zu uns. Es war kein leichter Abschied für sie, aber sie wusste, dass die Kleine gut aufgehoben bei uns sein würde. Der Kontakt zu ihr besteht bis heute.
Plötzlich waren wir ganz allein verantwortlich.
Verantwortlich für ein sechs Monate altes Baby mit einer Magensonde und einem Überwachungsmonitor. Die erste Nacht war eine Katastrophe. Nicht, weil unsere Tochter nicht geschlafen hätte – sondern weil ich kein Auge zugemacht habe. Ich hatte solche Angst vor dem Monitor. Und er schlug tatsächlich zweimal Alarm.
Aber man wächst hinein. Die Nächte wurden besser.
So oft liest man ‚Dann adoptiert doch einfach‘, aber so einfach ist das Ganze leider gar nicht.
Es gibt viel mehr potentielle Adoptiveltern als es zu vermittelnde Kinder und teils muss man jahrelang auf ein Kind warten (bei uns gab es einige Paare, die 4 Jahre auf der Warteliste standen).
Der ganze Adoptionsprozess ist auch wirklich herausfordernd. Man wird vom Jugendamt auf Herz und Nieren überprüft und zieht sich quasi nackig aus. Man legt sein ganzes bisheriges Leben offen und bespricht intensiv, was für ein Kind in die Familie passen könnte.
Man setzt sich wirklich intensiv mit seiner eigenen Kindheit auseinander und überlegt z.B., was gut lief und was nicht so gut lief und denkt darüber nach, wie man es selbst machen würde. Das wäre sicher für alle werdenden Eltern nicht schlecht, sich vorab mal mit dem eigenen Leben so intensiv auseinanderzusetzen und zu reflektieren.
Adoptivkinder sind immer kleine ‚Überraschungseier‘.
Häufig ist wenig über die leiblichen Eltern bekannt. Selbst wenn sie bekannt sind, wird gerade in Bezug auf Alkohol- und Drogenkonsum in der Schwangerschaft nicht immer die Wahrheit gesagt.
Man muss sich wirklich genau überlegen, was man sich selbst alles zutraut und mit welchen Erkrankungen aber auch familiären Hintergründen (sofern bekannt) man zurecht kommen würde.
Wir sind inzwischen als Familie zusammengewachsen.

Annika ist glückliche Mama. Foto: Instagram, glueck_lich_sein
Mittlerweile ist die Gaumenspalte unserer Tochter verschlossen und trotz aller Prognosen entwickelt sie sich sehr gut. Wir haben uns eingespielt. Wir sind ein echtes Team geworden. Natürlich gibt es auch heute noch schwierige Tage, aber wir meistern sie gemeinsam.
Und manchmal realisiere ich es immer noch nicht so richtig: Ich bin jetzt Mama. Wenn ich im Restaurant bin und alle Mamas bekommen einen Sekt – dann bin auch ich gemeint. Ich kaufe Kleidung nicht mehr nur für meine Nichten – sondern für meine Tochter.
Nach so vielen Jahren Kinderwunsch, nach all dem Schmerz und den Verlusten: Ich bin jetzt wirklich Mama. Und ich werde es für dieses kleine Mädchen mein Leben lang bleiben.”
Liebe Annika, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft! Wenn ihr mehr über Annika erfahren möchtet, schaut gerne bei ihrem Instagram-Account vorbei: @glueck_lich_sein
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