Darmverschluss: „Die Ärzte schickten mein Kind mehrfach weg.”

„Mir ist klar, dass die Fragen, was gewesen wäre, wenn… oder was alles hätte passieren können, wenig zielführend sind. Aber hier geht es um unsere Kinder, unser Lebenswerk, unser ganzes Universum. Ich kann nicht anders, als mir diese Fragen dennoch zu stellen.

Vor genau einem Jahr, kurz vor dem vierten Geburtstag meines Sohnes, wurde er mit einer ‚harmlosen‘ Magen-Darm-Infektion krank.

Die Symptome wurden nach ein paar Tagen besser, dann ging wieder alles von vorne los. Unser Sohn erbrach alles, was er trank oder aß. Wir waren immer wieder bei der Kinderärztin. Nach einer Woche hat sie unser Kind in die Klinik eingewiesen. Nun war sein Urin auffällig. In der Klinik verpasste man unserem Sohn einen Einlauf und er wurde wieder entlassen, mit den Worten, es sei nur ein Infekt.

Als sich sein Zustand nach einem Tag immer noch nicht verbessert hatte, fuhr mein Mann wieder mit ihm in die Kinderklinik. Wieder der gleiche Ablauf und die Aussage, dass es nur ein Infekt sei. Wieder wurde unser Sohn einfach nach Hause geschickt. Die Woche darauf verbrachten wir alle zwei Tage beim Kinderarzt. Unser Kind erbrach von allem, was es zu sich nahm. Er hatte zeitweise Krämpfe und lag die meiste Zeit.

Unsere Kinderärztin machte einen Ultraschall, weil mein Mann darauf bestand.

Es war laut ihrer Aussage nichts Bedeutendes zu erkennen. Sie sagte, es sei nicht unüblich, dass ein Magen-Darm-Infekt fast zwei Wochen andauert. Die Magenkrämpfe kämen vom Flüssigkeitsverlust. Nun war wieder das Wochenende erreicht, unser Sohn hatte fast zwei Wochen durchgängig einen Magen-Darm-Infekt und war inzwischen fünf Kilo leichter! Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es das nicht ist. Es konnte einfach nicht sein.

Als mein Mann am Samstagmorgen wieder in der Klinik war und wieder nach Hause geschickt wurde, packte ich mir meinen kraftlosen Sohn noch am gleichen Abend und fuhr am frühen Samstagabend noch mal in die Kinderklinik, wieder einmal. Dort angekommen war ein anderer kassenärztlicher Kinderarzt im Dienst. Er beschloss unseren Sohn aufzunehmen, damit er mit Flüssigkeit versorgt wird und wir wurden ins Aufnahmezimmer gebracht, bis eine weitere Kinderärztin erschien.

Sie hörte sich alles kurz an und sagte mir dann, dass sie uns am liebsten nach Hause schicken würde.

Der Zustand meines Kindes rechtfertige eine Aufnahme in die Kinderklinik nicht. Er spuckte seit zwei Wochen, er war massiv geschwächt, lag fast nur im Bett, hatte Bauchkrämpfe und war fünf Kilo leichter. Dies wiederholte ich, doch sie lächelte nur selbstsicher, das alles sei für sie kein Grund. Ich sagte ihr, dass ich nicht gehen werde. Der Arzt zuvor hatte uns immerhin eingewiesen und ich hielt meinen Sohn, der auf mir lag, so fest ich konnte.

Sie legte ihm daraufhin wortlos einen Zugang, er hat alles zusammengebrüllt. Danach ließ sie uns ohne Erklärung, wie es weitergeht, in der Aufnahme sitzen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde unser Kind endlich nachts ins Zimmer gebracht, bekam eine Infusion und wurde am Monitor überwacht. Ich durfte bei ihm bleiben und hatte keine Ahnung, was uns am nächsten Morgen erwarten würde.

Leider wollte auch am nächsten Tag, trotz Flüssigkeitszufuhr, keine Besserung eintreten.

Mein Schatz spuckte weiterhin alles aus. Der wirklich sehr nette und engagierte Arzt und die Kinderkrankenschwester, die an diesem Morgen Dienst hatten, erkannten die Situation rechtzeitig und informierten die anderen Kinderärzte. Sein Ultraschall wurde vorgezogen. Nach kurzem Schallen erstarrten die Gesichter und alles ging unglaublich schnell. Das kleine Zimmer füllte sich mit dem Chefarzt, Chirurgen, Anästhesie. Sie erklärten mir, dass mein Kind eine Invagination (Anm. d. Red. Einstülpen eines Darmabschnittes, welches zum Verschluss führen kann) hat.

Es war unklar, ob sich eine OP noch vermeiden ließ. Die Ärzte sagten, es sei ernst und muss nun schnell gehen. Ich habe fast keine Luft mehr bekommen, mein Kind lag teilnahmslos auf der Behandlungsliege und spuckte noch den letzten Rest Flüssigkeit aus. Ich informierte schnell meinem Mann, der mit unserem jüngeren Kind zuhause war und von all dem Drama nichts ahnte. Wir weinten beide vor Angst. Angst, dass dieser Schaden nicht mehr zu reparieren wäre, dass es zu spät war.

Die Ärzte wollten zuerst die konservative Variante probieren, bevor sie operieren.

Dafür wurde unser Sohn in eine kurze Narkose gelegt und dann versucht, die Verknotung mit einem Katheter und Kochsalzlösung zu lösen. Mit einem Ultraschall wurde parallel überwacht, ob dies gelungen war oder eben nicht. Wir hatten Glück, unser Kind hatte unglaubliches Glück, es hat geklappt! Wir mussten trotzdem noch weitere 24 Stunden in der Klinik bleiben, da es in einigen Fällen wieder zur Darmverknotung kommt.

Direkt nach dem Eingriff waren die Schmerzen meines Kindes weg. Er hatte Durst, es blieb alles drinnen und er schlief sich aus. Am nächsten Morgen war er wieder fast der Alte. Er wollte direkt spielen, essen und trinken.

Nachdem der Bauch erneut mit einem Ultraschall ausgiebig kontrolliert wurde, durfte er essen und wir konnten wenig später gehen.

Mein Beitrag soll keinesfalls ein Vorwurf an all die wunderbaren Ärzte/innen, Krankenschwestern/ Krankenpfleger sein, aber ein massiver Vorwurf an unser überlastetes Krankensystem. Hätte ich mich entmutigen lassen und wäre nach Hause gegangen, weiß ich nicht, wie es für unser Kind ausgegangen wäre!

Wir Eltern sind mit unseren Kindern verwurzelt, doch unser Bauchgefühl wird leider viel zu oft in Frage gestellt. In unserem Fall ist alles gut gegangen, leider gibt es aber auch andere Fälle. Bitte tut mir den Gefallen und lasst euch nicht einschüchtern, es ist euer Kind. Wer kann es besser wissen als die eigenen Eltern? Denkt daran, ihr seid die Mamas, die das Kind 10 Monate im Bauch getragen haben…”


Liebe Lena, vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Serafina
Serafina
9 Monate zuvor

LIebe Lena,

Deine Geschichte ist sehr traurig und erschreckend!
Wir haben leider 11 Monate diese Erfahrungen mit Ärzten etc machen müssen – bei uns ging es zum Glück nicht um Leben und Tod, aber es war trotzdem eine sehr schlimme Zeit.
Niemand wollte auf mein Bauchgefühl bzw. MIR zuhören, obwohl ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Auch wir hatten Glück auf den richtigen Menschen zu treffen, der mich ernst nahm.

Meine Geschichte kannst du auch hier bei Echte Mamas lesen:
Weil es mein erstesKind war, glaubte keiner an meine Intuition.

Wünsche euch ganz viel Glück!

Liebe Grüße
Serafina Di Bella