„Ich wurde mit 45 Mama – und meine Tochter bekommt die beste Version von mir.“

Mütter in Deutschland sind bei ihrem ersten Kind heute deutlich älter als noch vor ein paar Jahren. Trotzdem gilt eine Frau, die bei der Geburt 35 Jahre oder älter ist, nach wie vor als „späte Mutter“ – und sieht sich oft mit Vorurteilen konfrontiert. So wie Barbara, die mit 45 zum ersten Mal Mama wurde. Nicht, weil sie sich bewusst dafür entschieden hat, sondern weil ihr Körper vorher nicht bereit war.

Wie sie die lange, schmerzhafte Kinderwunschzeit erlebt hat, welche Reaktionen sie auf ihre späte Mutterschaft bekam, und warum sie denkt, dass ihre Tochter sich genau diese Version ihrer Mama ausgesucht hat – all das hat Barbara uns in ihrer Echten Geschichte erzählt:

„Poppy, so nenne ich meine Tochter auf Social Media, ist ein absolutes Wunschkind. Der Weg allerdings war nicht so einfach, wie ich ihn mir am Anfang unseres Kinderwunsches vorgestellt habe.

Ich wollte immer schon Mutter werden.

Trotzdem sollte es bis Mitte 30 dauern, bis ich mich ernsthaft mit dem Kinderthema auseinandergesetzt habe. Davor habe ich studiert, meine ersten Jahre gearbeitet, bin viel gereist, die falschen Partner gehabt.

Mit Anfang 30 lernte ich meinen jetzigen Ehemann kennen und es war schnell klar: Wir möchten Eltern werden. Als ich 35 war, bekam mein Mann ein berufliches Angebot in Griechenland und das erschien mir als den perfekten Zeitpunkt, Mutter zu werden. Sonne, Meer, eine gewisse Leichtigkeit – jetzt war ich bereit, Mama zu sein.

Mein Körper aber war das nicht.

Nach zwei Jahren war klar: Auf natürliche Weise geht es nicht. Ich habe in meinem Leben schon auf sehr viele Schwangerschaftstest gepinkelt, und als alle negativ blieben, suchten wir uns zurück in Deutschland Hilfe in einer Kinderwunschklinik.

Vom ersten Weglassen der Verhütung bis zur Geburt unserer Tochter sollten 10 Jahre vergehen.

10 Jahre voller Hoffnung, voller Hormone, voller Tränen und Verzweiflung.

Nach der zweiten ICSI wurde ich zwar schwanger, mein Kind entschied sich aber, am Anfang der Schwangerschaft zu den Sternen zu reisen. Ich war körperlich und psychisch am Ende und brauchte eine Pause von der ganzen Kinderwunschreise. Und diese nahm ich mir auch. Wir hatten noch drei befruchtete Eizellen kryokonserviert, und es war schon klar, dass irgendwann der letzte Versuch stattfinden würde.

Ich war aber 3 Jahre lang nicht bereit dazu. Die Angst vor einer erneuten Fehlgeburt saß unglaublich tief.

Mit 44 tickte die biologische Uhr dann aber so richtig, und ich musste mich entscheiden, allein schon, um irgendwann auch abzuschließen.

Also wagte ich den letzten, finalen Versuch.

Es wurden alle drei Eizellen eingesetzt und das Warten, somit die Hoffnung aber auch die Angst begann von vorne.

Kurz vor dem offiziellen Bluttest hielt ich es nicht mehr aus und machte den ersten Schwangerschaftstest. Viel zu früh und am Abend, aber: Es war ein deutlicher zweiter Streifen zu sehen.
Mein erster Gedanke war tatsächlich: „Ach du Sch***“. Vier weitere Tests in den nächsten Tagen bestätigten das Ergebnis, und es ist tatsächlich passiert:

Ich war das zweite Mal schwanger.

Die Bluttests in der Kinderwunschklinik waren auch alle positiv, das hCG stieg, und irgendwann bekam ich die Überweisung zu meinem regulären Gynäkologen. Ich war wirklich schwanger, und es sah alles sehr gut aus. Das war absolut verrückt, und wir waren überglücklich.

Als Barbara zum 2. Mal schwanger war, war sie überglücklich - und voller Angst.

Als Barbara zum 2. Mal schwanger war, war sie überglücklich – und voller Angst.
Foto: privat

Begleitet wurde meine Schwangerschaft aber nicht nur von einem unglaublichen Glücksgefühl, sondern auch von einer unglaublichen Angst, auch dieses Baby wieder zu verlieren.
Zwei Mal war ich auch in der Klinik, einmal wegen Blutungen in der Frühschwangerschaft und einmal in der 25. SSW, als ich das Gefühl hatte, mein Baby nicht mehr zu spüren. Es war aber immer und zu jederzeit alles in Ordnung mit meinem Kind und ich hatte eine insgesamt sehr entspannte Schwangerschaft.

Im Oktober 2020 brachte ich dann mit 45 meine wunderbare Tochter auf die Welt.

Die Geburt, eine vaginale Entbindung in Beckenendlage, war zwar das schmerzhafteste Ereignis meines Lebens, verlief aber ohne große Komplikationen und doch recht schnell.

Die Reaktionen waren schon wie in der Schwangerschaft durchweg positiv: Unsere Familien und Freunde freuten sich einfach sehr mit uns. Negative Reaktionen bekam ich erst dann, als ich anfing, auf Instagram über meine späte Mutterschaft zu schreiben.

Es wäre unverantwortlich, das Kind hätte nicht viel von uns, es wäre allein, wenn es erwachsen wäre und so weiter. Ja, all diese Gedanken habe ich mir natürlich auch gemacht. Klar.

Eine Schwangerschaft mit 45 ist nichts komplett Außergewöhnliches, aber auch nicht die „Norm“.

Trotzdem habe ich dazu entschieden. Die durchschnittliche Lebenserwartung einer Frau liegt bei über 80 Jahren. Mit viel Glück bleiben mir und meiner Tochter wunderbare 40 Jahre.

Ich wünsche ihr, dass sie emotional stark und sozial so vernetzt sein wird, so dass sie auch ohne Geschwister als Erwachsene ein erfülltes und kein einsames Leben führen wird. Geschwister sind im Übrigen auch kein Garant dafür.

Ich habe mich nicht bewusst für eine späte Schwangerschaft entschieden.

Ich wäre gerne früher Mutter geworden. Allerdings bin ich auch überzeugt davon, dass meine Tochter sich die beste Version ihrer Mutter ausgesucht hat. Ich bin heute wesentlich entspannter, ausgeglichener, gestandener und in mir ruhender als noch vor 10 Jahren. Finanziell ist mein Kind abgesichert, ich habe viel in meinem Leben erlebt und erreicht – ich muss weder mir selbst noch anderen etwas beweisen.

Barbara ist überzeugt, dass ihre Tochter die beste Version ihrer Mama bekommt.

Barbara ist überzeugt, dass ihre Tochter die beste Version ihrer Mama bekommt.
Foto: privat

Trotzdem bleibe ich nicht stehen und habe Visionen, Ideen, Projekte, die ich gerne umsetzen möchte und auch umsetze. Meiner Tochter fehlt es an nichts. Sie wird von uns und von so vielen tollen Menschen in unserem Leben groß geliebt und wächst behütet und beschützt auf.

Eine Garantie gibt es nie.

Ich weiß nicht, wie alt ich werde, wie lange ich gesund bleibe, wie lange ich fit bin. Eines weiß ich aber: Ich werde die Zeit mit meinem Kind mit Liebe und Leben füllen. Wichtig ist doch am Ende die Intensität der Jahre, nicht die Anzahl. Die Verbindung, die wir geschaffen haben, die Marmeladenglasmomente, die wir zusammen erlebt haben. Gleichzeitig hoffe ich natürlich darauf, 107 Jahre alt zu werden.

Späte Mutterschaft kann viele Gründe haben.

Der fehlende Partner, die fehlende Bereitschaft, der fehlende Wunsch, gesundheitliche Gründe, dies und das. Fremden steht es nicht zu, zu urteilen. Oft sind späte Mütter ruhiger, gelassener, voller Lebenserfahrung. Die Entscheidung für ein spätes Kind ist oft bewusst, der Weg, wie man sein Kind begleiten möchte, ebenfalls.

Am Ende des Tages struggle ich wie alle anderen Mütter auch.

Es sind ähnliche Themen, die uns herausfordern, egal, wie alt wir Mütter sind. Die anderen Mütter aus der Kita sind meist jünger als ich, in meinem Freundeskreis gibt es auch andere späte Mütter.

Egal ob besonders jung, gesellschaftlich „normal“, oder eher spät: Für unsere Kinder sind wir die wichtigsten Personen dieser Welt.

Auf meinem Insta-Account @frau_zauberschoen möchte ich späten Müttern Mut machen, ihnen einen Safe Space bieten und Frauen ermutigen, ihren Kinderwunsch auch mit Ü40 zu verwirklichen.“


Liebe Barbara, vielen Dank, dass Du Deine Geschichte und Deinen Weg mit uns geteilt hast!

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

Mehr Infos und Erfahrungen zum Thema späte Mutterschaft

Du möchtest mehr zum Thema „späte Mutterschaft“ lesen? Dann schau mal hier:

Unser Ratgeber zum Thema: Späte Schwangerschaft: Das sind die Vorteile und Risiken ab 35
Mein Erfahrungsbericht als späte Mama: „Wie es sich für mich anfühlt, eine späte Mutter zu sein“
Und wenn dich auch die andere Seite interessiert, findest du hier die Erfahrung einer besonders jungen MamaSchwanger mit 16: „Ich dachte, mein Leben ist vorbei.”

Wir freuen uns auf deine Geschichte!

Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Wiebke Tegtmeyer

Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

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