„Ich möchte mein Baby weggeben, weil es eine Behinderung hat.”

Ich bin vor wenigen Tagen Mutter geworden und habe direkt nach der Geburt erfahren, dass mein Baby behindert ist. Ein Schock, der mich in ein tiefes Loch gestürzt hat, aus dem ich mich nicht befreien kann.

Als ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, gab es bei mir keine Freudenschreie oder Glücksgefühle. Ich bin noch jung, das Kind ist das Ergebnis eines One-Night-Stands, einen Partner habe ich nicht. Ich dachte nur: ‚Jetzt hast du dein Leben versaut.‘ Ich redete nach ein paar Tagen mit meinen Eltern, weil ich unsicher war, ob ich alleine eine Abtreibung durchstehen könnte. Sie redeten mir die Abtreibung aus und überzeugten mich, dass es das Richtige ist, das Kind zu bekommen.

Also brach ich meine Ausbildung ab und zog während der Schwangerschaft wieder zu ihnen.

Beim Einrichten des Kindeszimmers versuchte ich, mich selbst als Mutter zu sehen, so richtig vorstellen konnte ich mir das nicht. Ich wusste nicht, ob ich so viel Verantwortung tragen kann, denn seit meiner Jugend habe ich mit depressiven Episoden zu kämpfen. Vielleicht kommen die Muttergefühle, wenn das Baby dann da ist, habe ich gehofft.

Die Geburt war schrecklich, ich hatte eine Schwangerschaftsvergiftung und mein Baby musste zu früh per Notkaiserschnitt geholt werden. Sie haben es dann direkt auf die Frühchen-Station gebracht und eine Ärztin hat mir erklärt, dass mein Kind nicht gesund ist. Es ist nicht klar, ob es jemals laufen oder sprechen kann.

Es wird wahrscheinlich nie ein selbstständiges Leben führen können.

Für mich ist das ein Schock. Ich bin im Krankenhaus zusammengebrochen und habe dort eine therapeutische Beratung und Beruhigungsmittel bekommen. Schon ein gesundes Kind hätte mich überfordert, aber eines das krank ist? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dieses Kind jemals lieben kann. Ich verstehe nicht, was ich getan habe. Warum gerade ich? Ich will es nicht.

Ich spüre keinerlei Verbindung zu ihm. Ich will das auch gar nicht, denn dann müsste ich mich einem Leben als Mutter von einem behinderten Kind stellen. Ich fühle mich schuldig, aber andererseits ist es besser für das Kind, wenn es zu Eltern kommt, die sich dieser Aufgabe gewachsen fühlen. Dass das Kind, das ich nie wollte, nun auch noch krank ist, ist wie ein Zeichen für mich, dass es nicht sein soll.

Meine Eltern möchten das Baby behalten.

Sie waren auch schon bei ihm auf der Frühchen-Station und konnten es durch eine Scheibe sehen. Sie sind wütend auf mich und sagen, dass ich ein schlechter Mensch bin, weil ich es nicht annehmen kann. Als Mutter hätte ich die Pflicht, mich um das Kind zu kümmern. Sie glauben, dass die Liebe noch kommt, wenn ich mich erst einmal an die Situation gewöhnt habe.

Das kann sein. Doch was ist, wenn ich dieses Kind auch noch nach ein paar Wochen oder sogar Monaten nicht behalten will? Ist es dann nicht viel schlimmer für alle Beteiligten? Die ungewollte Schwangerschaft, die schmerzhafte und beängstigende Geburt und jetzt die Behinderung, das alles kommt mir vor, wie ein Alptraum, aus dem ich einfach nicht aufwache.”


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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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