„Er war mein Traummann, bis wir unser Wunschkind bekamen.”

Jessi hatte bereits drei Kinder, als sie ihren Traummann kennenlernte. Alles schien perfekt: Er unterstützte sie, war liebevoll zu ihren Kindern und wollte sogar noch ein gemeinsames Baby. Doch nach der Geburt veränderte sich alles – plötzlich war nichts mehr, wie es einmal war. In ihrer echten Geschichte erzählt Jessi, wie sie um ihre Familie kämpft.

„Ich bin Jessi, 36 Jahre alt und Mama von vier Kindern. Drei meiner Kinder stammen aus meiner ersten Ehe. Meinen jetzigen Mann habe ich online kennengelernt – und sofort gespürt, dass da etwas ganz Besonderes ist.

Er war begeistert von der Powerfrau, für die er mich hielt.

Drei Kinder, Haus, Hof, Hund, Katzen und ein Job mit 35 Stunden in der Woche. Ich habe alles irgendwie gemeistert, war stolz auf meine Stärke – und dachte, ich müsste alles allein schaffen.

Sein Foto hat mich umgehauen, unsere erste Unterhaltung war magisch. Es ging schnell – dieser Mann wirkte perfekt, obwohl ich eigentlich keinen Mann mehr wollte. Die Kinder lernten ihn kennen und lieben.

Er war ein Macher.

Nichts blieb liegen, alles wurde erledigt. Er nahm mir Termine mit den Kindern ab, richtete seine Meetings so ein, dass er helfen konnte. ‚Schatz, ich hole den Kleinen ab – du kannst ruhig länger bleiben oder mit deinen Kolleginnen einen Kaffee trinken‘, sagte er oft. Er unterstützte die Kinder bei der Ausbildungssuche, kümmerte sich ums Handwerkliche und machte sogar gern die Wäsche – das war sein Yoga.

Wir heirateten – und als Krönung kam unser gemeinsames Baby. Es war sein absolutes Wunschkind. Doch nach der Geburt veränderte sich etwas.

Das Baby war anders, als er es sich vorgestellt hatte.

Unser gemeinsames Wunder war sehr anhänglich, spuckte viel, hatte sogar Atemnot, einmal kam der Krankenwagen. Für ihn war das ein Schock. Kurz darauf hatte er selbst einen Unfall, konnte wochenlang nicht richtig schlafen und das Baby nicht halten.

Dann wurde eines meiner älteren Kinder schwer krank. Ich war tagelang im Krankenhaus, kam nur ab und zu kurz nach Hause. In dieser Zeit musste er sich allein um das Baby kümmern.

Da begann er, sich zu verändern.

Er sagte verletzende Dinge, die ich mir zunächst mit der Ausnahmesituation erklärte. Er suchte sich Hilfe, bekam Medikamente – Angstzustände, hieß es. Aber er wurde immer distanzierter.

Ich durfte nicht mehr erzählen, wie mein Tag war. Er meinte, ich beschwere mich nur. Über seine Familie und Freunde durfte ich nicht mehr sprechen – das würde ihn stressen. Wenn ich mal sagte, dass ich eine schlechte Nacht hatte, reagierte er abweisend: ‚Ich kann eh nichts machen, das Baby will nur mit dir kuscheln.‘

Er war ständig arbeiten, kam spät nach Hause, sah die Kinder kaum.

Ich fühlte mich, als würde ich auf Scherben laufen – immer mit Angst, etwas Falsches zu sagen.

Ich vermisse den Mann, der mich unterstützt, mit dem ich gelacht habe, der mich in den Arm genommen hat, wenn mir alles zu viel wurde. Jetzt fühle ich mich schwach und machtlos – und frage mich, wie ich mich wieder so öffnen konnte.

Mittlerweile weiß ich, dass er an einer schweren Depression leidet.

Er hatte Suizidgedanken und ist nun in stationärer Behandlung. Die Ärzt*innen sagen, es sei ernst. Ich hoffe, dass die Therapie ihm hilft – aber ich bin skeptisch.

Ich habe vier Kinder, und ich stehe gerade ganz alleine da. Ich habe Geburtstage, Krippeneingewöhnung und den ersten Schultag ohne ihn geschafft. Die Kinder waren krank – mit Fieber und Kopfschmerzen, es hat mich an die Zeit erinnert, als eines meiner älteren Kinder ins Krankenhaus musste. Ich hatte solche Angst – und er war nicht da, um mich zu beruhigen.

Ich versuche, stark zu sein – für die Kinder, für ihn und für mich selbst.

Aber manchmal frage ich mich, wie lange ich das noch durchhalte. Denn wenn mein Kartenhaus einstürzt, ist niemand da, der mich auffängt.

Vielleicht erreicht meine Geschichte da draußen eine Mama, die ihren Mann wiedererkennt und deren Partner so schneller Hilfe bekommt. Gerade Männer sprechen immer noch viel zu selten darüber, wie sie sich fühlen. Psychische Erkrankungen sind deswegen oft nicht so ersichtlich.

Mein Mann kommt bald aus der Klinik, es geht ihm besser. Zuletzt habe ich wieder den Mann aufblitzen sehen, in den ich mich damals verliebt habe. Aber nun wird er zurück in den Alltag geworfen. Es fällt mir schwer, wieder zu vertrauen, dass sich nicht alles wiederholt.”


Liebe Jessi (Name auf Wunsch geändert), vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

Hast du den Verdacht, dass auch dein Partner an Depressionen leiden könnte? Dann empfehle ich dir diesen Beitrag: Hat dein Partner eine postpartale Depression? Anzeichen & Hilfe >>>
Wenn du selbst mit dunklen Gedanken kämpfst oder jemanden kennst, der in einer seelischen Krise steckt: Du bist nicht allein – und es gibt Hilfe. Vertrauliche und anonyme Unterstützung bekommst du bei der Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 – rund um die Uhr, kostenfrei.Auch per Online-Chat erreichst du Hilfe auf www.telefonseelsorge.de.

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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