Suizidgedanken bei Kindern: „Plötzlich hing ein Strick im Kinderzimmer.”

TRIGGERWARNUNG
Dieser Text thematisiert Suizidgedanken. Er behandelt also Inhalte, die einige Menschen beunruhigend oder verstörend finden könnten.  Hast du die Befürchtung, dass dein Kind suizidale Absichten haben könnte oder leidest selbst unter solchen Gedanken? Hilfe und Beratung findest du z.B. bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.


„Danke, dass hier auch schockierende Themen einen Platz finden, die so viele Eltern betreffen. Mir lief beim Lesen des Beitrags „Mein Sohn sagte mir, dass es sich umbringen will” ein kaltheißer Schauer über den Rücken, denn so etwas müssen mehr Eltern durchmachen als viele denken.

Auch meine Tochter sagte mir, dass es sich besser anfühlen würde, wenn sie tot wäre.

Im 1. Lockdown randalierte sie jeden Tag im ganzen Haus, zerschlug alles, was in ihrer Nähe war, vor Wut und Jähzorn und Verzweiflung. Sie liebt Pferde und irgendwann hing ein Führstrick am Dachfenster in ihrem Zimmer. Ich war komplett in Panik, es war ein solcher Schock! Das war im März 2020, sie war sieben Jahre alt. Einmal sprang sie fast durch eine Glastür, weil die Königin Schwermut über sie kam und sie unkontrolliert von rechts nach links schleudern konnte.

Wenn sie gerade mal nicht wütend war, lag sie mit starrem Blick oder weinend im Bett, unfähig, aufzustehen oder zu essen. Ich ging zur Erziehungsberatung, zum Jugendamt, telefonierte wie eine Verrückte, um Hilfe zu bekommen. Dann wurden ihre Trennungsängste zu mir so heftig, dass, als die Schule geöffnet wurde, nichts mehr möglich war.

Randale beim Aufstehen, Anziehen und zur Schule gehen.

Die Lehrerin war sehr empathisch und hilfsbereit, die Beste, die wir haben konnten. Sie nahm mir ein weinendes, an mich geklammertes Kind am Schuleingang ab. Jeder Morgen war die Hölle, sofern mir überhaupt gelang, dass sie pünktlich aufstand.

Meine Tochter kam nicht mehr zurecht, mit Nichts! Sie schrie, schlug mich und die ganze Familie, entwickelte Panikattacken, randalierte täglich im Minutentakt und brach, sich übergebend, schon zu Hause, im Auto, spätestens vor dem Schuleingang komplett zusammen. Irgendwann wog sie nur noch 18 kg, hatte Augenränder wie Alice Cooper. Es war so schrecklich und furchtbar.

Hilfe bekam ich erst nach einem Kinderarztwechsel und durch eine Psychologin ab Dezember 2020.

Im Mai 2021 hatten wir endlich einen Platz in einer Tagesklinik. Das war rückblickend ein Segen! In der Tagesklinik wurde bei meiner Tochter ADHS diagnostiziert und sie bekommt seit Juli 2021 Medikamente. In ihrem Kopf ist jetzt alles strukturiert und ihr geht es richtig, richtig gut. Undenkbar vorher!

Vor Weihnachten saßen wir zusammen und haben uns gegenseitig gefragt, wofür wir dankbar sind. Sie sagte allen Ernstes, sie sei froh, dass ich jeden Kampf ausgehalten habe, sie in die Klinik zu bringen und abzuholen und das jeden Tag über 4 Monate. Da kann man doch nur vor Freude weinen und stolz sein, auf dieses reflektierte Kind.

Für mein „besonderes” Kind bin ich unfassbar dankbar.

Ich würde mir wünschen, dass meine Geschichte andere Familien ermutigt, sich umgehend professionell Hilfe zu suchen, auch wenn man das Kind randalierend ins Auto stopfen muss. Es hilft nichts zu warten, man muss sofort handeln.

Heute, nach diesem schrecklichen 2020/2021 blicken wir hoffnungsfroh auf 2022 und wünschen allen Betroffenen genau das: Zuversicht und unendlich starke Liebe!”


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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