Wenn der Kinderwunsch stark ist, es aber mit der Schwangerschaft nicht klappt, sorgt das bei vielen Paaren für Unsicherheit und Verzweiflung. Viele Frauen lassen sich dann gründlich durchchecken, weil sie die Ursache bei sich vermuten. So war es auch bei Ulrike, bis ein Urologe schließlich herausfanden, dass ihr Partner unfruchtbar ist. Für beide brach in diesem Moment eine Welt zusammen. Doch sie gaben nicht auf, sondern entschieden sich für einen Weg, über den kaum jemand spricht: eine künstliche Befruchtung mit Hilfe eines Samenspenders. Welche Zweifel, Unsicherheiten und Ängste sie auf ihrer Kinderwunsch-Reise begleiteten, bis sie am Ende ihr größtes Glück in den Armen hielten, hat Ulrike uns in ihrer Echten Geschichte erzählt:
„Unsere Kinderwunschreise begann im Jahr 2022, in dem auch unsere Hochzeit stattfand. Als ich nicht direkt nach der Hochzeit schwanger wurde, hörten wir von unserer Familie und Freunden immer wieder, es sei ja nicht schwer, schwanger zu werden, wir sollten nicht gleich aufgeben.
Niemand wusste, dass ich schon im Januar die Pille abgesetzt hatte.
Unsere Hochzeit war im September. Anfangs dachten wir, es läge am Hochzeitsstress, doch als es auch danach nicht klappte, waren wir schon sehr traurig und langsam auch verzweifelt.
Deshalb habe ich mit meinem damaligen Frauenarzt gesprochen, der direkt eine Blutabnahme veranlasste, um meinen Hormonstatus zu überprüfen. Außerdem empfahl er mir einen Gesundheitscheck, um die anderen Blutwerte zu bestimmen. Also machte ich einen Termin bei meiner Hausärztin.
In der Zwischenzeit bekam ich die Ergebnisse meines Hormonstatus, und es war so weit alles in Ordnung.
Mein Frauenarzt riet mir, darauf zu achten, dass ich mehr Schlaf bekomme.
Das ist nur leider im Schichtdienst in der Pflege nicht so einfach. Also machte ich auch noch einen Termin beim Osteopathen. Der erklärte mir, mein Körper sei schief, drückte etwas an mir herum – und riet mir ebenfalls zu mehr Schlaf.
Als die Werte vom Gesundheitscheck da waren, sagte meine Hausärztin mir, dass mein Vitamin D-Spiegel erhöht, mein Eisenwert zu niedrig sei. Also bekam ich Eisentabletten.
Doch leider wurde ich noch immer nicht schwanger.
Deshalb rief ich erneut meinen Frauenarzt ab, der mir allerdings nur sagte, ich solle mich nicht stressen, es würde schon irgendwann klappen. Und falls nicht, dann sei es eben so.
Mit dieser (ehrlich gesagt unverschämten) Antwort wollte ich mich nicht zufriedengeben.
Es verletzte mich zutiefst, dass ich immer wieder auf das Thema Baby angesprochen wurde.
Unsere Nichten erzählten uns, es könne nicht so schwer sein, bei Mama und Papa habe es schließlich auch geklappt. Und sogar von meinen Arbeitskollegen bekam ich beinahe in jedem Dienst zu hören, nach der Hochzeit sei es doch jetzt Zeit für Nachwuchs.
Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und antwortete aus Selbstschutz:
‚Wir wollen keine Kinder, das ist nichts für uns.‘
Auch wenn dieser Satz meinem Herzen noch mehr wehtat, hatten wir dadurch zumindest endlich etwas Ruhe – wenn auch nicht für lange Zeit.
Ich habe dann den Frauenarzt gewechselt und bin zu einer Frauenärztin gegangen, die auf das Thema Kinderwunsch spezialisiert war. Auch mein Mann ließ sich bei einem Urologen untersuchen. Danach hatten wir endlich ein aussagekräftiges Ergebnis in der Hand, auch wenn es uns das Herz brach:
Es war die traurige Gewissheit, dass mein Mann unfruchtbar war.
In diesem Moment brach für uns beide eine Welt zusammen. Aber so schnell wollten wir nicht aufgeben.
Wir beschlossen, uns in einer Kinderwunsch-Klinik zu informieren. Die Ärzte nahmen uns beiden erneut Blut ab, um alle wichtigen Werte zu checken.
Danach gab es für uns nur zwei Lösungen, wenn wir ein Baby bekommen wollten:
Eine künstliche Befruchtung mit Hilfe eines Samenspenders – oder eine Adoption.
Für uns beide stand fest, dass wir eine Schwangerschaft erleben möchten. Also entschieden wir uns für die Samenspende. Dafür ließen wir uns erneut in der Kinderwunsch-Klink beraten. Unter anderem zeigte man uns dort eine Datenbank, aus der wir uns einen Samenspender aussuchen konnten.
Das alles war für uns natürlich Neuland. Wir hatten von dieser Möglichkeit noch nie etwas gehört und natürlich unglaublich viele Fragen im Kopf.
Darf unser Kind den Samenspender später kennenlernen?
Müssen wir es über die Spende aufklären, und wenn ja, wann macht man das am besten – und wie?
Wem erzählt man überhaupt davon, oder behalten wir es lieber für uns?
So viele Fragen, die mich teilweise auch heute noch beschäftigen.
Wir wollten nichts überstürzen, wussten aber auch, wie schnell die Zeit vergeht.
Bevor es losging, mussten wir einen Termin beim Notar machen, damit mein Mann als Vater des Kindes eingetragen wird, der Spender keine Rechte hat, und wir im Gegenzug keine Forderungen an ihn stellen dürfen. Dabei hörten wir zum ersten Mal, wie viele Spenderkinder es eigentlich gibt. Nur spricht niemand davon!
Das machte uns das Ganze etwas leichter.
Deshalb beschlossen wir, unsere Eltern einzuweihen.
Es war trotzdem nicht leicht, weil wir nicht wussten, wie sie reagieren. Zu unserer großen Erleichterung waren sie sehr glücklich, dass wir uns für diesen Weg entschieden hatten. Er würde für uns nicht einfach werden – war aber ein großer und wichtiger Schritt auf dem Weg zu unserem Wunschkind.
Die Reaktionen von Menschen, die uns nicht so nahestanden und unseren Weg nicht kannten, sahen häufig leider anders aus. Die meisten hatten noch nie etwas von einer Samenspender-Datenbank gehört und reagierten deshalb leider sehr negativ und abwertend.
Für uns stand trotzdem fest:
Wir gehen diesen Weg – egal, was andere denken oder sagen.
Während der ganzen Zeit standen wir immer mit der Kinderwunsch-Klinik in Kontakt. Wir konnten ein Foto meines Mannes in der Datenbank hochladen, um einen Spender zu suchen, der etwas Ähnlichkeit mit meinem Mann hat. Endlich haben wir dann auch einen passenden Spender gefunden.
Vor der künstlichen Befruchtung wurden dann meine Eierstöcke punktiert, um die Eizellen zu entnehmen. Diese wurden dann mit dem Spendersamen befruchtet. Danach ging für uns das Hibbeln los, wie viele der Eizellen sich weiterentwickeln würden, und wann der Rücktransfer stattfinden könnte.
Als der Tag endlich da war, waren wir sehr nervös, denn es konnte einfach noch so viel passieren. Leider war der Rücktransfer beim ersten Versuch nicht möglich, und wir mussten meine nächste Regelblutung abwarten.
Beim zweiten Termin hatte ich unglaublich große Angst, dass beim Auftauen der Embryos etwas passiert. Aber zum Glück ging alles gut!
Jetzt mussten wir bis zum heiß ersehnten Schwangerschaftstest warten.
Ich konnte das alles noch gar nicht so realisieren und ging immer davon aus, dass es beim ersten Mal bestimmt nicht geklappt hat. Mein Mann war da etwas positiver gestimmt. Ich wollte nicht zu positiv denken, damit die Enttäuschung nicht allzu groß ist, falls nicht geklappt hat.
Endlich war der Tag da, an dem wir testen durften, und ich konnte es gar nicht glauben:
Der Test war positiv!
Wir riefen sofort in der Kinderwunsch-Klinik an und vereinbarten einen Termin zum Ultraschall, um zu sehen, wie groß das Baby ist, und ob alles in Ordnung ist. Alle weiteren Termine hatte ich dann bei meiner Frauenärztin.
Die Schwangerschaft verlief am Anfang nicht so gut, ich hatte mit Schwangerschaftsübelkeit und Blutungen zu kämpfen und war deshalb auch zwei Mal im Krankenhaus. Zum Glück war mit dem Baby aber alles in Ordnung.
In der 13./14.SSW war die Übelkeit dann endlich vorbei. Mir ging es wieder gut, und ich konnte die Schwangerschaft endlich genießen.
Dann kam der Tag der Geburt.
Die Geburt verlief an sich super, allerdings kam die Plazenta nicht hinterher, sodass ich notoperiert werden musste, um die Blutung zu stillen.
Unsere Tochter lag nur kurz auf meinen Bauch, dann musste ich schon in den OP. Für mich ging das alles viel zu schnell, ich bekam nicht sehr viel mit. Im Aufwachraum war ich nach der Narkose zuerst verwirrt, warum mir jeder gratulierte. Bis mir nach und nach einfiel, dass ich ein Kind geboren hatte.
Ich wollte dann nur noch zu unserer Tochter.
Endlich kam die Hebamme dann mit ihr vorbei, und ich durfte meine Kleine ganz kurz halten. Dann konnte ich auch schon in mein Zimmer. Dort angekommen konnte ich es nicht mehr erwarten, bis ich unsere Tochter endlich bekam.
Noch konnte ich nicht realisieren, dass wir endlich Eltern einer gesunden, wunderschönen Tochter waren. Meinem Mann und mir liefen nur die Tränen herunter.
Am gleichen Abend kamen auch meine Schwiegereltern zu Besuch. Ich gab meine kleine Maus nicht aus meinem Arm. Es lag so ein langer, steiniger Weg hinter uns, und ich wollte sie nicht loslassen. Meine Schwiegermutter war darüber etwas entsetzt, aber das war mir egal.
Ich hatte meine Tochter schon nach der Geburt nicht gleich halten können, war dann zwei bis drei Stunden ohne sie im OP, da wollte ich sie einfach nicht direkt wieder hergeben.
Bis heute hänge ich sehr an ihr und mag es nicht, wenn jemand anderes sie im Arm hält.
Inzwischen ist sie ein Jahr alt, und es ist etwas besser geworden.
Die ersten Tage im Wochenbett weinte ich vor Glück, weil ich noch immer nicht richtig begreifen konnte, dass unser Kinderwunsch endlich wahr geworden ist.
Ich musste an die vielen anderen Paare mit Kinderwunsch denken, die noch kämpfen und vielleicht nicht so ein Glück haben wie wir. Am Anfang hatte ich auch mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen, aber mit der Zeit verflog das alles.
Für meinen Mann ist die Situation etwas schwieriger.
Er hat nach wie vor mit der Frage zu kämpfen, wie unsere Tochter wohl einmal darauf reagieren wird, dass sie mit Hilfe einer Samenspende entstanden ist. Wird sie böse sein? Wird sie ihren Spendervater suchen wollen?
Mein Mann ist immer froh, wenn jemand sagt, dass unsere Tochter ihm ähnlich sieht. Und auch ich bin dann immer sehr erleichtert. Denn das macht es einfacher für ihn, mit der Situation umzugehen.
Für uns steht auch fest, dass unsere Tochter kein Einzelkind bleibt.
Denn aus unserer Sicht macht es das auch für die Kinder einfacher, wenn sie mit so einer Geschichte nicht allein sind, sondern sich untereinander austauschen können.
Meine Botschaft an andere Paare mit Kinderwunsch:
Gebt nie auf, egal, wie steinig der Weg ist!
Und lasst euch nicht von der Meinung anderer beirren. Nur ihr allein wisst, welcher Weg für euch der Richtige ist. Lasst die anderen einfach reden, wie sie wollen. Manche werden direkt schwanger, andere brauchen eben Unterstützung. Es ist völlig egal, wie euer Weg verläuft, ihr schreibt eure eigene Familiengeschichte.
Und wenn euer Baby auf eurem Bauch liegt, ist alles vergessen und niemand wird mehr daran denken, wie es eigentlich war.
Leider ist Samenspende noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft.
Ich wollte unsere Geschichte erzählen, weil ich glaube, dass es mehr Paaren so geht, als man denkt, aber niemand darüber spricht. Vielleicht kann ich dazu beitragen, den Stein ins Rollen zu bringen, und allen Betroffenen Mut zu machen, diesen Schritt zu gehen.
Denn ich weiß es ist kein einfacher Weg, aber ihr könnt es schaffen!“
Liebe Ulrike (richtiger Name ist der Redaktion bekannt) , vielen Dank, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast
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