Kinderwunsch: „Unser letzter Versuch vor der Eizellenspende.”

Melanies Weg durch den Kinderwunsch ist geprägt von Ausdauer, Schmerz, Hoffnung und unerschütterlicher Offenheit. In den letzten Jahren hat sie 16 ICSI-Versuche durchlebt, Rückschläge verarbeitet, sich neu sortiert – und dabei nie aufgehört, ihre Geschichte mit anderen zu teilen. Ihre Stimme gibt vielen Frauen Mut, die ähnliche Erfahrungen machen. In diesem ersten Teil ihrer Echten Geschichte erzählt Melanie, wo sie heute steht – und warum ihre Reise noch nicht zu Ende ist.

„Ich bin 35 Jahre alt und lebe mit meinem Mann in der Nähe von München. Neben meinem Hauptberuf bin ich selbstständig als DJane und habe meinen eigenen Podcast namens ‚Wartezimmer Kinderwunsch‘. Ich stecke also nicht nur privat, sondern auch mit ganzem Herzen beruflich mitten im Thema.

Meinen Mann habe ich – wo auch sonst – auf Tinder kennengelernt. Unsere Kinderwunschreise begann vor etwa 3,5 Jahren, ein halbes Jahr nach unserer Hochzeit, auf unserer Hochzeitsreise – direkt nach meiner Long-Covid-Reha.
Wir sind jetzt im vierten Jahr mit unerfülltem Kinderwunsch.

Alles begann mit dem Absetzen der Verhütung – und dann passierte nichts.

Mein Gefühl sagte mir schon ab dem ersten negativen Schwangerschaftstest, da stimmt etwas nicht. Insgesamt haben wir inzwischen 16 ICSI-Versuche hinter uns, mit 8 Embryotransferen. Leider hat keiner zum Erfolg geführt. Ich wurde nie schwanger. Die Einnistung klappte einfach nicht. Jedes Mal diese Hoffnung, und jedes Mal der Sturz ins Bodenlose, danach wieder aufstehen und einfach wieder weitermachen.

Melanie gibt nicht auf.

Melanie gibt nicht auf. Foto: Privat

Die Ursachen? Es ist nicht eindeutig. Die Ärzte sagen, es liege wohl an einer eingeschränkten Eizellqualität – mein AMH-Wert ist niedrig, meine Eierstöcke reagieren schlecht auf die Stimulation. Außerdem habe ich noch ein paar immunologische Probleme und eine leichte Adenomyose. Gleichzeitig besteht bei meinem Mann auch ein kleines Problem, aber nicht so massiv wie bei mir.

Manchmal ist es sehr schwer, damit umzugehen.

Ich habe dann das Gefühl, ich bin das Problem und fühle mich schuldig. Tatsächlich habe ich schon früh geahnt, dass es kompliziert werden könnte. Ich habe schon vor dem Kinderwunsch mit diversen Erkrankungen zu kämpfen, mein Gefühl war diffus. Einerseits war laut dem Gynäkologen alles in Ordnung ‚Ach, Sie werden eh schnell schwanger werden, alles ist super bei Ihnen‘, andererseits klappte es aber dennoch nicht. Es blieb dieses ungute Gefühl, weshalb ich nach schon nach Monaten in die Diagnostik gegangen bin.

Wir haben nach einem Jahr mit Kinderwunschbehandlungen begonnen. Zuerst waren wir in einer Klinik, die sich später als sehr unpersönlich herausstellte. Wir fühlten uns wie eine Nummer im System. Wir wechselten noch zweimal, aber es wurde einfach nicht besser. Die Ärzte waren gestresst, machten Fehler und konnten sich meine Geschichte nicht merken und trafen Aussagen, die nicht stimmen.

Nach der 14. gescheiterten ICSI entschieden wir uns in eine Kinderwunschklinik nach Barcelona zu gehen.

Da kam zum ersten Mal das Gefühl auf: Wir werden ernst genommen. Hier schaut man genauer hin, hört zu. Jeder Eingriff wird perfektionistisch vorbereitet. In Spanien haben wir die Möglichkeit, die Embryonen genetisch untersuchen zu lassen. Es liegt die Vermutung nahe, dass ich bisher fast nur ungesunde Embryonen transferiert bekommen habe und es deswegen noch nie zu einer Einnistung oder Schwangerschaft gekommen ist. Zusätzlich werden aber auch weitere Hindernisse in der Gebärmutter und Immunologie vermutet.

Die beiden befinden sich seit mehreren Jahren in Kinderwunschbehandlung.

Die beiden befinden sich seit mehreren Jahren in Kinderwunschbehandlung. Foto: Privat

Eigentlich sollte ich in meinem Alter noch viele gute Eizellen haben, aber irgendwas stimmt da anscheinend nicht. Wir vermuten, es hängt mit der vorzeitigen Erschöpfung der Eierstöcke zusammen und wenn man dann noch ein genetisch verändertes Spermium erwischt, dann hat man erst recht keine gute Embryoqualität.

Trotz allem haben wir noch Hoffnung.

Im allerletzten und 16. Versuch, den wir nur gemacht haben, um mit meinen Eizellen abschließen zu können, kam der Anruf, dass das letzte Blastozysten-Mäuschen genetisch gesund ist. Wir konnten unser Glück kaum fassen und die Welt nicht mehr verstehen. Wir dachten, genau das wäre das Problem. Ist das jetzt ein einmaliges Glück oder haben wir gar kein Eizellproblem? Niemand kennt die Antwort. Wir haben aktuell somit einen Embryo auf Eis.

Sollte es wieder nicht klappen, steht für uns fest: Wir werden den Weg der Eizellenspende gehen. Diese Entscheidung hat lange in uns gearbeitet, aber heute fühlt sie sich richtig an. Ich weiß, dass ich ein Kind auch ohne genetische Verbindung von ganzem Herzen lieben kann. Ich habe so viel Liebe in mir, die ich endlich geben möchte.

Ich bin schon immer sehr offen mit unserem Kinderwunsch umgegangen.

Melanie gibt anderen Betroffenen eine Stimme.

Melanie gibt anderen Betroffenen eine Stimme. Foto: Privat

Am Anfang war da viel Unverständnis. Ich wurde oft in meinem Schmerz nicht ernst genommen ‚Du musst den Druck rausnehmen, deswegen klappt es auch nicht‘. Es ist sehr verletzend, wenn das Problem immer bei einem selbst gesucht wird. Man sei quasi selber schuld, wenn man sich in den Kinderwunsch so reinsteigert. Das wird mir damit vermittelt. Ich spreche weiterhin viel mit Freundinnen, Kolleginnen, auch mit Menschen, die ich kaum kenne. Und fast immer kommt zurück: ‚Danke, dass du das teilst.‘

Ich möchte, dass andere Frauen und Paare wissen: Du bist nicht allein.

Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als würde niemand verstehen, was du durchmachst – es gibt so viele von uns, die ähnliche Wege gehen. Ich wünsche mir, dass wir in der Gesellschaft mehr Sichtbarkeit für das Thema unerfüllter Kinderwunsch schaffen. Nur so können wir mehr Verständnis, mehr Mitgefühl und vor allem mehr Unterstützung bekommen.

Ich möchte Mut machen.

Du darfst traurig sein, du darfst wütend sein, du darfst aufgeben wollen – und dann trotzdem weitermachen. Du darfst dir Hilfe holen. Du darfst dir Pausen nehmen. Du darfst deinem Gefühl folgen, egal was andere sagen. Deine Geschichte ist einzigartig, und du gehst genau den Weg, den du brauchst. Schaue dabei nicht auf andere und deren Wege, die oftmals leichter sind.

Ich wünsche mir, dass Frauen selbstbewusst Entscheidungen treffen und wissen: Du bist nicht falsch. Dein Körper ist nicht kaputt. Du bist nicht allein. Du bist stark und mutig! Ich glaube fest daran: Wenn wir unsere Geschichten teilen, schaffen wir ein Netzwerk, das trägt.

Und wenn wir uns gegenseitig stützen, dann tragen wir einander auch durch die schwersten Zeiten.

Trotzdem frage ich mich manchmal selbst, woher ich die Kraft nehme, weiterzumachen.

Es ist ein Gefühl, das schwer zu erklären ist – eine Mischung aus tiefem Wunsch, innerer Stärke und diesem kleinen Rest Hoffnung, der sich einfach nicht vertreiben lässt. Ich spüre: Unsere Geschichte ist noch nicht zu Ende…”


Liebe Melanie, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir alles Liebe für die Zukunft! Wenn ihr mehr über Melanie erfahren möchtet, schaut gerne bei ihrem Instagram-Account vorbei: @melas.kiwu.journey

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

Alle Artikel

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Neueste
Älteste Beliebteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen