„Ich bin die Mama, die zu Hause geblieben ist“

Wie man es auch macht, macht man es falsch. Wer wegen der Kinder zu Hause bleibt, hat angeblich keine Ambitionen, ist von gestern und verspielt seine Rente. Wer nach wenigen Monaten wieder arbeiten geht, gilt als egoistische Karrierefrau, die sich besser erst gar keine Kinder „zugelegt“ hätte.  Solche Vorurteile sind verständlich. Als Mamas sind wir oft unsicher genug. Da wollen wir nicht auch noch ständig unsere Entscheidungen in Frage stellen müssen. Die Folge: Wir werten andere Überzeugungen lieber ganz schnell ab, statt über sie nachzudenken, und vergessen dabei: Jede Lebensvorstellung hat ihre Berechtigung (solange sie anderen nicht schadet). 

Unsere echte Mama Birte aus Hamburg hat uns erzählt, warum sie aus Überzeugung mit ihren Kindern zu Hause bleibt:

„Ich habe früher gedacht, ich könnte alles schaffen.

Lässig mein Kind in einem Arm balancieren und mit der anderen ein berufliches Telefonat führen. Dann kamen die Zwillinge. Sie sind unser großes Glück. Ein Junge und ein Mädchen in einem Abwasch sozusagen, das klingt doch praktisch. Aber doppelt stillen, doppelt trösten, doppelt sorgen, noch weniger schlafen – das alles hat bei mir dazu geführt, dass ich mich nach einem Jahr ausgebrannt fühlte. Eigentlich hätte ich da schon wieder in meinem Beruf zurückkehren wollen.

Stattdessen schrieb der Arzt mich vorerst krank. In der Zeit sahen mein Mann und ich uns die Kinderbetreuungsmöglichkeiten in unserer Nähe an. Wir hatten keine hohen Ansprüche an die KiTa, eigentlich war uns nur ein warmer Umgang  mit den Kindern und eine gute Atmosphäre wichtig. Eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen, aber so war es nicht. Zwei KiTas gefielen uns – aber natürlich bekamen wir dort keinen Platz. Während wir überlegten, musste ich plötzlich weinen. Ich begriff, dass ich noch nicht bereit war, die unsere Kleinen für viele Stunden an einem Ort zu lassen, der mir nicht sehr gut gefiel. Und dass mich meine Arbeit eigentlich nie so erfüllt hatte, wie das Zusammensein mit den Kindern.

Da sagte mein Mann zum ersten Mal:

‚Ich habe das Gefühl, du würdest gerne mit den Kindern zu Hause bleiben.‘

Ich antwortete nicht gleich, obwohl mein Herz bei dem Gedanken höher schlug. Aber ich als reine Hausfrau? ‚Mein Gehalt würde doch reichen‘, erklärte er. Das stimmte. Ich habe das Glück, in einer Luxus-Situation zu sein. Mein Mann ist Informatiker. Wir haben eine kleine Wohnung in einem weniger angesagten Stadtteil und stehen weder auf teure Weltreisen noch auf schicke Klamotten. Wir würden es uns leisten können, wenn ich zu Hause bliebe. Ich müsste nicht in überfüllten U-Bahnen zwischen KiTa und Arbeitsplatz hin und her hetzen, am späten Abend die Wäsche waschen und dann fix und fertig vor dem Fernseher eine Dosensuppe verputzen (mein Mann ist manchmal mehrere Tage unter der Woche weg).  Stattdessen könnte ich mit meinen Kindern spielen, mittags gemeinsam etwas Leckeres essen und jeden ihrer kleinen Fortschritte beobachten. Ich zögerte wieder, aber nicht mehr lange.

Es ist gut, an die Rente zu denken.

Nicht alle verstehen meine Entscheidung. ‚Du machst dich doch komplett von ihm abhängig.‘ Damit trafen sie einen wunden Punkt. Ich glaube nicht, dass wir uns jemals trennen, aber Garantien gibt es natürlich keine. Deshalb schlossen wir einen Ehevertrag ab. Darin stand, dass ich mich hauptsächlich um die Kinder kümmere, und er dafür im Fall der Fälle mehr Unterhalt zahlen würde. Damit war mein Job nun die Familie.

Ich habe begriffen: Jede Entscheidung kann die richtige sein.

Das ist jetzt zwei Jahre her, und ich glaube immer noch, dass ich irgendwann wieder arbeiten werde. Aber im Moment ist es genau die richtige Entscheidung für mich, zu Hause zu sein. Anfangs habe ich mich gesorgt, dass mein Mann und ich keine gleichberechtigte Partnerschaft mehr führen würden, aber auch hier hatte ich wahnsinniges Glück. Nach ein paar Gesprächen hat er erkannt, dass auch mein Job knallhart ist, mich aber eben (meistens) glücklich macht.

Es ist ja auch nicht so, als hätte ich alle meine anderen Interessen über Bord geworfen hätte. Ich kann durchaus über andere Themen als über Hausputz und Kindersorgen reden. Und ich sehe ja, wie zerissen sich viele meiner berufstätigen Freundinnen fühlen. Manche von ihnen mussten schnell wieder arbeiten, andere wollten. Bitte versteht mich nicht falsch: Ich weiß, dass sie ihr kein Kind kein Stück weniger lieben und finde, dass auch sie die richtige Entscheidung getroffen haben – für sich! Und ich hoffe natürlich, dass sie meine Entscheidung ebenso akzeptieren.“

Danke, liebe Birte, für deine echte und ehrliche Geschichte. Nun würden wir gerne von euch erfahren: Wie habt ihr entschieden, ob ihr arbeitet oder zu Hause bleibt? Oder hattet ihr gar keine Wahl?

 

Jana Stieler
Ich lebe mit Mann und Sohn im Süden Hamburgs – am Rande der Harburger "Berge" (Süddeutsche mal kurz weghören: Der höchste Punkt misst immerhin sagenhafte 155 Meter ü. M.). Wenn ich nicht gerade einen Text verfasse, liebe ich Outdoor-Abenteuer mit meiner Familie, lange Buch-Badewannen-Sessions mit mir allein und abendliches Serien-Binge-Watching.

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Amparo
Amparo
1 Jahr zuvor

Ich gehöre eigentlich auch zur Fraktion „Lieber für die Kinder und Familie ganzheitlich da sein“. Ich war mit meinem ersten Sohn drei Jahre zu Hause, dann kam meine Tochter. Als sie drei Jahre alt war habe ich 15 h/Woche gearbeitet bis zwei Jahre später die Jüngste zur Welt kam. Seit die Kleine drei Jahre ist arbeite ich 20h/Woche. Es ist trotz des Halbtagsjobs oft stressig und funktioniert momentan nur, weil mein Mann flexibel ist und viel Home Office macht. Ich muss allerdings schon wenigstens halbtags arbeiten, weil wir das Geld brauchen (eigenes Haus) und wir das Risiko einer jobmäßig ungünstigen Veränderung etwas verteilen müssen. Außerdem bin ich schon 42, d.h. wenn ich noch länger zu Hause geblieben wäre, wäre es sehr schwer, später wieder etwas zu finden.

Lisa
Lisa
1 Jahr zuvor

Ich find’s gut. Bin selbst seit 6 Jahren zuhause. Unsere Mädels sind 6 und 3. Klar, manchmal wünscht man sich auch mal wieder was Anderes im Alltag…mehr Erwachsenenleben, bisschen eigenes Geld. Aber eigentlich wird es sofort kompliziert wenn man sich gedanklich damit beschäftigt. Wer betreut wann die Kinder? Wie flexibel ist man wirklich? Was wenn die Kinder krank sind (was gar nicht mal so selten vorkommt)… Alles hat seine Zeit.

Cindy-Melissa
Cindy-Melissa
3 Jahre zuvor

Guten Tag liebes echte Mamas Team.
Ich war 27 als ich die glückliche Nachricht erfuhr, dass ich Schwanger bin. Es hätte jedoch nicht unpassender sein können.
Ich machte in meiner Vergangenheit viele Fehler, die ich zu dem Zeitpunkt gerade am abarbeiten war. Somit war ich mitten in der Ausbildung als ich Schwanger wurde.
Ich hatte richtige Bauchschmerzen, da ich nicht wusste wie ich mein Leben weiterhin in den Griff bekommen sollte. Jedoch verflog dies schnelk, als ich mit meiner Chefin darüber redete. Natürlich war es von der Ausbildung her eine schlechte Zeit aber sie half mir viel, wie zuvor auch und als das alles geklärt war, konnte ich mich so richtig auf meinen größten Wunsch freuen!

Es war geplant die Ausbildung an oberste Stelle zu setzen und nur ein halbes Jahr Auszeit zu nehmen. Jedoch merkte ich schnell, dass ich meinen kleinen Schatz nicht so früh allein lassen kann.

Nun ist mein kleiner Sohn schon 10 Monate alt. Und morgen gehe ich seit seiner Geburt das erste mal wieder zur Schule. Ich möchte mich eigentlich nach wie vor nicht von ihm trennen aber eine Abgeschlossene Ausbildung ist nun mal wichtig, da man nie garantieren kann ob es mit dem Partner ein Lebenlang hält, was ich jedoch stark hoffe.

Eigentlich war geplant, dass ich bis zu seinem ersten Geburtstag bei ihm bleibe und dann weiter arbeiten gehe. Eigentlich sollte er zu einer Tagesmutter, aber da ich keine Hilfe vom Amt bekomme und in der Ausbildung bin, können wir uns das nicht leisten und er hätte in den Kindergarten gemusst.
Bei dem Gedanken wurde mir richtig unwohl, so ein kleines hilfloses Menschlein in den Kindergarten zu schicken, wo er doch nur vernachlässigt wird, da zu viele größere Kinder da sind.
Umso mehr freute ich mich über die bedauerliche Nachricht, dass mein Partner seine Arbeit durch die Corona-Krise verlor.

Nun gehe ich schweren Herzens wenn mein kleiner elf Monate ist wieder arbeiten, um ihm und uns eine Zukunft bieten zu können.
Jedoch weiß ich, dass er bei seinem Vater bis zu seinem dritten Geburtstag in guten Händen ist.

Liebe Grüße Cindy

Mandy
Mandy
3 Jahre zuvor

Danke für diesen schönen Artikel. Ich habe mich vor 2 Monaten dazu entschieden, meinen Job zu kündigen und mich um unsere Kinder und een Haushalt zu kümmern und ich bereue es keine Sekunde! Wir haben 3 Kinder (2,7,9) und ich wollte und konnte mich einfach nicht mehr zwischen Arbeit und Kindern/Haushalt zerreißen. Ich hatte das Gefühl in keinem Bereich wirklich das zu schaffen, was ich mir vorgenommen hatte und dass ich viel zuviel kostbare Zeit mit meinen Kindern verliere.
Seitdem ich nun zuhause bin, bin ich total glücklich und viel ausgeglichener. Ich kann für meine Kinder da sein, so wie ich es mir immer gewünscht habe, mit ihnen Hausaufgaben machen, gemeinsam Essen, einfach da sein. Und langweilig wird mir auch nie, dafür gibt’s Zuhause immer genug zu tun 🙂
Für die Zukunft habe ich schon vorgesorgt und zahle jeden Monat in die freiwillige Rentenversicherung ein und ich habe auch nicht das Gefühl, von meinem Mann „abhängig“ zu sein. Wir haben diese Entscheidung ganz bewusst gemeinsam getroffen.