„Ich verlor mein Baby und fand Mitgefühl, wo ich es nie erwartet hätte.”

Als Anna endlich bereit war für ihr erstes Kind, schien alles perfekt zu passen – bis zur plötzlichen Fehlgeburt in der achten Schwangerschaftswoche. Der Umgang der behandelnden Ärztin ließ sie fassungslos zurück, wie sie in ihrer echten Geschichte erzählt. Trost und Mitgefühl fand sie schließlich dort, wo sie es am wenigsten erwartet hätte: bei zwei Fremden im Rettungswagen.

Nach drei Jahren Ausbildung war es endlich so weit: Der Abschluss meiner Weiterbildung, für den wir unseren Kinderwunsch aufgeschoben hatten, stand kurz bevor. Wir wollten es nun langsam angehen mit der Kinderplanung. Gesagt, getan – nach dem ersten Versuch war ich direkt schwanger. Die Freude war riesengroß, und das Timing schien perfekt. Die praktische Prüfung war überstanden, und zur mündlichen Prüfung sowie zur Abschlussfeier durfte ich bereits schwanger erscheinen.

Leider hatte das Schicksal andere Pläne.

In der achten Woche bekam ich starke Schmerzen und Blutungen. Meine Frauenärztin war nicht da, und ich wurde notfallmäßig zur Vertretung geschickt. Da ich selbst im medizinischen Bereich arbeite, war mir bereits bewusst, dass es sich um eine Fehlgeburt handeln würde. Wir fuhren also – bereits weinend und im Kopf die weiteren Schritte planend (Ausschabung? Wenn ja, in welchem Krankenhaus?) – zur Vertretung.

Im Wartezimmer versuchte ich, mich zusammenzureißen – dort saß auch eine Frau bei ihrem ersten Schwangerschaftstermin. Als wir warteten, kam die Ärztin selbst heraus und beschwerte sich bei der MFA, dass es heute so viele Zugänge gebe und sie versuche, telefonisch irgendwo durchzukommen. Die MFA bot an, für sie in der Warteschleife zu bleiben, und ich dachte mir schon: ‚Toll, bei unserem Glück kommt sie genau dann mit dem Telefon rein, wenn wir dran sind.‘

Nach weiteren 15 Minuten wurden wir aufgerufen.

Wir schilderten die Situation, und es folgte ein Ultraschall. Genau in dem Moment, als sie sagte: ‚Ja, da ist ein Haufen Blut zu sehen‘, kam die MFA mit dem Telefon herein. Der Ultraschall wurde abgebrochen, die Ärztin nahm den Anruf entgegen. Ich lag da, weinend – weil ich wusste, was das bedeutete. Mein Partner stand verwirrt daneben, und irgendwann sagte die Ärztin während des Telefonats: ‚Ach ja, Sie können sich wieder anziehen und hinsetzen.‘

Wir setzten uns also. Irgendwann legte sie auf und sagte: ‚Ja… also, da ist nichts mehr. Das Baby ist tot. Naja, vermutlich auch besser so – der Wert für Ringelröteln war ja erhöht, könnte also das gewesen sein. Oder eine Eileiterschwangerschaft – das wissen wir erst morgen sicher. Dann müssten Sie halt ins Krankenhaus. Wir nehmen Ihnen jetzt noch Blut ab…‘

Wir wurden hinausbegleitet – ich, immer noch weinend, im Arm meines Mannes.

Mein Mann fragte schließlich, ob ich bitte für die Blutabnahme in ein separates Zimmer gebracht werden könne, damit ich nicht weinend unter all den anderen Schwangeren sitzen müsse. Mir wurde Blut abgenommen, und wir durften gehen. Sie würden sich am nächsten Tag melden, ob ich ins Krankenhaus müsse. Mehr Informationen bekamen wir nicht – auch nicht darüber, wie ein ‚natürlicher Abgang‘ ablaufen würde.

(Später habe ich mich bei meiner Frauenärztin über die Vertretung und ihre unempathische Art beschwert. Sie äußerte ihr Bedauern und meinte, das Problem sei bekannt – alle hofften, sie würde bald in Rente gehen.)

Am nächsten Tag wurde ich um 5 Uhr morgens mit höllischen Bauchschmerzen wach.

Ich war mental absolut noch nicht bereit für das, was nun kommen sollte, und schaffte es tatsächlich, nochmal einzuschlafen. Um 7 Uhr waren die Schmerzen nicht mehr auszuhalten. Ich wollte zur Toilette, musste mich aber am Waschbecken festhalten, um nicht umzukippen. Ich wusste, das waren vermutlich Wehen – der Abgang hatte begonnen.

Mir war klar, dass ich ins Krankenhaus musste, aber in diesem Zustand konnte ich kaum gehen, geschweige denn eine einstündige Fahrt überstehen.

Ich kniete vor dem Sofa, mit zwei Wärmekissen, bis der RTW kam.

Als zwei Männer ausstiegen, dachte ich erst: ‚Na toll, die werden das jetzt vermutlich nicht nachvollziehen können.‘ Aber diese Männer behandelten mich so unglaublich fürsorglich. Leider musste ein Notarzt nachalarmiert werden, da ich nach Richtlinie noch als Schwangere galt und sie mir deshalb keine Schmerzmittel geben durften.

Während wir warteten, legten mir die Sanitäter schon eine Nadel, zogen mir Socken an und warteten sogar extra, bis mein Mann die Wärmekissen nochmal erhitzt hatte. Als ich im RTW lag, kam endlich der Notarzt mit dem ersehnten Schmerzmittel. Alle drei betonten immer wieder, wie tapfer ich sei – und dass das bestimmt an meinem Beruf als OP-Schwester liege.

Ich erklärte ihnen, dass ich am Vortag schon genug geweint hatte.

Die Jungs fuhren mich ins Krankenhaus und verabschiedeten sich dort nochmal einzeln – jeder sprach mir Mut zu und sagte, wie leid es ihnen täte. Der ältere der beiden fragte noch scherzhaft, ob ich seinen ‚Socken-Anziehservice‘ weiterempfehlen würde. Sie retteten wirklich meinen Glauben an die Menschlichkeit im Gesundheitssystem.

Mein Körper schaffte den Abgang tatsächlich alleine, und ich durfte das Krankenhaus nach wenigen Stunden wieder verlassen.

Fünf Wochen später konnte ich auf meiner Abschlussfeier verkünden, dass ich wieder schwanger bin.

Heute sitze ich mit meinem fünf Wochen alten Regenbogenbaby da und schicke den Jungs vom RTW eine Dankeskarte.

Ich arbeite seit zehn Jahren in dieser Branche und meine eigene Erfahrung erinnert mich immer wieder daran: Wir haben Menschen vor uns. Menschen mit eigenem Schicksal, mit eigenem Schmerz. Es ist nicht schwer, Empathie zu zeigen – und bedeutet doch so viel.”


Liebe Anna, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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