Wir leben im 21. Jahrhundert. Frauen dürfen wählen, ohne Erlaubnis eines Mannes arbeiten gehen, studieren und sich eine eigene Wohnung suchen und noch vieles mehr. Alles Errungenschaften, die unsere Vorfahrinnen erst hart für uns alle erkämpfen mussten. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass das alles mal anders war; und so lange ist das noch gar nicht her. Zum Glück sind es heute alles Selbstverständlichkeiten.
Aber wehe, frau trennt sich – und behält mit voller Absicht den Nachnamen des Ex, anstatt ihren Mädchennamen wieder anzunehmen. Dann ist aber was los!
Zumindest in meinem Fall nahmen die Fragen und Kommentare dazu einfach kein Ende.
„Damit hältst du doch immer noch einen Fuß in der Tür!”
„Wie kannst du nur?!”
„Aha, hast also mit der Beziehung noch nicht abgeschlossen!”
„Ihr gaukelt eurer Tochter damit heile Welt vor!”
„Du musst lernen loszulassen!”
„An deiner Stelle würde ich den Namen schnellstmöglich ablegen wollen!”
„Was soll denn dein neuer Partner dazu sagen?”
Zusammengefasst: Mein Umfeld kam so mäßig gut mit meiner Entscheidung klar, den Familiennamen zu behalten und war selbstverständlich der Meinung, ich müsse mich dafür rechtfertigen.
Schließlich wich ich damit von der Norm ab!
Generell war unsere Trennung und unser freundschaftliches Verhältnis den meisten Menschen suspekt. Als vernünftige Getrennte hatten wir gefälligst einen Rosenkrieg zu führen, uns bis aufs Messer zu bekriegen und uns in sämtlichen Punkten uneinig zu sein – so, wie der Rest der Welt es offenbar handhabte. So, wie es offenbar als „normal” galt.
Und dann hatte ich natürlich auch sofort den angenommenen Nachnamen zu entsorgen, aber zackig.
Dass ich gar nicht daran dachte – verdächtig.
Dass mein Ex und ich tatsächlich noch gut miteinander auskamen – noch verdächtiger.
Dass uns die Meinung und der Ratschlag des Anderen sogar noch sehr wichtig waren – am allerverdächtigsten.
Misstrauisch wurden wir von allen Seiten beäugt: Das konnte doch nur bedeuten, dass wir in Wirklichkeit nicht voneinander loskamen. Sowas Harmonisches konnte es doch gar nicht geben! Zackbumm, Urteil gefällt. Aber – I’ve got news for you.
No shit, Sherlock: Man kann sich auch trennen UND gute Freunde bleiben.
Magic, verrückt, ich weiß, aber tatsächlich, es geht! Ja, es ist streckenweise harte Arbeit, aber nicht unmöglich. Wenn man es schafft, dann findet man es vielleicht gar nicht so furchtbar, den Familiennamen weiterzutragen. Warum auch – ich verbinde schließlich auch sehr schöne Zeiten damit.
Immerhin habe ich den Namensgeber mal sehr geliebt und ziemlich viel mit ihm gemeistert. Er hat mir die weltbeste Tochter geschenkt. Dass es trotzdem irgendwann nicht mehr funktioniert hat zwischen uns, das kommt eben vor.
Weshalb also sollte ich seinen Nachnamen wie eine heiße Kartoffel von mir werfen?
Es gab viele, gute Gründe, die dafür sprachen, den Namen zu behalten, zum Beispiel:
- Es war mir wichtig, so zu heißen wie meine Tochter. Sie musste durch die Trennung schon genug durchmachen. Ich wollte ihr unter anderem damit zeigen, dass wir eine Familie bleiben, auch, wenn Mama und Papa nicht mehr zusammen sind und nicht mehr unter einem Dach leben.
- Ich hing nicht so sehr an meinem Mädchennamen, dass ich ihn unbedingt sofort wiederhaben wollte.
- Ich fühlte mich meiner gleichnamigen Schwiegerfamilie trotz allem noch verbunden. Manche legen den Namen allein wegen der buckeligen Verwandtschaft mit Genugtuung nach der Trennung ab, bei mir war das nicht so.
- Last but not least: die Bürokratie.
All diese triftigen Gründe leierte ich dann immer gebetsmühlenartig runter, wenn mir mal wieder so ein übergriffiger Kommentar zu meiner Nachnamen-Situation an den Kopf geworfen wurde. Bis ich es irgendwann satt hatte und kapierte: Ich muss mich überhaupt nicht rechtfertigen.
Gar nix muss ich.
Seitdem dieser Groschen irgendwann mit lautem Rums gefallen ist, antworte ich in solchen Momenten einfach gar nicht mehr, sondern stelle unangenehme Gegenfragen à la: „Wie kommst du darauf, dass ich nicht loslassen kann. Nur, weil ich den Nachnamen nicht ablege?” In der Regel merken zumindest die halbwegs Intelligenzbegabten unter den Fragestellern dann, wie hohl eine solch simple Schlussfolgerung eigentlich ist.
Wenn es sich um Personen handelt, die mir eigentlich gar nicht nahe genug stehen, um hinsichtlich solch intimer Details meines Privatlebens Auskunft einfordern zu können, dann sage ich auch einfach ganz direkt, dass es sie rein gar nichts angeht. Da bin ich radikal deutlich geworden.
Und es ist mir egal, wenn mein Gegenüber sich dann heimlich freut und denkt: ‚Ah, voll ins Schwarze getroffen, getroffene Hunde bellen…‘ und dies das Ananas. Meinetwegen.
Vielleicht mache ich noch was ganz Verrücktes.
Und suche mir einen ganz neuen Namen aus, einfach nur, um mein Umfeld zu ärgern. Vielleicht lege ich mir einfach einen völlig abgefahrenen Künstlernamen zu oder sowas. Ein bisschen Anarchie schadet nie.
Aber wie traurig eigentlich, dass eine solche Entscheidung, die ich doch eigentlich völlig frei treffen können sollte, heutzutage noch auf so viel Unmut und Unverständnis trifft.
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