„Warum mir die Einzelkind-Sprüche der anderen Eltern besonders wehtun”

Sam Temsah-Deniskin hat als Mutter einer kleinen Tochter immer wieder das gleiche Erlebnis mit anderen Eltern. Im Laufe des Smalltalks kommt irgendwann der Punkt, an dem die anderen abwertende Kommentare darüber fallen lassen, dass ihr Kind ein Einzelkind ist.

Auf scarymommy.com beschreibt Sam eine solche Situation auf dem Kinderspielplatz: Ihre dreijährige Tochter spielt mit einem kleinen Jungen, den sie gerade kennengelernt hat. Doch irgendwann gibt es eine Auseinandersetzung zwischen den Kindern: „Der andere Junge wirft einen Stein nach meiner Tochter, schreit und sagt, dass er nicht mehr mit ihr spielen will. Ich weiß, das ist ein typisches Verhalten in dem Alter.”

Sams kleine Tochter sucht den Blickkontakt zu ihrer Mutter, ein paar Tränchen laufen schon. Sam versichert ihr, dass sie nichts falsch gemacht habe. „Ich setze schnell ein Lächeln auf und sage, dass andere Kinder manchmal eben nicht spielen wollen. Dass es trotzdem toll war, dass sie auf den kleinen Jungen zugegangen ist.”

Soweit eine ganz normale Szene auf einem Spielplatz.

Doch dann folgt ein Satz der anderen Mutter, der sich für Sam anfühlt wie ein Stich ins Herz: „Na ja, sie ist bestimmt ein Einzelkind, so sensibel wie sie ist.” Für die Einzelkind-Mama ist das total unangebracht: „Sie sagte es in einem überlegenen Ton. So, als ob die Sensibilität meiner Tochter etwas Negatives wäre. So, als hätte der Säugling auf ihrem Arm ihrem Dreijährigen plötzlich unvorstellbare Weisheit verliehen.”

Als Sam sich mit ihrer Tochter auf dem Arm verärgert abwendet, sieht sie aus den Augenwinkeln noch, wie die andere Mutter in sich hinein grinst. Für Sam sind solche Gespräche rücksichtslos und verletzend.

„Erstens weißt du nie, warum das Kind ein Einzelkind ist. So leichtfertig eine solche Aussage zu treffen, zeigt mir, dass du in deinem Leben offenbar noch nie eine Tragödie erlebt hast. Ansonsten würdest du zweimal überlegen, bevor du sowas sagst. Was ist, wenn ich eine Fehlgeburt hatte, eines meiner Kinder gestorben ist? Was ist, wenn ich eigentlich nie Mutter sein wollte, es aber durch die Umstände doch dazu gekommen ist?”

Denn bei Sam steckt tatsächlich keine freie Entscheidung dahinter, dass ihre Tochter Einzelkind ist – und bleiben wird.

„In meinem Fall sind 10 Jahre Kampf mit meiner Fruchtbarkeit der Grund. Der Himmel und zehntausende Euros für schmerzhafte Behandlungen und Operationen haben mir irgendwann diesen süßen Engel geschenkt. Unfruchtbarkeit ist die Tragödie meines Lebens, auch wenn sie bei mir auf wundersame Weise mit einem Kind endete.”

Der unverblümte Einzelkind-Kommentar weckt bei ihr schmerzhafte Erinnerungen. Denn noch mal ein Kind zu bekommen, das ist für Sam nicht nur extrem unwahrscheinlich, sondern sogar körperlich und finanziell gar nicht möglich. Dabei hatte sie eigentlich immer davon geträumt, viele Kinder zu haben.

Doch es gibt noch einen weiteren, wichtigen Grund, weshalb sie solche Kommentare furchtbar findet:

Sam hat Angst, dass sie ihrer Tochter irgendwann ein schlechtes Gefühl vermitteln, weil sie „nur” Einzelkind ist oder ein „typisches Einzelkind”. „Der unsensible Kommentar wertet die berechtigten Gefühle meiner Tochter ab. Sie ist zwar noch klein, aber der herablassende Ton macht auch ihr deutlich, dass der nicht nett gemeint war.”

Für die Mama stellt sich die Frage, wieso es überhaupt so negativ bewertet wird, dass ihre Tochter sensibel ist: „Wie wäre es, stattdessen zu erkennen, dass sie eine emotionale Intelligenz hat, die über ihr Alter hinausgeht? Oder vielleicht, anstatt sich selbst auf die Schulter zu klopfen, weil man sich mehr als einmal fortpflanzen kann, diesen Moment zu nutzen, um seinem Sohn beizubringen, dass es nicht schön ist, mit Steinen auf Menschen zu werfen?”

Sam bittet andere Eltern deswegen, ihre Familie und die Gefühle der Tochter nicht herabzusetzen.

„Macht es jemanden zu einer schlechteren Person, nur weil man keine Geschwister hat? Sind wir nicht eine perfekte, glückliche Familie, so wie wir sind?

Sam ist schmerzlich bewusst, dass sie und auch die anderen Eltern sich glücklich schätzen können, dass sie überhaupt Kinder haben, die man auf den Spielplatz begleitet. Sie möchte sich das durch solche Kommentare nicht kaputtmachen lassen.

Außerdem hat sie noch eine Bitte an alle Eltern:

„Ihr solltet erkennen, dass auch Worte verletzen können, wenn sie gedankenlos ausgesprochen werden. Meiner Dreijährigen bringe ich das bereits bei und auch Erwachsene sollten es beherzigen.” Abschließend steht für die Einzelkind-Mama deswegen fest: „Ja, meine Tochter ist ein Einzelkind – und ist sie nicht wunderbar?!

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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