Kennt ihr das auch? Kaum ist das erste Kind da, schon werden die Fragen zum Geschwisterchen laut. Dabei seid ihr selbst euch noch gar nicht sicher, ob ihr überhaupt noch mehr Kinder haben möchtet. Aber scheinbar fühlen sich viele Menschen dazu verpflichtet, gut gemeinte Ratschläge zur Familienplanung beizusteuern, ob man die nun hören möchte oder nicht. Aus meiner Erfahrung als Einzelkind kann ich sagen: irgendwann nervt’s! Welche Sprüche man sich gegenüber Eltern von Einzelkindern verkneifen sollte, habe ich hier für euch mal gesammelt.
Ich bin als Einzelkind aufgewachsen
Meine Tochter war gerade ein paar Wochen alt, als ich die Frage nach einem Geschwisterchen zum ersten Mal gehört habe. Und ehrlich gesagt hatte ich noch keinen Gedanken daran verschwendet, weil ich mit Baby Nummer eins gut beschäftigt war. Dazu kommt, dass ich selbst als Einzelkind aufgewachsen bin. Wie übrigens 26 % aller Kinder in Deutschland. Und auch, wenn ich mir manchmal Geschwister gewünscht habe, hatte ich auch „allein“ eine schöne und glückliche Kindheit.
Trotzdem kenne ich natürlich die Vorurteile gegenüber Einzelkindern, die noch in vielen Köpfen vorhanden sind. Und auch die Fragen und Ratschläge, die Eltern häufig zu hören bekommen, wenn sie „nur“ ein Kind haben. Ich bin mir sicher, dass vieles davon gut gemeint ist. Aber dennoch sind einige Sätze einfach nicht angebracht – und zwar diese hier:
1. „Wann kommt denn Nummer Zwei?“
Wie gesagt habe ich diese Frage einige Wochen nach der Geburt meiner Tochter zum ersten Mal gehört – und dabei ist es nicht geblieben. Alternativ hießen die Fragen „Ihr wollt doch aber noch ein Kind, oder?“ bzw. „Es bleibt doch aber nicht bei dem einen, oder?“ Zum Glück konnten wir darüber schmunzeln, aber das ist leider nicht bei allen Eltern so. Oder wisst ihr, hinter welcher Geschichte vielleicht ein unerfüllter Kinderwunsch steckt? Eine Fehlgeburt oder gesundheitliche, psychische oder auch finanzielle Probleme? Die Frage nach dem zweiten Kind ist wirklich sehr persönlich. Und ehrlich gesagt geht die Antwort ja auch niemanden etwas an.
2. „Dein Kind muss doch furchtbar einsam sein!“
Ob ich als Kind oft allein war? Manchmal. Ob ich mich dabei einsam gefühlt habe? Ganz klar: Nein. Natürlich habe ich mich manchmal allein beschäftigt. Aber wann immer mir nach Gesellschaft war, habe ich mich mit Freunden getroffen, war beim Sport oder auch mal bei meiner Oma. Meine Eltern haben mich fast überall mit hingenommen, als ich klein war. Ehrlich gesagt glaube ich, dass es Einzelkinder in diesem Punkt sogar einfacher haben. Denn wir lernen von Anfang an, uns auch mal selbst zu beschäftigen. Wir haben sozusagen Erfahrung damit, manchmal auch allein zu sein. Deshalb fühlen wir uns später auch seltener einsam.
3. „Er/sie soll doch nicht zu so einem verwöhnten Erwachsenen werden, oder?“
Ganz ehrlich: Das ist wohl das größte und hartnäckigste Klischee, mit dem sich Einzelkinder und ihre Eltern herumschlagen müssen. Und genau, weil Eltern das Vorurteil kennen, und es sich immer wieder anhören müssen – könnt ihr sicher sein, das sie sehr genau darauf achten, ihre Kinder eben nicht „zu sehr“ zu verwöhnen. Ich kann aus Erfahrung sagen, ja, ich hatte immer die volle Aufmerksamkeit meiner Eltern. Und ja, ich musste nichts mit meinen (nicht vorhandenen) Geschwistern teilen.
Trotzdem habe ich nicht alles hinterhergeworfen bekommen. Ich habe schon früh gejobbt, für Dinge gespart, die ich mir kaufen wollte, und ich konnte auch schon immer gut teilen. Häufig übrigens besser als manche meiner Freundinnen, die Geschwister hatten. Davon abgesehen gibt es verschiedene Studien, die beweisen, dass die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern sich positiv auf das Selbstvertrauen eines Kindes auswirkt, und sogar positiven Einfluss auf die Intelligenz hat. Auch nicht das Schlechteste, oder was meint ihr?
4. „Dein Kind wirkt gar nicht wie ein typisches Einzelkind!“
Ach, wie oft habe ich diesen Spruch gehört. „Was, du bist ein Einzelkind? Hätte ich jetzt gar nicht gedacht!“ Klingt auf den ersten Blick wie ein Kompliment und ist wohl in den meisten Fällen auch so gedacht. Richtig freuen konnte ich mich darüber trotzdem nie. Denn auf der anderen Seite spiegelt es doch nur alle sinnbefreiten Klischees gegenüber Einzelkindern wieder. Die große Überraschung, dass man ja gar nicht so verwöhnt ist, teilen kann und vielleicht sogar unglaublicherweise Empathie und soziale Kompetenz besitzt. Wow! Bitte denkt doch daran, dass jedes Kind seine egoistischen und verzogenen Phasen hat und Fehler macht, aus denen es lernt – ganz egal, ob mit Geschwistern oder ohne.
5. „Ach, darum ist dein Kind so schüchtern!“
Um es gleich einmal klarzustellen: Schüchtern oder eher introvertiert zu sein, ist kein Fehler und auch kein „Mangel“. Das Klischee des schüchternen, in sich gekehrten Einzelkindes hält sich so hartnäckig, dass man fast selbst daran glauben könnte. Denn ja, in manchen Situationen bin ich selbst auch wirklich schüchtern. Dann hat meine Freundin ein Kind bekommen – ihr einziges. Und dieses kleine Mädchen ist das absolute Gegenteil von „schüchtern“. Sie ist offen, selbstbewusst, grüßt jeden, spricht schnell mit Menschen und kann andere unglaublich mitreißen. Kurz gesagt: Sie ist der beste Beweis dafür, dass Schüchternheit nichts damit zu tun hat, ob man Geschwister hat oder nicht.
6. „Wenn du alt bist, hat dein Kind niemanden, der sich gemeinsam mit ihm um dich kümmert.“
Das ist tatsächlich ein Gedanke, den ich nachvollziehen kann. Als meine Eltern krank wurden, hätte ich mir tatsächlich jemanden gewünscht, mit dem ich das alles teilen kann. Trotzdem kenne ich auch viele Fälle, in denen zwar Geschwister da sind, die sich aber trotzdem nicht kümmern. Es ist also nicht gesagt, dass mehrere Kinder eine Garantie dafür sind, dass sich später die Pflege der Eltern geteilt wird. Abgesehen davon kann niemand vorhersagen, was die Zukunft bringt. Deshalb ist es absolut unnötig, jemandem deshalb ein schlechtes Gewissen einzureden,
7. „Hach, muss das einfach sein mit nur einem Kind!“
Natürlich müssen Eltern von Einzelkindern nicht all die Geschwisterkämpfe schlichten. Sie müssen nervigen Papierkram wie Kita- oder Schulanmeldung nicht mehrfach ausfüllen und auch nicht doppelt so lange Windeln wechseln. Auch die Einschlafbegleitung gestaltet sich mit einem Kind deutlich einfacher.
Aber ganz ehrlich: Viele Eltern entscheiden sich ganz bewusst dafür, „nur“ ein Kind zu bekommen, weil sie damit schon gut ausgelastet sind. Deshalb ist es absolut unnötig, bei ihnen über den Stress mit mehreren Kindern zu jammern. Schließlich kann jeder frei entscheiden, ob er ein zweites, drittes, … Kind möchte oder eben nicht.
8. „Ein Kind ist kein Kind!
Geht’s noch? Die (noch) schlimmere Variante ist übrigens: „Du bist keine richtige Mutter, so lange du nur ein Kind hast“. Wie unverschämt kann man bitte sein? Und wie verletzend? Was bin ich denn dann, wenn ich ein Einzelkind habe – die nette Tante von nebenan? Mit einem Kind haben Eltern den gleichen Job zu erledigen wie Paare, die mehrere Kinder haben. Sie müssen ihr Kind beschützen, umsorgen, großziehen und auf das Leben vorbereiten. Sie haben die gleichen Ängste und Sorgen – und fühlen die gleiche, unendlich große Liebe zu ihrem Kind.
9. „Nur ein Kind zu bekommen, ist wirklich egoistisch!“
Den Satz musste sich eine Freundin von mir tatsächlich anhören. Sie hat ihr erstes Kind mit 37 bekommen und wollte danach einfach kein Risiko mehr eingehen. Was soll daran bitte egoistisch sein? Dass man nicht seine Gesundheit aufs Spiel setzt, weil man für sein Kind da sein möchte? Dass man keine medizinischen Risiken eingeht, nur, um die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen? Oder dass man sich vielleicht schlichtweg zu alt fühlt, um ein zweites Kleinkind zu betreuen – und das ehrlich zugibt? Bei manchen Sprüchen kann man wirklich nur noch den Kopf schütteln.
10. „Was ist, wenn sie keine Kinder bekommen möchte – dann kannst du ja nie Oma werden!“
Ganz ehrlich, ja, natürlich würde ich irgendwann gern meine Enkel im Arm halten. Und vermutlich wäre ich auch etwas traurig, wenn das nicht zustande kommt. Aber Es ist ja auch kein Weltuntergang! Und abgesehen davon kann es mir mit meinen inzwischen zwei Kindern genauso passieren wie Eltern eines Einzelkindes. So viele Paare entscheiden sich bewusst dafür, keine Kinder zu bekommen. Mir ist es am wichtigsten, dass meine Kinder glücklich sind und ihre eigenen Entscheidungen unabhängig davon treffen, ob ich gern Oma werden möchte oder nicht. Deshalb werde ich den beiden auch klar und deutlich sagen, dass es allein ihre Entscheidung ist, ob sie Kinder möchten oder nicht, und wenn ja, wie viele. Und dass sie sich bitte von niemandem beeinflussen lassen sollen – schon gar nicht von solchen überflüssigen Kommentaren.
11. „Dein Kind braucht ein Geschwisterchen!“
Ich liebe meine Kinder wirklich sehr. Trotzdem bekommen sie nicht alles, was sie sich wünschen. Das war übrigens auch schon so, als meine Tochter noch ein Einzelkind war. Schließlich soll man ja gerade die nicht zu sehr verwöhnen, oder? Aber im Ernst: Es kann doch niemand ernsthaft erwarten, dass man ein zweites Kind bekommt, nur damit das erste jemanden zum Spielen hat? Abgesehen davon verstehen sich längst nicht alle Geschwister gut. Ich kenne auch viele Beispiele, in denen es nur Streit gibt, oder die beiden gar nicht viel miteinander zu tun haben (wollen). Und wenn meine Tochter mit anderen Kindern spielen wollte, haben wir uns eben verabredet. Dafür muss man ja nicht zwangsweise ein zweites Kind bekommen.
Wie sieht es denn bei euch aus: Habt ihr ein Kind oder mehrere? Kennt ihr auch die Vorurteile gegenüber Einzelkindern oder musstet euch vielleicht auch schon kluge Ratschläge anhören? Erzählt doch mal!
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