„Warum fällt es mir so schwer, das Kind meines Mannes zu akzeptieren?”

„Als ich meinen Mann kennenlernte, war er bereits Vater einer kleinen Tochter. Für mich ist es schwer, liebevolle Gefühle für sie zu entwickeln. Ich schäme mich dafür schrecklich, aber manchmal frage ich mich, ob unser Leben nicht einfacher wäre, wenn es sie nicht geben würde.

Als ich die Kleine kennenlernte, war sie gerade anderthalb und wirklich zuckersüß.

Ich bin sofort dahin geschmolzen, als sie mich mit ihren großen blauen Augen ansah – und war mir sicher: Dieses Kind werde ich in mein Herz schließen und es niemals spüren lassen, dass es nicht mein eigenes ist. Schließlich war ich schon immer ein Familienmensch und habe mir eine große Familie gewünscht.

Das war vor ungefähr vier Jahren und in der Zwischenzeit ist viel passiert.

Es fing an, schwierig zu werden, als wir heiraten wollten. Ich träumte von einer riesigen Hochzeit, wollte am liebsten jeden Menschen an unserem Glück teilhaben lassen, aber mein Mann ließ diesen Traum schnell platzen. Das können wir uns nicht leisten, erklärte er mir. Schließlich muss er jeden Monat Unterhalt für seine Tochter zahlen. Mir war vorher gar nicht bewusst, wie viel Geld das ist.

Bitte versteht mich nicht falsch, es ist richtig, dass er Unterhalt für sein Kind zahlt.

Und trotzdem: Als die Kleine wenige Tage später ein komplett neu eingerichtetes Kinderzimmer bekam, musste ich mich sehr zusammenreißen, um nicht an meine geplatzte Traumhochzeit zu denken. Ich wollte auf keinen Fall neidisch auf ein kleines, unschuldiges Mädchen sein, aber trotzdem spürte ich einen Stich.

Dann wurde ich schwanger, lange hatten wir uns ein gemeinsames Baby gewünscht. Doch als ich meinem Mann den Schwangerschaftstest hinlegte, drängten sich mir die unschönen Gedanken auf. Hatte er sich bei seinem ersten Kind noch mehr gefreut? Hatte seine Exfreundin ihm damals mit der gleichen Geste verkündet, dass sie schwanger sind?

Es macht natürlich keinen Sinn, sich zu vergleichen.

Doch obwohl mir das vom Verstand her bewusst war, haben mich solche Gedanken während meiner Schwangerschaft immer wieder eingeholt. Meistens dann, wenn die Tochter meines Mannes zu Besuch war.

Dann wurde unser gemeinsamer Sohn geboren und ich spürte plötzlich diese intensive Liebe zu ihm, die ich mit nichts auf der Welt vergleichen kann. In den ersten Wochen nach der Geburt war ich sehr eigen mit ihm. Ich wollte nicht, dass jemand anderes ihn anfasst. Prompt hatten wir den ersten schlimmen Streit, denn mein Mann wollte unbedingt, dass seine Tochter ihr kleines Brüderchen gleich halten darf. Ich fühlte mich wie die böse Stiefmutter.

Seitdem wir unseren Sohn haben, ist unser Alltag natürlich viel fremdbestimmter als vorher.

Was da erschwerend hinzukommt, sind die Termine der Tochter meines Mannes, die wir berücksichtigen müssen, wenn sie bei uns ist. Mein Mann möchte außerdem für seine Große da sein. Das schätze ich zwar an ihm, aber andererseits bedeutet das auch, dass er sich am Wochenende ab und zu aus unserem Familienleben ausklinkt und nur Dinge mit seiner Tochter unternimmt.

Ich glaube, er hat ein schlechtes Gewissen, weil er ihr nicht das alltägliche Familienleben bieten kann, dass er mit uns erlebt. Trotzdem fühle ich mich am Wochenende oft zurückgesetzt, wenn er keine Zeit für unsere Familie hat und stattdessen Dinge mit seiner Tochter unternimmt.

Ich weiß, dass ich seine Tochter als Teil unserer Familie akzeptieren sollte.

Allerdings sagt sich das so leicht. Ich hätte selbst nie gedacht, dass es so schwer für mich sein würde, sein Kind anzunehmen. Doch wenn ich gestresst bin und mir alles zu viel wird, dann ist das Gefühl immer da, dass es leichter wäre, wenn mein Mann noch keine Kinder gehabt hätte.  

Meine Bonus-Tochter ist ein lauter und fordernder Mensch, ganz im Gegensatz zu mir. Manchmal finde ich ihre lautstarke Art angenehm, dann lasse ich sie plaudern und mich von ihrer Fröhlichkeit anstecken. Doch ihre häufigen Wutanfälle bringen mich an meine Grenzen. Dann denke ich: ‚Warum muss ich mir das antun, ich habe schon genug mit meinem eigenen Kind zu tun.‘

Mein Sohn ist mittlerweile zwei und braucht gerade sehr viel Aufmerksamkeit von mir.

Wie soll das nur werden, wenn wir noch ein weiteres Kind haben? Kann ich dann in solchen Extremsituationen noch die Ruhe bewahren? Wir versuchen nämlich gerade wieder, schwanger zu werden. Eigentlich wollte ich immer drei eigene Kinder. Genauso wie mein Mann, nur, dass das bedeutet, dass sein Kinderwunsch nach einem weiteren Kind abgeschlossen ist. Mein Wunsch nach einem dritten Kind wird wohl unerfüllt bleiben.

Als ich versucht habe, mit ihm darüber zu sprechen, hat er mir deutlich gemacht, dass wir uns kein drittes gemeinsames Kind leisten können. Schließlich müssten wir dann umziehen, andernfalls hätten wir nicht mehr genug Platz für seine Große. Sie ist zwar nur jedes zweite Wochenende über Nacht bei uns, aber ihm ist es trotzdem wichtig, dass sie ihr eigenes Zimmer bei uns hat.

In gewisser Weise werde ich dann ja auch ich drei Kinder haben: Zwei eigene und ein Bonus-Kind.

Trotzdem ist das für mich nicht das gleiche, was mein Mann aber nicht versteht.

Noch habe ich die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass er seine Meinung irgendwann ändert. Irgendwie schafft man es doch immer, noch Platz und Geld für ein weiteres Baby aufzubringen, wenn man es wirklich will. Aber das ist nur eine vage Hoffnung.

Mir ist bewusst, dass die Tochter meines Mannes keine Schuld trifft. Sie hat ein Recht auf einen Vater, der sich kümmert und Platz für sie in seinem Leben macht. Aber es ist schwer für mich, zu akzeptieren, dass es dadurch weniger Platz für mich und meine Kinder gibt.”


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank für deine Geschichte. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Ulla
Ulla
1 Monat zuvor

Hallo Lena,
ich kann dich ganz gut verstehen. Mein Mann hat auch einen Sohn aus 1. Ehe. Als er 6 Jahre alt war habe ich unseren gemeinsamen 1. Sohn zur Welt gebracht und schon 1,5 Jahre danach kam schon der zweite Sohn zur Welt.

Seinen Sohn lernte ich kennen als er 4 Jahre alt war und verstand mich auch gut mit ihm. Als ich dann mit 22 Jahren Mutter wurde und gleich danach nochmal ungeplant schwanger wurde war ich so im Stress mit beiden Kinder dass mir die Wochenenden mit seinem Sohn plötzlich auch zuviel wurden, es war von allem zu viel.

Die beiden Kleinen schliefen nachts schlecht und ich mußte im 2 Std.Takt nachts aufstehen und meine eigenen Kinder versorgen und dann kam auch noch am Wochenende sein Sohn .
Dazu kam noch, dass mein Mann beruflich auch oft über Nacht weg war. Ich war schlichtweg mit der Situation überfordert.

Unser Umfeld unterstützte nur meinen Mann mit Sohn, ich war ja zuhause den ganzen Tag nach Meinung der Großmutter und anderen Verwandten und da ist es doch ein leichtes mit 2 Kindern klarzukommen. Unterstützung habe ich KEINE bekommen.

Mir ging es gesundheitlich nicht gut, hatte öfter mit Migräne zu kämpfen an meinen Tagen und zudem extremen Blutverlust sodass noch eine Anämie dazukam.

Ich selbst habe öfter gesagt, dass ich nicht mehr kann das hat keiner verstanden. Nun gut ich hab mich zusammengerissen und irgendwie ging es auch mehr oder weniger gut. Aber es entstand auch in mir eine große Wut auf die Gesamtsituation.
Zudem wird man als „Stiefmutter, oder Bonusmutter“ von der Verwandtschaft ständig beäugt und kontrolliert sowie komentiert
zu allem was man tut. Man macht bei dem Stiefkind von vorneherein immer alles falsch.
Dadurch entsteht leider auch ungewollt oft ein Hass über die gesamte Situation und man bekommt einen Groll über die zusätzliche Belastung am Wochenende wo man doch selbst so dringend Hilfe benötigen würde und Entlastung anstatt kommt noch „Belastung“ dazu.
Und nein bevor man keine eigene Kinder hat kann man diese Situation überhaupt nicht nachvollziehen, da man bevor eigene Kinder da sind sich diesen workload nicht vorstellen kann. Übermüdung, Überlastung und eben von allem zuviel…….

Wie du siehst kann ich dich sehr gut verstehen, da ich in einer ähnlichen Lage bin.

Und ja auch ich beginne mein Bonuskind zu hassen ohne dass ich es will, es ist für mich eine zusätzliche Belastung.

Shana
Shana
2 Jahre zuvor

Liebe Lena, Gott kennt deine Situation und er allein versteht dich, er kennt dein Herz und deine Gedanken.
Ich möchte dich ermutigen nichts aus eigener Kraft zu tun, lade den Herrn Jesus Christus in deinem Leben ein und lass dein Herz und dein Denken erneuern. Denn denen die auf ihn vertrauen Dienen alle Dinge zum besten, deine Situation scheint schwierig aber der herr wird etwas vollkommen wunderbares draus entstehen lassen. Du darfst jede Last und jede Angst bei ihm ablegen, er sorgt für dich. Da wo du dein Herz unbewusst verschlossen hast vor dem Mädchen, wird er es dir zeigen und er wird dir vergeben und dein Herz wieder öffnen. Er macht alles neu und schenkt dir eine ganz neue Sichtweise über dein Leben. Seine Gnade wird dich befähigen deine Aufgaben voller Liebe und Freude auszuführen. Der Herr wird auch die Eifersucht weg nehmen und dir Frieden geben, denn er wird dir deinen Wert in ihm offenbaren. Seid gesegnet, du und dein Haus.