Kuschel-Alltag und besseres Sexleben als Vollzeit-Mama? – Bitte was?!

Auf so vielen Ebenen falsch: „Die verwandelte Ehefrau“ Lori Alexander ist eine US-Bloggerin, die gerade mit einem Chart über Mutterschaft von sich reden machte. Die konservative Christin schafft es darin nämlich, sowohl berufstätige Mütter als auch Stay-At-Home-Mums zu beleidigen.

Das Ganze sieht so aus:

Kurz übersetzt und unterm Strich: Das Leben von Frauen, die arbeiten, „fällt auseinander“, während Hausfrauen immer gut gelaunt und nie gestresst sind (und ein besseres Sex-Leben haben!).

Es ist also nicht verwunderlich, dass Frauen und Männer auf der ganzen Welt diese Grafik teilen und mit spöttischen und wütenden Kommentaren versehen.

Da wäre zunächst mal die Prämisse, dass Frauen, die arbeiten, den ganzen Tag nicht zuhause sind. Das ist insofern falsch, weil es auch Frauen gibt, die im Home-Office arbeiten. Außerdem ist es falsch, dass Hausfrauen den ganzen Tag zuhause sind. Auch Hausfrauen dürfen nämlich ein Leben außerhalb ihrer vier Wände haben, dürfen sich mit Freunden treffen und müssen Termine wahrnehmen. Es gibt wohl in Wirklichkeit keine Hausfrau, die den ganzen lieben langen Tag nur zuhause ist.

Während nun die berufstätige Mutter „erschöpft nach Hause kommt“, ist die Hausfrau nicht erschöpft. Laut Lori Alexander liegt das daran, dass sie sich ausruht, wenn ihre Kinder schlafen. Blödsinn ist wohl beides.

Eine Frau, die arbeiten geht, gewinnt dadurch Selbstvertrauen und Stärke, ist in der Lage, sich und ihre Familie unabhängig zu vorsorgen. Oft tankt sie bei der Arbeit Kraft für die Stunden mit den Kindern, die, wie wir alle wissen, machmal sehr anstrengend sein können. Die Zeit, die man getrennt von seinen Kindern verbringt, sorgt außerdem dafür, dass man die Gelegenheit hat, sich auf sie zu freuen.

Entscheidet sich eine Mutter dafür, Hausfrau zu sein, so gebührt ihr ebenso großer Respekt. Dass sie immer ausgeruht und frisch ist, ist ein Mythos. Den ganzen Tag die Kinder zu hüten und den Haushalt zu schmeißen ist Knochenarbeit! Sich auszuruhen, wenn die Kinder schlafen, das funktioniert vielleicht bei einem Kind ab und zu. Hat man zwei Kinder, wird es schon bedeutend schwieriger bis hin zu unmöglich.

Der nächste Punkt von Lori Alexander entbehrt ebenfalls jeder Grundlage: „Abendessen ist normalerweise Fast Food oder aus der Mikrowelle“, behauptet sie, natürlich auf die Working-Mums bezogen.

Außerdem sollen sie keine Zeit mit ihren Kindern verbringen, lediglich eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen. Die Hausfrau allerdings „liest den Kindern den ganzen Tag vor, spielt Spiele, maßregelt und lehrt von Jesus.“ Es stimmt natürlich, dass Mütter, die nicht arbeiten, mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen. Dass sie diese aber dazu nutzen, nur zu kuscheln, spielen und vorzulesen, ist Quatsch.

Es gibt dazu eine schöne Liste, mit den Aufgaben, die eine Mutter zuhause tagtäglich erledigt. Und die ist ganz schön umfangreich! Dass Kinder den ganzen Tag lieb und artig sind und von sich aus nur mit Mama spielen und vorgelesen bekommen wollen, ist ebenfalls Quatsch. Zornanfälle und wütendes Geschrei, das kommt in allen Familien vor, Lori Alexanders‘ heile Welt in keiner einzigen. Zornanfälle und wütendes Geschrei, davon können die arbeitenden Mütter übrigens genauso ein Lied singen….

Kommen wir nun zur vorletzten Behauptung der katholischen Bloggerin, bevor wir zum haarsträubenden Finale übergehen. „Wochenende = das Haus putzen und einkaufen“ vs. „Wochenenden am Strand/im Park“.

Jede Vollzeit-Mami kennt das natürlich: Am Freitag werden die Sachen gepackt und das ganze Wochenende hängt man gut gelaunt mit gut gelaunten Kindern auf dem Spielplatz oder am Meer oder See rum, erholt sich total, während zuhause ein blitzeblank geputztes Haus auf einen wartet. Ihr lieben Vollzeit-Mamis: Wann lief euer Wochenende zuletzt so ab? Könnt ihr euch noch daran erinnern?

Wahrscheinlich nicht. Denn irgendwie scheint Lori Alexander vergessen zu haben, dass Kinder auch am Wochenende, am Strand und auf dem Spielplatz etwas zu essen/frische Windeln/Aufsicht/Fürsorge brauchen und schließlich trotzdem die Zähne geputzt und ins Bett gebracht werden muss. Also genau das, was ohnehin jeden Tag passiert. Erholung wäre doch ein Ausbrechen aus der Routine, ein Abgeben der Verantwortung und der Aufgaben. Der Mann macht das übrigens in der Welt von Lori nicht, das ist nämlich nicht sein Bereich.

Und das Haus zu putzen und einkaufen zu gehen, das kann bei arbeitenden Mütter glatt mal der Mann machen. Oder die Haushaltsperle, weil Frau ja Geld verdient, das sie ausgeben kann, um ihr Leben leichter zu machen.

Und nun, das Grande Finale: „Zu müde für Intimität mit dem Ehemann“ vs. „Regelmäßig intim mit dem Ehemann“.

Das ist auf so vielen Ebenen falsch, man weiß gar nicht, wo man beginnen soll. Dazu gibt es, einige Posts weiter, noch einen Zusatz. Der besagt, dass Frauen auch dann mit ihren Ehemännern schlafen müssen, wenn sie keine Lust dazu haben, erschöpft sind oder Kopfschmerzen haben. Das sei ihre Pflicht als Ehefrau.

Der gesunde Menschenverstand aber sagt: Frauen haben das Recht, abends müde zu sein, unabhängig davon, ob sie den ganzen Tag den Haushalt geschmissen und die Kinder bespaßt oder gearbeitet haben. Ob und wie oft man mit seinem Mann intim ist, hängt nicht davon ab, welchen Berufsstand man hat, möge das Hausfrau oder Angestellte sein. Jede Frau ist individuell, hat mal mehr, mal weniger Lust und Energie.


„Frauen glauben fälschlicherweise, dass sie nicht intim mit ihrem Mann sein sollen, wenn sie sich nicht danach ‚fühlen‘. (…) Es wird uns befohlen, uns unserem Ehemann nicht zu entziehen. Wir werden dazu angeleitet, uns selbst zu verleugnen, lebendige Opfer zu sein und zu lernen, was unseren Ehemann glücklich macht. (…) Wir leben nicht für unsere Gefühle, sondern Gottes-Gehorsam, darum befriedigen wir glücklich die sexuellen Bedürfnisse unseres Ehemanns, denn wir verstehen, dass wir dafür belohnt werden, dem Herrn zu gehorchen.“

Was Lori Alexander da predigt, ist nicht nur frauenverachtend, sondern strafbar. Das sehen auch viele andere Facebook-Nutzer so: „Was du beschreibst ist Vergewaltigung in der Ehe.“ „Diese Seite lässt mein Gehirn schmerzen. Damit sagt sie wörtlich, dass man sich vergewaltigen lassen soll, um eine gute Frau zu sein, weil Gott es sagt“, so ein Kommentar.

Tatsächlich wünscht man sich, einfach nur zu vergessen, dass man jemals von Lori Alexander gehört und gelesen hat und hofft, dass niemand auf die Bloggerin hört.

Und eigentlich sollten wir Mütter uns gegenseitig unterstützen und uns bewusst sein, dass Mutter sein IMMER harte Arbeit ist – egal, ob Working-Mum oder Vollzeit-Mami, am Ende zählt nur eines: Dass wir unser Bestes geben und unsere Kinder lieben.

 

Rebecca
Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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