Trauer: „Über meine tote Tochter zu reden, ist ein Akt der Liebe.”

Der Verlust eines Kindes muss unfassbar schmerzhaft sein. Für viele Eltern ist das die größte Angst. In unseren Echten Geschichten kommen immer wieder Eltern zu Wort, die genau das erleben mussten. Sie sprechen mutig über ihre schmerzhaften Erfahrungen, obwohl die Reaktionen nicht immer positiv sind. Warum das Darüber-Reden trotzdem so wichtig ist, hat Caila Smith auf scarymommy.com beschrieben. Sie selbst ist Mama einer verstorbenen Tochter.

Früher stand sie auf der anderen Seite und fühlte sich unwohl, wenn trauernde Eltern über ihre verstorbenen Kinder sprachen: „Eigentlich wollte ich nicht, dass sie das Thema zur Sprache brachten – dieses Thema war ihr Kind – weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Ihr Schmerz machte mich innerlich unbehaglich und unsicher. Aus Egoismus hätte ich wahrscheinlich so ziemlich alles getan, um das Gespräch um meinetwillen zu beenden.”

Sie fand es komisch, wenn Eltern „zu oft” über ihr totes Kind sprachen

Wie viele Menschen, die mit dem Thema Tod und Trauer noch nie direkt in Berührung gekommen sind, hatte Caila Vorbehalte gegen Eltern, die „zu oft” von ihrem verstorbenen Kind sprachen. „Als ein trauernder Elternteil regelmäßig und konsequent sein Kind erwähnte, glaubte ich innerlich und fälschlicherweise, dass es eine Form von ungesunder Trauer sei … dass die Person nach einiger Zeit mit seinem Leben ‚weitermachen‘ müsse. Oder zumindest professionelle Hilfe suchen sollte, damit sie lernt, wie das geht.”

Sie fand es damals befremdlich, wenn Eltern ihren Verlust auf Social Media thematisierten und öffentlich teilten. „Ich scrollte achtlos an ihren liebevollen Worten vorbei, bei denen sie wahrscheinlich geweint haben. In meinen beschämendsten Momenten fragte ich mich sogar, ob sie das alles machten, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder um auf Knopfdruck Mitleid von der Außenwelt zu bekommen.”

Rückblickend schämt Caila sich für ihr Verhalten.

„Was kann ich sagen, außer mich zu entschuldigen und zuzugeben, dass ich naiv und egoistisch war und falsch lag? Ich wusste damals nicht, was es bedeutet, ein Kind zu verlieren.” Doch das ändert sich von einem Augenblick auf den anderen und plötzlich gehört sie selbst dazu – zum Club der Hinterbliebenen, wie sie ihn selbst nennt.

„Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Erinnerungen das einzige sind, was von deinem Kind übrig ist. Ich weiß, wie es ist, eine dunkle und unangenehme Veränderung in der Atmosphäre zu erleben, wenn ein Name nur erwähnt wird. (…) Und ich kann nun verstehen, warum andere es vielleicht nicht verstehen.”

Für sie hat das Unverständnis gesellschaftliche Gründe

„Die Gesellschaft hat dieses fehlerhafte Bild gezeichnet, dass alle tragischen Geschichten mit einem Happy End einhergehen sollten, daher ist die Trauer eines hinterbliebenen Elternteils natürlich ein Rätsel. Uns wird gesagt, wann wir trauern sollen, wie lange und wie unsere Trauer aussehen soll, aber wie sollen wir solche unrealistischen Vorstellungen erfüllen? Es ist ein so tiefer und lebensverändernder Schmerz, dass er, selbst wenn wir den Willen dazu hätten, zu groß ist, um sich eindämmen zu lassen.”

Caila hat mit der Zeit gelernt, die Erwartungen der anderen, wie sie sich als Trauernde verhalten sollte, loszulassen. „Ich schulde niemandem eine Erklärung dafür, wie ich über mein Kind spreche oder nicht spreche. Es ist nicht meine Schuld, dass die Welt Trauer noch nicht vollständig verstanden hat, während ich täglich damit lebe. Das Unbehagen anderer in Bezug auf das sensible Thema meiner Trauer liegt nicht in meiner Verantwortung.”

Die Liebe zu ihrem Kind ist unsterblich

Über ihre Tochter zu sprechen, hält die Erinnerung an sie am Leben, erklärt sie: „Ich bin nur eine Mutter, die von ihrem Kind spricht und um ihr Kind trauert, eine, die jedes Recht dazu hat. Ich habe meine Stimme gefunden, die die Erinnerung an meine Tochter trägt, und ich weigere mich, sie zum Schweigen zu bringen. Meine Liebe zu ihr ist nicht gestorben, nur weil sie es ist – sie hat sich verändert. Meine verstorbene Tochter ist immer im Vordergrund meiner Gedanken und sitzt Seite an Seite mit meinen lebenden Kindern.”

Über ihr verstorbenes Kind immer und immer wieder zu sprechen und zu schreiben, ist für sie aus nur einem Grund wichtig: „Obwohl sie gegangen ist, während ich noch leben darf, lebt die Erinnerung an sie durch mich weiter. An meine Tochter zu erinnern, bedeutet, meine Tochter zu ehren. Über sie zu reden, ist ein Akt der Liebe.”

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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