Neue Leitlinie: Kinder unter 3 sollten nie am Bildschirm sitzen

Liebe Eltern, es tut mir leid, hier kommt schon wieder eine Leitlinie, die euch womöglich ein schlechtes Gewissen macht. Es sei denn, ihr gehört zu den wenigen Mamas und Papas, die das mit der Bildschirmzeit wirklich komplett konsequent durchziehen. Jeder kennt doch die guten Vorsätze à la „Unter drei Jahren wird mein Kind garantiert nicht vor Tablet, Handy oder TV geparkt”, aber dann kommt das Leben (mit Kind) dazwischen und die guten Vorsätze sind plötzlich in Vergessenheit geraten.

Das Zähne putzen ist ein ständiger Kampf, der in Tränen endet, es sei denn du holst das Tablet raus? Die Kinder streiten schon wieder ununterbrochen, aber du musst eigentlich das Abendessen vorbereiten? Dann kann der Fernseher dir die nötigen 10 Minuten Ruhe verschaffen, die du gerade so dringend brauchst. Ich denke, die meisten Eltern wissen, dass das nicht ideal ist, aber ebenso haben die meisten ihre Kinder auch unter drei schon mal kurz vor den Bildschirm gesetzt.

Je weniger Bildschirmzeit, desto besser

Nun gibt eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Uni Witten/Herdecke Tipps für eine angemessene Bildschirmzeit bei Kindern. Vor allem gilt: Je weniger, desto besser. Denn laut Forschungsergebnissen kann übermäßiger Bildschirmkonsum bei Kindern nicht nur zu Kurzsichtigkeit führen und ADHS begünstigen. Er könne auch zu Schlafstörungen führen und in früher Kindheit auch das Erlernen von Sprache und Motorik stören, so Silke Schwarz von der Uni Witten/Herdecke, die an der Leitlinie mitgeschrieben hat.

Für Kinder unter drei Jahren sollten Bildschirmzeiten noch gar keine Rolle spielen, in diesem Alter empfehlen die Experten, Kinder von Bildschirmen fernzuhalten. Das erste eigene Handy und die erste eigene Konsole sind frühestens ab neun Jahren okay – allerdings mit klaren Regeln und nicht ohne Limit.

Die Empfehlungen auf einen Blick

Unter drei Jahren

Kinder unter drei Jahren sollten laut Forschungsergebnissen gar nicht mit Bildschirmen in Berührung kommen. Entsprechend spielen Bildschirmzeiten in diesem Alter idealerweise keine Rolle. Das bedeutet auch, dass Eltern im Beisein der Kinder nicht ständig das Handy rausholen sollten.

Drei bis sechs Jahre

Ab drei Jahren bis zu einem Alter von sechs Jahren können Kindern an einzelnen Tagen und gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen erwachsenen Bezugspersonen schon mal bis zu 30 Minuten vor Bildschirmen verbringen. Wichtig ist, dass es zum Ausgleich bildschirmfreie Tage gibt. Damit die Kinder verstehen, wie schnell die Zeit vor einem Bildschirm vergehen kann, raten die Expertinnen und Experten dazu, eine Stopp- oder Sanduhr einzusetzen.

Sechs bis neun Jahre

In diesem Alter sind 30 bis 45 Minuten angemessen – allerdings sollte es weiterhin bildschirmfreie Tage geben. Außerdem sollten Kinder nicht während der Hausaufgaben vor dem Bildschirm sitzen.

Neun bis 12 Jahre

Ab neun Jahren können Kinder auch mal länger als 45 Minuten vor einem Bildschirm verbringen. Allerdings sollten es insgesamt nicht mehr als 60 Minuten sein. Außerdem interessant: Das erste Handy und die erste eigene Konsole empfehlen die Expert*innen ebenfalls erst ab neun Jahren. Beim Smartphone sollten Eltern aber den Internetzugang limitieren und die Spielekonsole sollte auf keinen Fall rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

12 bis 16 Jahre

Die Autor*innen der Studie empfehlen hier maximal ein bis zwei Stunden pro Tag, außerhalb der Hausaufgaben und nicht mehr nach 21:00 Uhr. Das blaue Licht, das von Bildschirmen ausgeht, störe den Schlaf und außerdem können Medieninhalte Kinder aufwühlen.

Außerdem wichtig beim Umgang mit Tablet & Co

Es gibt außerdem noch eine Reihe genereller Empfehlungen, wie zum Beispiel, dass die digitalen Geräte zu den Mahlzeiten komplett beiseite gelegt werden sollten. Mehr Tipps zum Thema „gemeinsame Mahlzeiten” findet ihr übrigens HIER. Außerdem sollen Eltern den Medienkonsum begleiten, auf „qualitativ hochwertige Inhalte” achten und hinterher mit ihren Kindern, besonders wenn sie noch kleiner sind, über das Gesehene sprechen. Die gemeinsame Reflexion hilft Kindern, sich nicht in der digitalen Welt zu verlieren.

Wichtige Erkenntnisse – aber ist die Umsetzung realistisch?

Die neuen Forschungsergebnisse machen vor allem eines deutlich: Wie weit der Alltag vieler Familien von dem Ideal entfernt ist. Ist es wirklich realistisch, dass ein Neunjähriger mit einem eigenen Smartphone und einer eigenen Konsole eine Stunde Bildschirmzeit am Tag nicht überschreitet? Wenn ich da einen Blick auf meine eigenen Bildschirmzeiten werfe, stelle ich mir das schwierig vor.

In meinem Bekanntenkreis gibt es außerdem kaum ein Kind unter drei, das wirklich noch nie etwas am Handy, Tablet oder TV gesehen hat, und sei es nur mal „ausnahmsweise”. Digitale Geräte sind in den meisten Haushalten schließlich ganz normaler Bestandteil des Alltags. Aber vielleicht täuscht mich mein persönlicher Eindruck auch. Verratet mir doch in den Kommentaren mal, wie es bei euch abläuft und wie viel Bildschirmzeit ihr euren Kindern erlaubt.

Selbst wenn die Realität anders aussieht, die Forschungsergebnisse sind dennoch wichtig, um uns noch einmal daran zu erinnern, dass ein hoher Medienkonsum Folgen für die Entwicklung von Kindern hat und wir uns dessen bewusst sein sollten.

Mehr zum Thema hier:

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Sandra
Sandra
2 Monate zuvor

Ich sehe dies leider auch immer wieder. Unser Neffe ist jetzt drei Jahre alt und verbringt teilweise erschreckend viel Zeit vor Bildschirmen. Der Papa Ist alleinerziehend, das macht es natürlich noch schwieriger.

Mein eigener Sohn ist erst 5 Monate. Ich werde versuchen bei ihm die Nutzung technischer Geräte stark einzuschränken bzw. Ihn lange davon fern zu halten. Aber Ich weiß natürlich, das wird nicht einfach werden 😅.