Neue Hebammen-Regelung: „Betreuung für Mamas wird massiv zurückgehen.”

„Schwangerenbegleitung und Wochenbettbetreuung werden massiv zurückgehen. Nicht, weil wir nicht wollen, sondern weil es das System unmöglich macht.“ Mit diesen Worten bringt Hebamme Alexandra Lesmann aus Hamburg auf den Punkt, was viele Kolleginnen gerade bewegt.

Ab dem 1. November 2025 tritt ein neuer Hebammenhilfevertrag in Kraft. Er wurde vom GKV-Spitzenverband beschlossen, also von den gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam mit Hebammenvertretern. Ziel des Vertrags war offiziell, die Vergütung der Hebammen zu vereinheitlichen und die Qualität der Geburtshilfe zu sichern, wie der GKV in einer Pressemitteilung erklärt.

Finanzielle Kürzungen mit direkten Auswirkungen auf Familien

Doch viele Hebammen kritisieren: In der Praxis führt die Umsetzung genau in die falsche Richtung. Die Folge sind: finanzielle Kürzungen, weniger Flexibilität und Einschränkungen bei der persönlichen Betreuung – und damit direkte Folgen für Schwangere und Mütter.

„Der neue Vertrag ist realitätsfern. Hebammenarbeit lässt sich nicht im 5-Minuten-Takt abrechnen“, stellt Hebamme Alex klar. Künftig wird genau das aber verlangt – jede Leistung muss Minuten genau dokumentiert und abgerechnet werden. Zeit für Menschlichkeit, für Nachfragen oder kleine Gesten bleibt kaum noch. Was nicht abgerechnet werden kann, wird schlicht nicht bezahlt. „Textnachrichten oder kurze Rückmeldungen werden gar nicht mehr bezahlt – dabei sind genau diese Kontakte oft das Wichtigste im Alltag.“

Was das für werdende Mamas bedeutet

Besonders betroffen sind sogenannte Dienstbeleghebammen, die rund ein Viertel aller Geburten in Deutschland begleiten. Es handelt sich um freiberufliche Hebammen, die mit Kliniken zusammenarbeiten: Sie betreuen Frauen von der Schwangerschaft über die Geburt bis ins Wochenbett – aber nicht als Angestellte des Krankenhauses, sondern selbstständig auf Honorarbasis.

Mit dem neuen Vertrag sollen sie künftig nur noch 80 % ihres bisherigen Stundenlohns erhalten. Wenn sie zwei Frauen gleichzeitig betreuen – was in vielen Kreißsälen der Normalfall ist –, bekommen sie nur 30 % davon. Dadurch wird die Arbeit finanziell kaum noch tragbar.

Außerdem: Bei Zwillingsgeburten gilt künftig derselbe Vergütungssatz wie bei einem einzelnen Kind – also kein zusätzlicher Lohn, obwohl der Aufwand, die Dauer und das Risiko deutlich höher sind. Auch das kritisieren Hebammen als realitätsfern und unfair.

Weniger Beleghebammen könnten sich diese Arbeit leisten, viele Kliniken müssten ihr Belegsystem aufgeben – das heißt: weniger persönliche Begleitung für die Frauen und ihr Baby, weniger Kontinuität und mehr Belastung für das Klinikpersonal. „Der klassische Job der freiberuflichen Hebamme wird wirtschaftlich kaum noch überlebensfähig sein”, lautet das nüchterne Fazit von Hebamme Alex.

Auch Kursangebote für Mamas und Schwangere bedroht

Auch Kurse und intensive Begleitungen werden weniger werden. „Kurse und intensive Begleitungen werden seltener, weil Aufwand und Vergütung in keinem Verhältnis mehr stehen.“
Wenn eine Mama einmal nicht zu einem Kurs kommt, bliebe die Hebamme nämlich ansonsten auf den Kosten sitzen, sie darf  keine Ausfallgebühr berechnen – „in jedem Restaurant geht das, nur bei uns nicht. Das ist absurd.“

Hebammen und Eltern fordern deshalb gemeinsam eine Überarbeitung des neuen Hebammenhilfevertrags. In einer bundesweiten Petition setzen sie sich dafür ein, dass persönliche Geburtshilfe erhalten bleibt – sicher, individuell und menschlich.

Du planst, schwanger zu werden? Das kannst du tun:

Alex hat eine klare Botschaft an alle Mütter: „Such dir so früh wie möglich eine Hebamme – am besten direkt mit dem positiven Test. Und werdet laut! Hebammen sind systemrelevant, aber sie werden schlecht bezahlt. Das muss sich ändern. „Ohne gute Bedingungen für uns Hebammen gibt es keine gute Betreuung für Frauen und Familien.”

Vielen Dank an Hebamme Alex, die uns als Ansprechpartnerin für den Beitrag zur Seite stand.

Alexandra Lesmann ist Hebamme und Ökotrophologin mit über 13 Jahren Erfahrung. Sie ist Expertin für Ernährung, Hebammentipps und Begleitung für Schwangere und Eltern.

Quellen:
„Für den Erhalt einer sicheren, individuellen Geburtshilfe – Stoppt den neuen Hebammenhilfevertrag”, in: OpenPetition, aufgerufen am 29. Oktober 2025
Neuer Vertrag für Hebammen – Fatale Folgen für Schwangere und Babys”, in: NDR.de, aufgerufen am 29. Oktober 2025
Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbands zur Hebammenhilfe“, in: GKV-Spitzenverband, [Jahr unbekannt], aufgerufen am 29. Oktober 2025

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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