Wenn eine Beziehung in die Brüche geht, ist das für keine*n der Beteiligten einfach. Eine Trennung mit Kind stellt die meisten (Ex-)Paare vor eine noch größere Herausforderung. Denn so gern man auch erst einmal auf Abstand gehen würde, ist es wichtig, dass das Kind beide Elternteile weiter regelmäßig sehen kann. Leider führen verletzte Gefühle oder andere Gründe manchmal dazu, dass ein Elternteil versucht, den Ex-Partner bzw. die Ex-Partnerin zu verletzen, indem es den Kontakt zum Kind boykottiert. So ähnlich ist es auch bei Marlene: Sie hat zusammen mit ihrer Ex-Frau ein Pflegekind bei sich aufgenommen. Doch nach der Trennung muss sie jetzt sogar vor Gericht um den Kontakt zu ihrem Sohn kämpfen. Ihre ganze Echte Geschichte hat sie uns erzählt:
„Meine Ex-Frau und ich haben uns 2019 dazu entschieden, ein Pflegekind aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren wir seit 8 Jahren in einer Beziehung und seit 3 Jahren verheiratet.
Den Gedanken hatten wir schon einige Jahre, waren aber in Sorge darüber, ob wir es ertragen könnten, wenn das Kind wieder gehen müsste. 2018 haben wir uns dann intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt, uns informiert, welche Möglichkeiten es gibt usw. Ich wollte gern ein Pflegekind und keine Adoption und auch kein leibliches Kind.
Ich selbst hatte keine schöne Kindheit.
Deshalb wollte ich einem Kind die Sicherheit und Geborgenheit geben, die ich in meiner Kindheit gebraucht hätte. Dazu kommt, dass es einfach viel mehr Pflegekinder als Pflegefamilien gibt.
Im Januar 2019 habe ich dann beim Jugendamt angerufen, und drei Monate später waren wir als Pflegeeltern anerkannt. Uns wurde dann direkt ein neun Wochen alter kleiner Junge vorgestellt, der zu diesem Zeitpunkt in einer Bereitschafts-Pflegefamilie lebte. Am Mittwoch vor Ostern haben wir ihn zum ersten Mal gesehen, und am Dienstag nach Ostern sollte er dann schon bei uns einziehen.
Für uns hieß das, innerhalb von fünf Tagen, von denen drei auch noch Feiertage waren, alles zu besorgen und vorzubereiten. Wir hatten noch gar nichts, denn wir wussten bis dahin weder, ob wir als Pflegeeltern anerkannt werden, noch wann wir ein Pflegekind bekommen würde, oder welches Alter es haben würde.
Während ich einen Kinderwagen samt Babyschale per Express bestellte, ging meine Ex-Frau zur Arbeit und verkündete, dass sie in fünf Tagen in Elternzeit gehen würde.
Das kam für uns alle total überraschend und war gleichzeitig wunderschön. Wir haben den Kleinen dann jeden Tag besucht und ab Samstag jeden Tag für mehrere Stunden mit zu uns genommen. Dank zahlreicher Express-Bestellungen, Kleinanzeigen und unseren Familien haben wir es auch irgendwie geschafft und hatten tatsächlich alles zusammen, als er bei uns einzog.
Für meine Ex-Frau und mich war es, als wäre es nie anders gewesen. Als wären wir immer schon zu dritt gewesen. Jede wusste, was ihre Aufgabe ist. Wir waren aber trotzdem sehr froh über das Angebot des Jugendamtes, eine Hebamme zu bekommen. Denn wir hatten schon auch Angst, irgendetwas falsch zu machen.
Eine Adoption hat das Jugendamt von vornherein ausgeschlossen.
Schon während des Anerkennungsverfahrens haben sie uns gesagt, dass nur 4,1 % aller Pflegekinder zur Adoption freigegeben werden, und dass das Jugendamt das auch nicht will, weil sie gerne die Entwicklung verfolgen möchten.
Wir hatten immer einen sehr guten Kontakt zum Jugendamt. Sie haben uns komplett machen lassen und nur die Pflichttermine wahrgenommen.
2022 habe ich dann das Gefühl gehabt, dass ich die Beziehung nicht mehr möchte.
Dass ich meine Ex-Frau nicht mehr anziehend finde (dieses Gefühl hatte ich schon länger) und dass ich einfach wieder dieses Kribbeln spüren möchte.
Wir haben dann darüber geredet und beschlossen, unsere Ehe zu öffnen. Wir haben dann ein paar Regeln festgelegt, und der Plan war, jede darf sich mit anderen treffen und auch Sex mit anderen haben. Meine Ex-Frau hat dann ihre Ex-Freundin in der Stadt nach Jahren wieder getroffen, und da die Trennung sehr unschön war, haben sie sich zu einer Aussprache getroffen. Danach wirkte sie so, als hätte sie Herzschmerz. Das habe ich ihr auch gesagt, und dass das okay für mich sei. Und das war es auch wirklich, ich war überhaupt nicht eifersüchtig, sondern habe mich total für sie gefreut, wenn sie ein Match in der Dating App hatte.
Dann habe ich mich das erste Mal mit einer Frau getroffen und mich eigentlich in der ersten Sekunde unsterblich verliebt. Ab da war ich nicht mehr in der Lage, die Ehe weiterzuführen.
Das habe ich meiner Ex-Frau dann gesagt, und sie war wahnsinnig verletzt.
Sie gab zwar mittlerweile zu, in ihre Ex verliebt zu sein und dass die beiden anbändeln, sagte aber zeitgleich, dass sie die Ehe dafür nicht aufgegeben hätte. Ich hätte aber definitiv nicht die zweite Wahl sein wollen.
Ich bin dann ausgezogen und wir haben dem Jugendamt die Trennung mitgeteilt. Da meine Ex-Frau immer noch in Elternzeit war (unser Pflegesohn war 3 1/2 Jahre), war klar, dass ich weiterhin arbeiten gehe, und sie mit ihm in dem Haus bleibt, in dem wir zusammen gewohnt haben. Außerdem war ich ihr auch gegenüber auch unterhaltspflichtig.
Nachdem wir das Jugendamt informiert haben, haben sie mir sofort vorgeschrieben, wann ich unseren Pflegesohn noch sehen darf.
Jedes zweite Wochenende, nur tagsüber, nicht über Nacht und jeden zweiten Montag. Die Kontakte wurden dann immer weiter eingeschränkt, eine Begründung dafür gab es mir gegenüber nicht. Mir wurde immer gesagt, es läge nicht an mir, ich hätte nichts falsch gemacht. Unser Kind müsste einfach nur zur Ruhe kommen.
Meine Ex-Frau hat aufgrund ihrer Verletztheit auch gerne beim Jugendamt gegen mich geschossen. Mittlerweile darf ich den Kleinen nur noch alle 4 Wochen für 3 Stunden sehen, und das musste ich mir schon vor Gericht erstreiten.
Es ist furchtbar, der Schmerz war mitunter kaum auszuhalten.
Ich habe dann vor 1,5 Jahren eine Therapie begonnen um damit zurecht zu kommen. Das half mir sehr.
Und auch für unseren Pflegesohn war es sehr schlimm, besonders am Anfang. Wenn ich angerufen habe, hat er nur geweint. Wenn ich nur daran denke, bricht es mir jedes Mal das Herz.
Im Moment äußert er mir gegenüber immer wieder, dass er sich wünscht, dass ich ihn zuhause besuche. Oder er möchte mich zuhause besuchen. Wenn wir uns sehen, versucht er, mich am Arm ins Auto zu ziehen, damit ich mit ihm mitkomme.
Der Kleine sagt ganz klar, was er sich wünscht – aber es wird nicht berücksichtigt.
Ich würde mir vom Gesetzgeber wünschen, dass es eine einheitliche Regelung gibt, in der getrennt lebende Pflegeeltern leiblichen Eltern gleichgestellt werden. Dass nicht das Jugendamt willkürlich die Besuchskontakte so gestalten kann, wie es möchte. Sondern dass es Paragraphen gibt, auf die man sich berufen kann.
Ich würde mir wünschen, dass auch das Jugendamt begründen muss, inwieweit das Kindeswohl durch mehr Kontakt gefährdet sein könnte. Und dass Trennungskindern, egal ob Pflege-, Adoption- oder leibliches Kind, psychologische Hilfe zur Seite gestellt wird. Damit niemand die Möglichkeit hat, manipulativ auf das Kind einzuwirken, und es einen Beistand hat, der es bei der Anerkennung seiner Wünsche unterstützt. Der es altersgerecht betreut und ihm hilft, zu verstehen, dass beide Elternteile es lieben, und es nichts mit ihm zu tun hat, dass ein Elternteil jetzt nicht mehr bei ihm lebt.
Leider hatte ich da im letzten Jahr einen sehr schlechten Anwalt.
Die Scheidung und der Anwalt haben mich knapp 10.000 € gekostet, und ich habe mittlerweile keine Ersparnisse mehr. Ich habe mir nun eine neue Anwältin gesucht, und wir sind beide der Meinung, dass das nicht dem Kindeswohl dient.
Wir streben ein Gerichtsverfahren an, denn beim letzten Mal gab es nur einen Vergleich, aber ich kann die Kosten nicht mehr alleine stemmen. Ich finde den Gedanken furchtbar, dass der Kontakt zu meinem Pflegesohn daran scheitert, dass ich nicht genug Geld habe. Deshalb habe ich einen Spendenaufruf gestartet, in der Hoffnung, dass ich vielleicht etwas finanzielle Unterstützung bekomme.
Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn sich jemand beteiligt, jeder Euro hilft mir dabei, weiter um meinen Pflegesohn zu kämpfen.“
Liebe Marlene, vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast!
Wenn ihr Marlene finanziell unterstützen möchtet, findet ihr hier ihren Spendenaufruf.
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