„Nach der Ausschabung erfuhr ich, dass mein Baby lebt!“

Manche Echte Geschichten sind einfach nur unfassbar – und der Beweis dafür, dass es Wunder manchmal eben doch gibt. So wie bei Miriam, der die Ärztin in der 13. SSW sagte, sie habe ihr Baby verloren. Miriams Welt brach zusammen, und sie machte schweren Herzens einen Termin für die Ausschabung. Doch als sie aus der Narkose aufwachte, hatte der Arzt eine ganz besondere Überraschung – denn ihr Baby lebte.

Ihre bewegende Geschichte, und warum sie ihren Sohn fast noch ein zweites Mal verloren hätte, hat Miriam uns erzählt:

„Meine Geschichte ist schon ein paar Jahre her, aber ich möchte sie trotzdem gern erzählen. Ich habe einen älteren Sohn, der 2004 geboren wurde, meine Tochter kam 2009 zur Welt. Mein mittlerer Sohn, um den es hier geht, heißt Leo-Phoenix und ist 2007 geboren.

Die Schwangerschaft lief in den ersten drei Monaten vollkommen normal. Ich war sogar sehr, sehr fit und konnte alles machen. Ein bisschen hatte ich mit Übelkeit zu kämpfen, aber das ist ja normal.

Doch in der 13. Woche bekam ich plötzlich leichte Blutungen.

Ich bin natürlich sofort zum Arzt gegangen. Leider war unser Arzt zu dem Zeitpunkt für zwei Wochen im Urlaub, sodass ich zu der Vertretung musste. Meine Mutter begleitete mich, und schon, als wir reinkamen, bemerkten wir eine ganz seltsame Stimmung. Die Ärztin war sehr gefühlskalt, und das bei einer Schwangeren, die gerade Angst hat, dass sie ihr Kind verliert. Ich hatte Tränen in den Augen, und meine Mutter hat meine Hand gehalten.

Sie machte ihre Untersuchungen und das nicht besonders liebevoll. Dann murmelte sie etwas vor sich hin, schaute auf ihren Monitor und sagte mir völlig emotionslos:

‚Frau F., ich kann keine Kindsanlage mehr feststellen. Ich schicke sie dann zum Ausschaben, da sie die drei Monate ja schon überschritten haben.‘

Meine Mutter und ich schauten uns an und ich weiß nur noch, dass meine Mutter mich in den Arm genommen und mir gesagt hat, dass Gott für mich da ist, und dass sie für mich betet. Ich konnte nur noch weinen. Während ich schluchzend auf dem Stuhl saß, hörte ich die Ärztin noch sagen: ‚Sie müssen das nicht heute tun. Sie können auch erst mal das Wochenende mit ihrer Familie genießen.‘

Ich war so geschockt über diese Worte, dass ich nur noch aus der Praxis raus wollte. Im Auto hat mich meine Mutter erst mal in den Arm genommen, und wir haben überlegt, was wir jetzt tun.

Ich konnte und wollte nicht ein Wochenende so tun, als wenn nichts wäre.

Ich bin dann sofort mit meiner Mutter in die Klinik gefahren.

Als wir dort ankamen, saßen im Wartezimmer viele lächelnde Menschen. Darunter eine 16-Jährige, die mir erzählte, sie habe einen ‚Unfall‘ gehabt und würde jetzt abtreiben. Ich konnte das alles nicht ertragen und wollte nur noch raus.

Andererseits konnte ich nicht damit leben, meinen toten Sohn im Bauch zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war mir gar nicht bewusst, was die Ärztin überhaupt gesagt hatte. Das kam erst viel später.

Irgendwann begrüßte uns der Arzt, der zum ersten Mal sehr viel Empathie zeigte und seinen Arm um meine Schultern legte. Während ich für die Operation vorbereitet wurde, hat meine Mutter die Chance genutzt und mit ihm gesprochen.

Sie sagte zu ihm, dass sie sehr gläubig ist, und ihn darum bittet, noch einmal zu schauen, ob die Diagnose wirklich stimmt, sie hätte ein sehr ungutes Gefühl.

Diese Worte hört der Arzt wahrscheinlich häufiger.

Von diesem Zeitpunkt an habe ich nichts mehr mitgekriegt, weil ich schon schlafen gelegt wurde.

Als ich meine Augen öffnete, sah ich eine große Brille genau vor meiner Nase, die mich anschaute und lächelte. Im ersten Moment habe ich gedacht, bin ich jetzt im Himmel?
Es war der Arzt, der meine Ausschabung vornehmen sollte, und mit dem meine Mutter kurz zuvor gesprochen hatte.

Dann sah ich meine Mutter, sie lächelte und hatte Tränen in den Augen.

Der Arzt erklärte mir, dass er die Ausschabung begonnen hatte, und dann an die Worte meiner Mutter denken musste. Er schaute sich noch einmal die Diagnose der Ärztin an. Dort stand, es sei keine Kindsanlage mehr vorhanden. Das bedeutete, es hätte alles weg sein müssen. Keine Fruchthöhle, kein Embryo, kein gar nichts. Das hatte ihn stutzig gemacht.

Er zog einen zweiten Arzt hinzu und ließ ihn sich das ebenfalls anschauen. Und tatsächlich: Es war noch alles da!

Er hielt mir ein Ultraschallbild unter die Nase, das ich bis heute in einem Bilderrahmen aufbewahre. Mit einem Lächeln fragte er: ‚Sehen Sie die Punkte da unten?‘ Ich antwortete noch ganz verschlafen mit einem Ja. Und er ergänzte:

‚Das sind die Herztöne ihres Babys!‘

Auf dem Ultraschallbild, das der Arzt Miriam zeigte, waren deutlich das Baby und sein Herzschlag zu sehen.

Auf dem Ultraschallbild, das der Arzt Miriam zeigte, waren deutlich das Baby und sein Herzschlag zu sehen.
Foto: privat

Ich war einfach nur still und fassungslos. Ich muss ihn angeschaut haben, als wenn er von einem anderen Stern käme. Er musste lachen und sagte: ‚Ich erkläre es Ihnen, wenn Sie richtig wach sind. Aber jetzt schlafen Sie sich erst einmal aus, das brauchen sie.‘

Später erklärte er uns, dass sie mit der Ausschabung begonnen und schon ungefähr die Hälfte meiner Gebärmutterschleimhaut abgesaugt hatten.

Er sagte:

‚Sie sind schwanger, und ihr Kind lebt. Aber aufgrund der falschen Diagnose haben wir viel Schleimhaut abgesaugt.‘

Das bedeutete für mich, dass ich bis zum Ende der Schwangerschaft liegen musste. Es kann sich niemand vorstellen, wie sehr ich mich über diese Diagnose gefreut habe! Mir war wirklich alles egal, die Hauptsache war, dass mein Kind lebte.

Ich habe dem Arzt gesagt, dass ich alles in Kauf nehme, weil ich möchte, dass es meinem Kind gut geht.

Also blieb ich erst einmal im Krankenhaus, wurde dann nach Hause entlassen, musste aber Bettruhe einhalten. Das bedeutete, ich durfte nicht großartig aufstehen, sollte mich aber gesund ernähren. Meine damalige Freundin ist jeden Tag gekommen, hat sich um meinen großen Sohn gekümmert, meine Wohnung aufgeräumt, und mir jeden Tag Thrombosespritzen gegeben, da sie Krankenschwester ist.

Was soll ich sagen? Nach all den Monaten zu Hause mit viel Unterstützung haben wir es geschafft!

Mein Sohn kam am 28.2.2007 auf die Welt und es war alles in Ordnung.

Bis heute bin ich Gott dankbar, meiner Mutter und dem Arzt.

Wir haben versucht, anwaltlich gegen die Ärztin vorzugehen. Aber es wird als normales menschliches Versagen bewertet, und somit hatten wir keine Chance.

Mein Sohn bekam den Vornamen Leo-Phoenix – damals wusste ich noch nicht, wie passend sein Zweitname einmal sein würde.

Denn als er 18 Monate alt war, hätten wir ihn beinahe ein zweites Mal verloren.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir ein Au-Pair. Ich war mit meiner Tochter schwanger und saß mit meinem älteren Sohn beim Frühstück, Leo war auch dabei. Als er fertig gegessen hatte, habe ich ihn aus seinem Hochstuhl genommen und auf den Boden gesetzt. Ich wusste, dass das Au-Pair in der Küche war, deshalb habe ich mir keine Gedanken gemacht, als Leo dort hingelaufen ist.

Auf einmal hörte ich die Schreie unseres Au-Pairs, gemischt mit den herzzerreißenden Schreien unseres Sohnes.

Ich sprang auf, rannte in die Küche – und wusste sofort, was passiert war. Unser Au-Pair kam aus der Ukraine, genau wie mein Vater. Daher wusste ich, dass man den Tee dort anders kocht als hier bei uns, nämlich mit richtig kochendem Wasser.

Weil das Au-Pair dachte, Leo würde noch bei uns am Tisch sitzen, hat sie ihre Tasse auf einen kleinen Tisch an der Heizung gestellt. Ehe sie es sich versah, hat mein Sohn die Tasse genommen und zum Trinken angesetzt.

Dabei ist das kochend heiße Wasser auf seinen kleinen Körper gelaufen.

Er hatte an zwei Stellen Verbrennungen dritten Grades. Die anderen Stellen waren etwas harmloser.

Als der Krankenwagen kam, habe ich Leo auf den Armen getragen, und ihm hingen richtig Hautfetzen nach unten. Ich war wie in Trance. Im Krankenhaus stellte sich heraus, dass er Verbrennungen an den Armen hatte, an beiden Seiten unter dem Kinn und am Hals. Zu dem Zeitpunkt wussten wir aber noch nicht, dass mein Sohn das heiße Wasser auch in die Speiseröhre bekommen hatte.

Nachdem Leo in der Klinik anfangs gut versorgt wurde, änderte sich plötzlich sein Zustand, und er bekam über 42 Grad Fieber.

Was den Ärzten auch Sorge bereitete, waren zwei kleine Stellen an seinem Arm, die so stark verbrannt waren, dass er eigentlich eine Hauttransplantation gebraucht hätte. Jeden Tag kam eine Krankenschwester und nahm eine so genannte Waschung vor. Mein Sohn hat vorher Schmerzmittel bekommen, und dann wurde versucht, mit Hilfe von Mull und einer bestimmten Lösung die abgestorbene Haut durch Waschen abzutragen,

Durch den heißen Tee hatte Leo unter anderem starke Verbrennungen unter dem Kinn und am Hals.

Durch den heißen Tee hatte Leo unter anderem starke Verbrennungen unter dem Kinn und am Hals.
Foto: privat

Das war natürlich extrem schmerzhaft, aber dank der starken Schmerzmittel für meinen Sohn irgendwie auszuhalten.

Für mich allerdings nicht.

Es hat mir jedes Mal das Herz gebrochen, wenn ich ihn habe schreien hören.

Nach jeder Waschung hofften wir, dass endlich rosa Haut zu sehen war – aber leider blieb sie grau. Das bedeutete, das die Haut darunter sich nicht erneuerte.

Anfangs dachten die Ärzte, das sei der Grund, aus dem es Leo so schlecht ging. Er verweigerte komplett das Essen und Trinken, so dass relativ schnell entschieden wurde, ihm eine Magensonde zu legen.

Dabei stellten die Ärzte dann fest, dass auch seine Speiseröhre Verbrennungen hatte.

In der Zwischenzeit hatten sich dort Streptokokken angesiedelt. Das war der Grund, warum es meinem Sohn so schlecht ging. Endlich konnte man ihn mit einem Antibiotikum behandeln.

Er hat das Ganze überlebt, obwohl es zwischenzeitlich wirklich sehr auf der Kippe stand. Aber die Ärzte in der Uniklinik Köln haben wirklich tollte Arbeit geleistet. Und eine ältere Krankenschwester hat nicht aufgegeben, und so lange Leos Wunden gewaschen, bis endlich wieder rosa Haut zu sehen war.

Und was mir auch noch wichtig ist, ist das es in dem Krankenhaus eine ältere Krankenschwester gab, die nicht aufgegeben hat und solange die Wunden gewaschen hat, bis wieder rosa Haut zu sehen war

Heute erinnern nur noch Narben an seinem Arm an die Verbrennungen. Die Narben unterm Kinn sind sehr, sehr hell und man sieht sie kaum.

Inzwischen kann ich diese Geschichte erzählen, damals konnte ich es nicht.

Mein Sohn ist heute 18 Jahre alt und das blühende Leben. Damals habe ich zwei Mal gedacht, dass ich ihn verliere.

Heute ist Miriams Sohn 18 Jahre alt - und kerngesund.

Heute ist Miriams Sohn 18 Jahre alt – und kerngesund.
Foto: privat

Dass wir ihm den Zweitnamen Phoenix gegeben haben, muss wohl Schicksal gewesen sein. Denn das ist der Name des Vogels aus der christlichen Mythologie, der an seinem Lebensende in seinem Nest verbrennt, und aus dessen Asche ein neuer Vogel wiedergeboren wird.

Tatsächlich bin ich in einer sehr christlichen Familie großgeworden, und der Glaube spielt eine wichtige Rolle für mich.

Ich habe meinem Sohn die Geschichte schon so oft erzählt, wenn aufgeben wollte.

Dann sage ich ihm immer, dass es einen Grund haben muss, dass er schon so viel erlebt und überlebt hat, dass Aufgeben einfach keine Option ist. Ich möchte unsere Geschichte gern erzählen, denn es gibt so viele Familien, die ähnliches erleben müssen, und Mut und Unterstützung brauchen.“


Liebe Miriam, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften! 

Echte Geschichten protokollieren die geschilderten persönlichen Erfahrungen von Eltern aus unserer Community.

Wir freuen uns auf deine Geschichte!

Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, spannend oder ermutigend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected]

Wiebke Tegtmeyer

Nordisch bei nature: Als echte Hamburger Deern ist und bleibt diese Stadt für mich die schönste der Welt. Hier lebe ich zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern. Nach meinem Bachelor in Medienkultur, einem Volontariat und einigen Jahren Erfahrung als (SEO-)Texterin bin ich passenderweise nach meiner zweiten Elternzeit bei Echte Mamas gelandet. Hier kann ich als SEO-Redakteurin meine Leidenschaft für Texte ausleben, und auch mein Herzensthema Social Media kommt nicht zu kurz. Dabei habe ich mich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Ernährung von der Schwangerschaft über die Stillzeit bis hin zum Babybrei beschäftigt. Und wenn ihr auf der Suche nach einem Vornamen für euer Baby seid, kann ich euch garantiert passende Vorschläge liefern. Außerdem nutze ich die Bastel-Erfahrungen mit meinen beiden Kindern für einfache DIY-Anleitungen. Wenn der ganz normale Alltags-Wahnsinn als 2-fach Mama mich gerade mal nicht im Griff hat, fotografiere ich gern, gehe meiner Leidenschaft für Konzerte nach oder bin im Volksparkstadion zu finden.

Alle Artikel

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Neueste
Älteste Beliebteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen