Trösten, beruhigen, Mut zusprechen: Wer ist in der Familie eigentlich zuständig für die Gefühle der Kinder? „Oftmals ist es die Mutter,“, sagt Diplom-Pädagogin Susanne Mierau, „und das belastet viele Frauen sehr.“ Deshalb hat die Bestsellerautorin kürzlich ein neues Buch zu dem Thema geschrieben. In „Emotional Load“ erklärt sie, wie Eltern am besten mit emotionaler Überlastung umgehen.
Im Gespräch mit unseren Hosts Florian und Marco erzählt Susanne in unserem Echte Papas-Podcast, was der Unterschied zwischen Mental Load und Emotional Load ist, warum Mütter so oft den Job der Feel-Good-Managerin in der Familie inne haben, was Väter alles verpassen, wenn sie sich bei der sogenannten Co-Regulation von Gefühlen nicht zuständig fühlen und warum auch ein vorgetäuschter Orgasmus den weiblichen Emotional Load erhöht. Hier könnt ihr direkt reinhören:
Und hier lest ihr schon einmal einen kleinen Vorgeschmack;
„Ich denke, jeder von uns hat schon mal von Mental Load gehört. Emotional Load ist quasi eine Unterkategorie davon, dieser ganze Bereich von ,Ich muss andere Menschen unterstützen in der Regulation ihrer Gefühle!‘. Besonders wenn wir Kinder haben, ist ja die Co-Regulation sehr bedeutsam.
Trösten, Beruhigen, Mut machen, Aufbauen, das ganze breite Spektrum – das sind ja Sachen, die man eigentlich unterbewusst tagtäglich macht mit seinen Kindern. Und vielleicht auch gar nicht so richtig als Arbeit ansieht, weil es einfach so Automatismus ist. Genau das sind aber manchmal die Sachen, die uns gar nicht bewusst sind – aber ja trotzdem da sind. Und so fragt man sich am Ende des Tages manchmal: ,Was habe ich denn eigentlich heute gemacht? Wovon bin ich so erschöpft?‘
Da ist der ganze Mental Load mit drin, aber eben auch diese Emotionsbegleitung. Und das ist manchmal herausfordernd, wenn wir beispielsweise ein Kleinkind haben, das wütend ist – man merkt danach, dass man selbst total erschöpft ist von dieser Situation. dass man selbst geschwitzt hat oder sich müde fühlt. Und je nachdem, was für ein Kind wir haben, braucht es ja vielleicht auch ein paar mehr Regulationen jeden Tag.“
Emotional Load trifft vor allem die Mütter
„Wie immer gilt das natürlich nicht für alle! Aber wir haben ja einfach leider immer noch das Problem, dass diese ganzen emotionalen Themen oft geschlechtsabhängig zugeschrieben werden. Wir lernen von klein auf, dass eher Frauen sich um Gefühle kümmern sollen. Und Jungs in ihrer Gefühlsregulation weniger gut unterstützt werden – was dann in ihrem späteren Leben zu einem Hindernis werden kann.
Wenn jetzt immer nur gesagt wird. ,Nein, stelle dich nicht so an! Du bist ein Junge und die weinen nicht!‘, dann lerne ich ja gar nicht, mit meinen Gefühlen umzugehen. Und dann fehlt es eben später im Erwachsenenalter, wenn man selber ein Kind hat, damit auch sensibel umgehen zu können.
Das kann übrigens wieder zu weiterem, neuen Emotional Load führen, nämlich Konflikte in der Beziehung. Die Partnerin sagt vielleicht: ,Warum machst du das nicht so und so, um unser Kind zu trösten, jetzt streng dich mal so ein bisschen an!‘ und ich weiß aber nicht wie – dann entstehen ungute Dynamiken, die ja wieder Emotional Load sind auf beiden Seiten.“
Aber wie kann man mit dem Emotional Load umgehen?
„Die Frage ist ja, welche gesunden Möglichkeiten habe ich, weil ich gelernt habe, damit irgendwie umgehen zu können! Ich kann ja, wenn ich merke, ich habe Stress, zum Beispiel Sport machen oder ich kann bestenfalls versuchen, den Stress zu reduzieren. Ich kann mit anderen darüber reden. Oder aber ich kann rauchen oder ich kann Alkohol trinken, um das zu unterdrücken.
Die gute Nachricht ist: Wir können immer lernen, wie wir gut oder besser mit unserem Stressverarbeitungssystem umgehen können. Es wird in der frühen Kindheit geprägt und sogar auch schon vorgeburtlich und dann natürllich weiter über die Jahre hinweg, durch die Erfahrungen, die wir machen. Aber wir können jederzeit auch sagen: ,Okay, ich lerne das jetzt neu!‘ Man kann dahin kommen zu merken, dass beispielsweise Wut in einem aufsteigt, bevor man total wütend ist. Und dann kann man anfangen mit einer Selbstregulation in schwierigen Situationen.“
Selbstregulation der Eltern ist das, was Kinder brauchen
„Das ist ja eigentlich das Wichtige für Kinderbegleitung, eigentlich geht es nicht immer nur darum, dem Kind zu sagen: ,Oh, box doch mal hier in dieses Kissen!‘ oder so, sondern das eigentlich Wichtige ist ja, dass wir uns regulieren können. Und dass wir dann aus unserer Sicherheit, unserer Präsenz, einfach signalisieren: ,Ich bin da, ich bin okay mit der Situation und wir kommen da durch.‘ Das ist eigentlich das Wichtige, was Kinder brauchen. Und wenn wir es schaffen, da hinzukommen, da selber gut mit umgehen zu können, dann ist ganz viel gewonnen. Und das können wir wirklich jederzeit lernen.“
Wie wir lernen können, unsere Gefühle besser zu regulieren und noch viele Infos mehr zum Thema bekommt ihr in unserer Podcast-Folge mit Susanne Mierau:
Mehr über Susanne findet ihr auf ihrer Website www.susanne-mierau.de und in ihrem Buch