Geburtstrauma: „Ich wusste nicht, ob mein Baby wirklich lebt.”

„Ich habe gerade die Geschichte über den Notkaiserschnitt von Isabell gelesen und möchte deshalb auch gern meine Geschichte teilen.

Als ich Anfang des Jahres 2019 nach Absetzen der Pille meine Periode nach einem Jahr noch immer nicht bekam, erhielt ich die Diagnose PCOS. Deshalb ließ ich im August 2020 eine Bauchspiegelung mit Eileiterspülung machen, in der Hoffnung, mein Zyklus würde sich doch noch einpendeln und unser großer Kinderwunsch endlich erfüllt.

Als ich danach meine Periode wieder nicht bekam, war ich am Boden zerstört.

Ca. zwei Monate später fiel mir auf, dass mein Zervixschleim ‚spinnbar‘ ist (ich hab mich sehr viel mit dem Thema Kinderwunsch beschäftigt und wusste, dass das den Eisprung andeutet). Also habe ich zuhause einen Ovulationstest gemacht und er war positiv! Da er nach einer Woche immer noch positiv war, machte ich interessehalber mal einen Schwangerschaftstest und siehe da: positiv!

Wir konnten es kaum glauben. Als der Frauenarzt bestätigte, dass ich schon in der 10. Woche schwanger bin und sogar schon ein Herzschlag erkennbar ist, waren wir die glücklichsten Menschen! Die Schwangerschaft verlief auch zuerst total komplikationslos: keine Übelkeit oder Müdigkeit, ich merkte kaum, dass ich schwanger bin.

Und dann, in der 16. SSW hatte ich zum ersten Mal diese starken Blutungen.

Natürlich fuhr ich sofort ins Krankenhau, die Angst vor einer Fehlgeburt war groß. Dann die Erleichterung: Es ist alles OK mit meinem Baby! Ich sollte mich schonen und auf Sport verzichten, nicht mehr arbeiten gehen, aber so weit sei alles in Ordnung. Die Blutungen hörten auch wieder auf und ich war sehr erleichtert, bis zu den nächsten Blutungen.

Ab diesem Zeitpunkt begannen fast wöchentlich erneute, überregelstarke Blutungen. Ich habe noch nie in meinem Leben so stark geblutet. Jedes Mal dasselbe Spiel: ins Krankenhaus gefahren, alles OK mit dem Baby, wieder nach Hause. Bettruhe.

Ab der 23. SSW haben sie mich jedes Mal 3-4 Tage zur Beobachtung stationär aufgenommen.

Jeden Tag wurde ein CTG geschrieben und immer wieder ein Ultraschall gemacht, da auch mein Gebärmutterhals verkürzt war. Ich bekam die Lungenreife und wurde dazwischen immer wieder heimgeschickt. Es war psychisch kaum auszuhalten. Ich hatte relative Bettruhe, durfte nur aufs WC oder zum Duschen aufstehen, und bei jedem erneuten Schwall riefen wir wieder die Rettung, weil die Gefahr einer vorzeitigen Plazenta-Ablösung hoch war.

Jedes Mal hatte ich Angst, dass es jetzt vorbei ist. Keiner von den Ärzten konnte sich diese Blutungen erklären, mein Kind war etwas kleiner als der Durchschnitt, aber sonst war immer alles unauffällig. In der 29. SSW bemerkte ich zum ersten Mal einen starken Ausfluss. Der Test auf Fruchtwasser war jedoch negativ, also konnte ich wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Aber der Ausfluss wurde immer stärker.

Jedes Mal, wenn ich im Krankenhaus war, habe ich es angesprochen. Es hieß immer nur, es sei normal, dass man in der Schwangerschaft mehr Ausfluss hat als sonst. Als ich in der 32. SSW wieder eine Untersuchung hatte, bestand ich auf einen erneuten Test auf Fruchtwasser und diesmal war er positiv.

Sie haben mich wieder sofort dort behalten und mir Antibiotika gegeben, weil ich einen hohen Blasensprung hatte. Wer weiß, wie lange schon, es war ein Wunder, dass mein Baby noch keine Infektion abbekommen hatte. Dann kam noch hinzu, dass mein Baby die gesamte Schwangerschaft in der Querlage verbracht und sich nie nachgedreht hat.

Deshalb bekam ich einen Termin für einen geplanten Kaiserschnitt in fünf Tagen und sollte bis dahin stationär bleiben.

So lange wollte der kleine Mann aber nicht auf sich warten lassen: Zwei Tage später bemerkte ich in der Nacht, dass ich mehr Fruchtwasser verliere als ‚normal‘, das CTG zeigte aber keine Wehen und auch laut Ultraschall hatte ich noch genug Fruchtwasser. Ich kam wieder ins Zimmer, habe noch gefrühstückt und geduscht, als ich spürte, dass leichte Wehen begannen.

Dieses Mal hat auch das CTG Wehen angezeigt, und innerhalb weniger Minuten wurde der Puls meines Kindes immer höher. Ich hörte nur noch die Ärztin sagen ‚Wenn er bei den leichten Wehen schon so gestresst ist, will ich nicht auf richtige Wehen warten, wir holen ihn jetzt!

Danach ging alles ganz schnell, ich durfte noch meinen Mann anrufen und dann lag ich schon im OP.

Ich bekam eine regionale Betäubung (Kreuzstich) und mein Sohn wurde aus mir herausgeschnitten. Sie brauchten einen zusätzlichen Hilfsschnitt, da sie ihn fast nicht rausbekamen. Er hatte deshalb die ersten Tage nach der Geburt am ganzen Körper blaue Flecken. Ich bekam ihn nicht zu sehen. Ich hörte ihn auch nicht schreien. Stille.

Plötzlich waren alle weg. Die Panik überkam mich. Endlich kam eine Frau zu mir und mir sagte: ‚Es geht ihm gut, er hatte Startschwierigkeiten, der Kinderarzt kümmert sich gerade um ihn und er kommt dann auf die Intensivstation. Wenn Sie genau hinhören, hören Sie ihn im Nebenraum schreien.‘ Ich weiß nicht mehr, ob ich ihn schreien hörte, ich fühlte mich nur leer. Ich war nicht mehr schwanger, aber ich sah kein Kind.

Ich wusste nicht, ob mein Kind wirklich lebt, das war eigenartig.

Mein Mann konnte ihn gleich sehen. Bei mir war es erst am Abend so weit, da durfte ich ihn endlich auf der Intensivstation besuchen. Er war voller Schläuche, aber sie konnten ihn mir trotzdem auf die Brust legen. Er war so klein und durchsichtig, aber er war mein kleiner Junge, das spürte ich sofort.

Er lag dann fünf Wochen auf der Kinderstation, zuerst im Inkubator, dann im Wärmebett und zum Schluss bekamen wir ein Mutter-Kind-Zimmer. Mittlerweile sind wir seit einem Monat zu Hause und er entwickelt sich super.

Ich sehe ihn jeden Tag an und bin so dankbar, ihn zu haben.

Allerdings komme ich immer noch nicht mit der ganzen Situation klar, ich konnte die Schwangerschaft nicht genießen und die Geburt war für mich sehr traumatisch. Natürlich habe ich mir das alles ganz anders vorgestellt. Ich muss so oft daran denken, was hätte passieren können und bin einfach nur froh, dass alles gut ausgegangen ist.

Auch meinem Mann bin ich so dankbar, ohne ihn hätte ich das alles nicht durchgestanden!”


Vielen Dank, liebe Bianca, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Gute für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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