Experten alarmiert: Zunehmend Kinder mit Windeln in der Schule

Das Trockenwerden ist für viele Eltern ein Meilenstein: Eben lag dein Neugeborenes noch hilflos in deinen Armen, im nächsten Moment braucht es schon keine Windeln mehr. Ist es nicht immer wieder verblüffend, wie schnell das alles geht? Ganz so schnell geht es aber nicht bei allen Kindern: Offenbar brauchen Kinder zunehmend länger, um trocken zu werden und sitzen noch in der Grundschule in Windeln.

Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und während manche schon mit zwei Jahren tagsüber windelfrei sind, brauchen andere eben etwas länger. Die meisten Kinder werden zwischen dem dritten und vierten Geburtstag tagsüber zuverlässig trocken. Aber das funktioniert nur, wenn Eltern mit ihren Kindern üben – und genau da scheint das Problem zu liegen.

„Lehrer sind nicht dazu da, die Windeln zu wechseln.”

In der Schweiz zum Beispiel kommt es immer öfter vor, dass Kinder in der Primarschule (Grundschule) noch auf Windeln angewiesen sind. Dazu muss man wissen, dass die Kinder mit vier Jahren in die Primarschule gehen. In dem Alter kann es natürlich ab und zu vorkommen, dass die Kleinen noch Windeln brauchen, aber in letzter Zeit nimmt die Zahl der Schüler zu, die nicht trocken sind und die auch in den folgenden Jahren auf Windeln angewiesen sind.

Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) erzählte gegenüber der Sonntagszeitung, dass sie kürzlich einen Elfjährigen betreut hätte, der Windeln trug, weil er nie gelernt hatte, auf die Toilette zu gehen. „Die Eltern sind in der Pflicht, sicherzustellen, dass ihre Kinder im Schulalter keine Windeln mehr tragen. Wenn Elfjährige mit Windeln in die Schule kommen, ist das eine bedenkliche Entwicklung. Lehrpersonen sind nicht dafür da, die Windeln ihrer Schülerinnen und Schüler zu wechseln. Das geht zu weit.”

Eltern ziehen den Kindern Windeln an, weil sie länger schlafen wollen

In wenigen Fällen könnten auch entwicklungspsychologische Störungen dahinterstecken, dann könnte es ein Hinweis auf Vernachlässigung oder auf eine extrem belastete Familiensituation sein. Meistens hätten die Kinder jedoch einfach nie gelernt, trocken zu werden. Das bestätigt auch Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm: „Manche Eltern lassen das schlittern, weil die Windel eine praktische Entlastung ist. Das gilt heute nicht mehr als problematisch.“ So gebe es Eltern, die ihren Kindern Windeln anziehen, wenn sie Ausflüge machen oder weil sie morgens länger schlafen wollen. „Das ist ein komplett falsches Signal.“

Rösler betont, dass es ganz wichtig sei, dass Lehrpersonen sensibel mit diesem Thema umgehen. Das Kind dürfe auf keinen Fall bloßgestellt werden. Sie sieht eindeutig die Eltern in der Pflicht. Ein Gespräch mit ihnen sei zwingend notwendig, um das Problem anzugehen und sie in die Verantwortung zu nehmen.

„Mit großer Wahrscheinlich werden diese Kinder gehänselt oder gemobbt.”

Dem pflichtet auch Psychotherapeut Felix Hof bei: Das Tragen von Windeln sei für ein Kind in der Primarschule der ultimative Showdown, weil es viele Situationen gibt, welche das Problem outen, unter anderem im Turn- und Schwimmunterricht, beim Windelwechseln oder der Windelentsorgung. „Mit großer Wahrscheinlichkeit werden diese Kinder gehänselt oder gemobbt. Die Überforderung der Lehrkräfte macht dann die Unterstützung des Kindes und seiner Eltern noch schwieriger.”

Nehmt ihr das auch so wahr, dass Kinder immer später trocken werden?

Wie alt waren eure Kinder, als sie trocken geworden sind? Verratet uns gerne eure Erfahrungen und Gedanken dazu in den Kommentaren! Wenn das Trocken werden bei euch gerade Thema ist, dann empfehle ich diesen Beitrag: Trocken werden – Wie geht das eigentlich?

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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