Emotionale Misshandlung: Genauso schlimm wie körperliche Gewalt!

Jedes Kind hat das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Doch das heißt nicht nur, dass man Kinder nicht schlagen darf – denn körperliche Gewalt ist nur eine der vielen Facetten von „Gewalt“.

Auch psychische Gewalt hinterlässt tiefe Spuren in Kinderseelen. Ständiges Anschreien, Abwerten oder Bestrafen haben für das weitere Leben und das Befinden von Kindern ähnliche Folgen wie körperliche Züchtigung. Das hat unter anderem die Studie eines Teams um David Vachon von der McGill University herausgefunden.

Das sind die Folgen, die drohen

„Obwohl die meisten Leute denken, dass körperliche Misshandlungen schädlicher sind als andere Formen von Misshandlung, zeigen unsere Ergebnisse, dass sie alle ähnliche Folgen haben“, so David Vachon.

Fünf davon stellten sie in einer Grafik dar: Depressionen, Zurückgezogenheit, körperliche Veränderungen, Angstzustände und Neurosen. Dabei zeigte sich, dass Kinder, die psychischer Gewalt und Vernachlässigung ausgesetzt waren, fast genauso häufig diese Symptome entwickeln wie diejenigen, die sexuelle und körperliche Gewalt erfahren haben. Besonders ausgeprägt ist unter ihnen die Zahl derer, die Neurosen oder eine neurotizistische Persönlichkeit entwickeln. Depressionen und Angststörungen sind danach die häufigsten Folgen.

Diese Verhaltensweisen werden zur emotionalen Misshandlung gezählt

Das zeigt, dass auch emotionale Misshandlungen keinen Platz im Leben unserer Kinder haben dürfen. Dabei fallen unter diesen Begriff sehr viele Verhaltensweisen von Eltern oder Bezugspersonen, die den Selbstwert des Kindes herabsetzen:

  • Dauerkritik
  • Beschimpfungen
  • Sich über ein Kind lustig machen, es vor einer Gruppe vorführen
  • Ständiges Anschreien
  • Zurückweisungen
  • Gezielt Entmutigen
  • Liebesentzug
  • Terrorisieren, mit Drohungen einschüchtern
  • Strafen wie z.B. alleine im Dunkeln sein, obwohl das Kind Angst vor Dunkelheit hat
  • Strafen zu einem Zeitpunkt, an dem sich das Kind schon gar nicht mehr an die „böse Tat“ erinnern kann
  • Ein Geschwisterkind demonstrativ bevorzugen
  • Einsperren
  • Isolieren, also dem Kind Außenkontakte verweigern

Alle diese Punkte vermitteln Kindern ein Gefühl, das Psychologe Daniel Barth im Interview mit Familienleben.ch als das Schlimmste überhaupt benannt hat: „Die Botschaft, wertlos zu sein, richtet den Hauptschaden an.“

Ebenso sei es fatal, dem Kind Aufgaben zu geben, die es nicht bewältigen kann: „Eltern müssen immer wieder überprüfen: Ist das, was ich erwarte, angemessen? Wenn Eltern einen Zweijährigen – obwohl er noch viel zu jung ist für diesen Schritt – zwingen, alles mit anderen zu teilen und ihn mit Vorwürfen zu überhäufen, wenn ihm das nicht gelingt, wird er voraussichtlich noch nach Jahren in diesem Bereich Schwierigkeiten haben.“

Kleinkind Trotzphase

Überfordern Eltern ihre Kinder, kann das folgen haben. Foto: Bigstock

Eltern ist oft gar nicht bewusst, wie sehr sie ihren Kindern mit solchem Verhalten schaden, weil es nicht unmittelbar sichtbar wird.

Und wenn ich doch mal aus der Haut fahre?

Verständlich ist es, wenn Eltern ab und zu überreagieren, ab und zu auch mal laut werden. Trotzdem hilft das in der Situation eigentlich nie, schadet dem Kind und sollte nicht passieren. Hier hilft: Sich anschließend zu entschuldigen, dem Kind gegenüber ehrlich sein und eingestehen, dass man falsch reagiert hat. „Wenn Eltern einen partnerschaftlich und demokratisch orientierten Erziehungsstil pflegen, erfahren ihre Kinder viel Wertschätzung.“

Praktisch heißt das, dass man es auch mal aushalten muss, wenn der kleine Goldschatz im Supermarkt einen Zornanfall bekommt, weil man ihm das Eis nicht kauft. In so einem Moment sei ein Kind nämlich weder durch Strenge noch durch Liebe zu erreichen – da hilft eben nur, abwarten und anschließend in den Arm nehmen und trösten.

Rebecca
Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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