Einseitiger Kinderwunsch: „Ich habe ihn zu einem Kind gedrängt.”

„Ich bin 32 Jahre alt und seit vier Jahren verheiratet. Als mein Mann und ich uns kennenlernten, haben wir schnell über das Thema Heiraten und Kinder gesprochen und waren absolut einer Meinung, dass das für uns beide dazugehört. Schon als Jugendliche wusste ich, dass ich Kinder will, am besten so früh wie möglich. Meine Mama hat mich bekommen, als sie 18 war und ich finde es toll, dass sie noch so jung und fit ist. Nun, das Leben hatte andere Pläne mit mir und der richtige Mann ließ auf sich warten.

Ich war happy, dass ich endlich einen Partner an meiner Seite hatte, der meine Vorstellungen von der Zukunft teilte. Unsere Beziehung wurde schnell fester: Nach einem halben Jahr zog ich bei ihm ein und weitere sechs Monate später machte er mir einen Heiratsantrag. Da wir am Anfang der Beziehung darüber gesprochen hatten, dass wir uns beide vorstellen können, bald Eltern zu werden, ging ich davon aus, dass wir dieses Projekt nun in Angriff nehmen würden.

Doch ich täuschte mich.

Als ich das Thema kurze Zeit später anschnitt, reagierte mein Mann abweisend. Ich merkte, dass ihm das Thema nicht behagte, aber ich ließ nicht locker. Er versicherte mir, dass es weiterhin sein Wunsch ist, Vater zu werden, aber noch nicht jetzt. Er wolle zunächst die Zeit als Paar genießen, schließlich war bei uns alles so schnell gegangen. Ich fand das schade, aber lenkte ein.

Ich habe auch mit einer lieben Freundin darüber gesprochen. Sie meinte, dass er wahrscheinlich Angst vor der Verantwortung bekommt, nun, da es kein Traum in der Ferne mehr ist, sondern der Kinderwunsch Realität werden soll. Ich habe versucht, mich damit abzufinden, dass mein Mann noch nicht so weit ist. Ich wollte es nicht erzwingen. Verstehen konnte ich es nicht. Er war schon über 30 und wir standen und stehen beide beruflich und finanziell gut da.

Vor zwei Jahren haben wir dann ein Haus gekauft.

Er sprach weiterhin von unseren zukünftigen Kindern und wie er sich darauf freute, sie im Garten spielen zu sehen. Also wartete ich noch ein Jahr, bis das Haus fertig war und wir einziehen konnten und brachte erneut das Thema Baby auf den Tisch. Ich war zuversichtlich, denn wir hatten nun sogar das gemeinsame Traumhaus mit zwei Kinderzimmern – was sollte jetzt noch schief gehen? Wieder habe ich mich zu früh gefreut.

Als ich das Thema vorsichtig ansprach, kam von der anderen Seite wenig Begeisterung. Wieder sagte er, dass wir noch Zeit hätten und ihm alles zu schnell ginge. Zu schnell? Er ist Mitte 30, ich bin Anfang 30, wir sind verheiratet, haben ein Haus. Für mich klang das wie eine Ausrede. Zunächst versuchte ich ihn mit logischen Argumenten zu überreden, wollte ihm die Zweifel nehmen. Irgendwann wurde ich sauer, machte ihm Vorwürfe, wie lange ich noch warten soll. Heimlich fragte ich mich aber auch, ob es an mir liegt, dass er sich keine Kinder vorstellen kann.

Bin ich vielleicht nicht die Richtige für ihn, mit der er eine Familie gründen möchte?

Die Vorstellung tat sehr weh. Tagelang sprachen wir nicht wirklich miteinander, ich zog mich zurück und dachte darüber nach, wie es weitergehen soll. Es war okay für mich, eine zeitlang auf ihn zu warten, aber ich spürte, dass mit die Geduld ausging. Einige Freundinnen hatten bereits Kinder und ich sehnte mich danach, auch endlich Mutter zu werden. Meine Geduld war am Ende und langsam bekam ich Angst, dass mein Mann nie bereit für Kinder sein würde.

Also tat ich etwas, was ich eigentlich immer sehr verurteilt hatte. Ich versuchte noch mal in Ruhe mit meinem Mann zu sprechen und als das immer noch nichts brachte und er mir weiterhin nicht konkret sagen konnte, was für ihn gegen Kinder spricht, zog ich eine Grenze, um mich zu schützen. Ich gab ihm noch mal zwei Wochen und danach würde ich meine Koffer packen, da eine Beziehung so für mich keinen Sinn mehr macht.

Das auszusprechen war sehr schmerzhaft.

Natürlich liebe ich meinen Mann, aber ich war mir sicher, dass ihm nie verzeihen könnte, wenn ich wegen ihm kinderlos blieb. Wie lange sollte ich es noch mitmachen, dass er mir einerseits Hoffnung machte, aber andererseits doch kalte Füße bekam, wenn es ernst wurde. Die nächsten Tage waren schrecklich, ich habe sehr viel geweint und an mir gezweifelt. Vielleicht wollte ich zu viel vom Leben, immerhin hatte ich einen liebevollen Partner und eine gute Beziehung.

Doch das nächste Baby, das mir in einem Kinderwagen auf der Straße entgegenkam, erinnerte mich daran, wofür ich das alles durchstand. Nach einer Woche suchte mein Mann das Gespräch mit mir. Er sagte, dass er sich immer noch nicht bereit fühlte, aber dass er sich darauf einlassen würde, wenn die Alternative ist, dass er mich verliert. Ich nickte und war einerseits erleichtert und andererseits besorgt.

Wenig später ließ ich die Pille weg, was ich meinem Mann auch sagte.

Es klappte dann wenig später, inzwischen bin ich in der 21. SSW. Seine Reaktion auf den positiven Test war eher verhalten. Während meine Vorfreude auf unser Wunder täglich steigt, scheinen seine Sorgen immer größer zu werden. Er hat vielen seiner Freunde und Kollegen noch nicht mal erzählt, dass er Vater wird und wir sprechen kaum über das Kind, das in meinem Bauch heranwächst. Ich mache mir große Sorgen, dass ich meinen Mann verliere. Trotzdem: Ich bereue es nicht, dass ich schwanger geworden bin.

Wenn ich mit anderen über die Situation spreche, sind sie meistens sicher, dass seine Freude kommt, wenn das Baby erstmal da ist. Das hoffe ich innerlich auch, aber ich weiß, dass das nicht zwangsläufig so sein muss. Ich kenne Mütter, die ihr Leben auch alleinerziehend meistern. Auch wenn meine Wunschvorstellung von der Zukunft immer die perfekte, heile Familie vorgesehen hat, verzichte ich lieber auf den Mann als auf ein eigenes Kind.”


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Mamavon4
Mamavon4
6 Monate zuvor

Ich kann das gut nachvollziehen- als ich mit K3 schwanger wurde, war mein Partner auch nicht begeistert, hat sogar von Abtreibung geredet. Nach der Geburt hat sich für mich alles unvollständig angefühlt, so dass ich es buchstäblich darauf angelegt habe, ein weiteres Mal schwanger zu werden. Ein halbes Jahr nach der Geburt von K4 haben wir uns getrennt, seitdem ziehe ich unsere Kinder allein groß. Wir haben mittlerweile eine gute Basis gefunden, funktionieren als Eltern.