„Eigentlich wollten wir Kinder …“ Warum immer weniger Menschen Eltern werden

Die Geburtenrate in Deutschland ist auf einem historischen Tiefstand angekommen. Dabei liegt der Kinderwunsch laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) stabil bei 1,7 bis 1,9 Kindern. Eine Lücke, die nicht nur statistisch, sondern gesellschaftlich alarmierend ist.

Woran liegt das?

Ein Blick in die aktuelle Studie „State of Motherhood in Europe 2024“ der Organisation Make Mothers Matter zeigt: Die Bedingungen für Familien – und insbesondere für Mütter – sind vielerorts schlicht unzureichend. Insgesamt nahmen rund 9.600 Frauen aus elf EU-Ländern sowie dem Vereinigten Königreich teil – darunter auch Deutschland. Das Ergebnis: Fast jede zweite Mutter fühlt sich psychisch belastet.

Viele Mütter klagen über fehlende finanzielle Sicherheit, mangelnde Anerkennung ihrer Care-Arbeit und fehlende Unterstützung – durch Politik wie auch durch die Väter ihrer Kinder.

Jede fünfte Mutter denkt über Hilfe für mentale Gesundheit nach

Eine von fünf Müttern denkt darüber nach, sich in naher Zukunft Hilfe für ihre mentale Gesundheit zu suchen. Jede zehnte gibt an, dass es ihr psychisch nicht gut geht. Besonders erschreckend: 71 Prozent der Mütter sagen, dass sie sich „nicht gehört“ fühlen. Die Ergebnisse lassen erahnen, wie groß die strukturellen Defizite sind – und dass sich Mütter im Mittel kaum wertgeschätzt fühlen.

Parallel dazu beobachten Soziolog*innen, die in einem Artikel der Zeit zitiert werden, in Deutschland einen besorgniserregenden Trend: Zwar wünschen sich viele junge Erwachsene Kinder – doch sie realisieren diesen Wunsch immer seltener. Soziologe Martin Bujard stellte fest: Die Deutschen wünschen sich durchschnittlich zwischen 1,7 und 1,9 Kinder. Diese ‚intendierte Kinderzahl‘ ist seit drei Jahren konstant.

Die bisher unveröffentlichte Studie des Bundesinstituts zeigt: Trotz dieses stabilen Wunsches ist im selben Zeitraum die tatsächliche Kinderzahl stark gesunken.

In einem werden zahlreiche Gründe aufgeführt: unsichere Jobs, hohe Wohnkosten, fehlende Kita-Plätze, instabile Beziehungen – und nicht zuletzt die Angst vor dem Verlust von Selbstbestimmung.

Passen Kinder in mein Leben?

Zudem hat sich das Bild vom Elternsein stark gewandelt. Während frühere Generationen Kinder ganz selbstverständlich bekamen, wägen junge Menschen heute deutlich kritischer ab: Passen Kinder (jetzt) in mein Leben? Wie hoch ist der Preis – emotional, körperlich, beruflich?

Es fehlt nicht am Wunsch – sondern an den Bedingungen

Was deutlich wird: Der Geburtenrückgang ist kein Ausdruck von einem mangelnden Kinderwunsch. Im Gegenteil. Viele junge Menschen wünschen sich Kinder – doch sie trauen sich nicht, sie zu bekommen. Nicht, weil sie zu bequem sind oder egoistisch, sondern weil die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ihrer Meinung nach nicht stimmen.

Statt sich über sinkende Geburtenzahlen zu beklagen, müsste es also darum gehen, das Umfeld für Familien so zu gestalten, dass Kinderkriegen wieder als machbar erlebt wird – ohne Angst, ohne Überforderung, ohne sich selbst aufzugeben.

Dazu gehört finanzielle Sicherheit. Eine echte partnerschaftliche Aufteilung von Care-Arbeit. Verlässliche Betreuung, Anpassung der Arbeitsbedingungen. Mehr Zeit, mehr Wertschätzung und weniger Druck.

Spiegel gesellschaftlicher Schieflagen

Der Rückgang der Geburtenzahlen ist nicht nur ein demografisches Phänomen, sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Schieflagen. Solange Mütter sich überlastet und allein gelassen fühlen – und solange junge Menschen das Gefühl haben, sich zwischen Karriere und Kind entscheiden zu müssen –, wird sich daran wenig ändern.

Es braucht also eine neue Erzählung vom Elternsein, eine Politik, die Familien ernst nimmt und eine Gesellschaft, die versteht: Kinder zu bekommen ist kein Selbstläufer – sondern eine Entscheidung, die Unterstützung verdient.

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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