„‚Dein Alltag ist ihre Kindheit‘ – warum mich diese Sprüche nerven.”

„‚Genieße jeden Moment, es ist so schnell vorbei‘, ich kann euch nicht sagen, wie oft ich diesen Satz schon gehört oder gelesen habe, seitdem ich Mama bin. Und ehrlich: Bei den ersten 10 Malen fand ich ihn noch irgendwie schön, aber mittlerweile verdrehe ich bei solchen Sprüchen nur noch die Augen.

Klar, die klingen alle super, aber sie haben mit dem wirklichen Leben als Elternteil wenig zu tun.

Wenn meine Kleine morgens vor der Kita mit ihrem Bruder streitet, während ich verzweifelt versuche, ihr die Jacke anzuziehen, sorry, dann bin ich weit davon entfernt, mein großes Glück zu genießen. Wenn ich nachts übermüdet das Klo putze, weil tagsüber einfach keine Zeit dafür war, dann kann doch niemand erwarten, dass ich innehalte und mir denke ‚Mensch, ich genieße diesen Moment‘, da hoffe ich doch, dass der bitte schnell vorbeigeht.

Neulich hatten wir so einen richtigen Chaos-Tag, einfach nichts hat geklappt, wir hatten alle schlechte Laune. Also gab es Fertigessen aus der Mikrowelle und danach habe ich die Kleinen vor Paw Patrol auf dem Sofa geparkt, damit mein Mann und ich mal kurz in Ruhe einen Kaffee trinken und die Einkaufsliste schreiben können. Leider machte ich dabei den fatalen Fehler und warf über meine Tasse hinweg einen Blick auf Instagram.

Was prangt da mitten in meinem Feed?

Mal wieder ein wunderbarer Rat für Eltern: ‚Denke immer daran, dein Alltag ist ihre Kindheit.‘ Mein Blick fällt auf meine Kinder, die an einem sonnigen Tag mit Keksen vor dem Tablet hängen und ich bekomme ein schlechtes Gewissen. Rabenmutter des Jahres 2022, darf ich vorstellen, das bin dann wohl ich. Gleichzeitig werde ich wütend. Was soll denn immer dieses kitschige Geschwafel?

Die meisten Eltern geben ihr Bestes, das Leben ihrer Kinder so schön wie möglich zu gestalten, wozu dann dieser unnötige Druck? Schließlich muss ich meinen ‚Alltag‘ irgendwie bewältigen und kann nicht immer ‚den Abwasch einfach mal auf später verschieben‘.

Irgendwann muss er eben gemacht werden, ob das mir und meinen Kindern nun Freude bereitet oder nicht.

Bestimmt wäre es toll, wenn ich immer im Zen-Modus mit den Kindern spielen würde, anstatt Wäsche zu waschen oder Einkaufslisten zu schreiben. Aber erstens bin ich kein Roboter, der einen automatischen Gute-Laune-Modus hat und zweitens gibt es Dinge, die sich nicht von selbst erledigen.

Spätestens wenn alle Teller dreckig in der Spüle stehen und die letzte saubere Unterhose aus dem Schrank geholt wurde, möchte ich das Gesicht von meinem Mann und meinen Kindern mal sehen, wenn ich ihnen verkünde, dass ich keine Zeit für solche alltäglichen Problemchen habe, weil ich stattdessen einfach nur die Augenblicke mit ihnen genießen will.

Ich weiß nicht, wie es anderen Eltern geht, aber ich persönlich kann meinen Kindern deutlich entspannter zuhören und auf sie eingehen, wenn ein Mindestmaß an Haushalt bewältigt ist.

Und deswegen will ich auch kein ‚aber sie werden doch so schnell groß‘ mehr hören. Ich will gar nicht leugnen, dass die Kalendersprüche einen wahren Kern haben. Ja, sie werden schnell groß, ja, die Zeit geht schnell vorbei, aber das heißt nicht, dass ich zu 100 Prozent meiner Zeit pures Glück empfinden muss.

So funktioniert das Leben nicht, schon gar nicht mit Kindern. Ich liebe meine Familie und natürlich gibt es diese tollen Glücksmomente, in denen ich alles ausblenden kann und auch mal was im Haushalt liegen bleibt, weil ich lieber die Zeit mit meinen Kindern genieße. Aber es muss eben auch die andere Seite geben, den ganz banalen Alltag, damit solche Momente möglich sind.”


Liebe Mama (Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass du uns deine Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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Sabine Müller
Sabine Müller
1 Jahr zuvor

Mädels, euch ist aber bewusst, dass ihr einen 16 Stunden Alltag habt und eure Männer einen 8 Stunden Job? Wenn überhaupt. Auch Männer können das Bad putzen und Geschirr spülen. Nur mal so

Tani
Tani
1 Jahr zuvor

Liebe Mama,
Als ich deinen Beitrag las, kam mir sofort der Gedanke: lass dich nicht von Insta beirren. Das ist vieles Fake. Soll mal eine/r posten, wie es WIRKLICH im Familienalltag abgeht, aber das wird viel zu wenig gemacht. Gibt halt weniger Likes dafür.

Du bist gut so wie Du bist, das weißt Du, also sch…. auf diese Internet-Scheinwelt und mach Dein Ding.

Ich finde ebenso, dass es mit einem Mindestlevel an Haushaltsordnung innerlich besser vorangeht und hab noch einen weiteren Tip:
Falls möglich, gern mal das Kind / die Kinder im Haushalt einbinden.

Liebe Grüße

Jessy
Jessy
1 Jahr zuvor

Das kann ich zu 100 % unterschreiben. Auch ich putze oft bis kurz vor Mitternacht zb noch das Klo, hole die Wäsche vom Balkon (die dann wieder tagelang liegen bleibt bis ich dazu komme sie weg zu räumen) räume den Geschirrspüler aus oder mach andere Sachen. Man will sich ja zu Hause wohlfühlen und den Kindern auch vermitteln das Ordnung zum Leben gehört. Ich gehe jeden Tag mit ihnen raus, koche und dann bleibt auch mal was liegen. Aber man muss dranbleiben sonst kommt man am Ende nicht mehr hinterher. Ich bin zum Glück noch in Elternzeit und kann die Zeit trotzdem genießen. Anders wäre es wenn man Vollzeitarbeitet dann noch den Haushalt machen muss und wenig Zeit für die Kinder bleibt. Man kann und sollte die Kinder natürlich mit einbeziehen. Aber am schönsten ist es doch mit ihnen zusammen ins Schwimmbad oder auf den Spielplatz zu gehen. Kuscheln dabei ein Buch vorzulesen…. Anstatt den Geschirrspüler zusammen auszuräumen.