„Bin ich eine Spaßbremse, nur weil ich keinen Alkohol trinke?”

„Ich bin Angelique und zweifache Jungsmama. Mein kleiner Sohn wird bald zwei, mein Großer hat vor einem Monat seinen vierten Geburtstag gefeiert. Ich lese hier oft die Geschichten von anderen Müttern und möchte heute auch mal ein Thema beisteuern.

Ich trinke seit einigen Jahren keinen Alkohol mehr und werde oft darauf angesprochen, manchmal sogar regelrecht dafür verurteilt. Dabei habe ich in meinen wilden Jahren am Wochenende häufiger mal zu tief ins Glas geschaut. Das war in meiner Clique normal, wenn man zusammen Feiern geht. Sonderlich gut geschmeckt hat mir Alkohol aber schon damals nicht.

Angefangen hat alles, als ich versucht habe, schwanger zu werden.

Als ich meinen heutigen Mann kennenlernte, war schnell klar, dass es etwas Ernstes ist und mein Leben wurde deutlich ruhiger. Wenn wir abends mit Freunden ausgingen, trank ich meistens nur ein paar Glas Wein, die mir am nächsten Tag einen Brummschädel verursachten. Als wir uns dann nach unserer Hochzeit bereit für Kinder fühlten, entschied ich, den Alkohol erstmal ganz wegzulassen.

Obwohl ich damals einen guten Grund für den Verzicht hatte, konnten viele Leute offenbar nicht verstehen, dass ich nicht mehr trinke. Auf dem Geburtstag einer Freundin wurde ich sogar als ‚Spielverderberin‘ bezeichnet, weil ein Sekt doch ‚nicht schlimm‘ sei. Ich sah das anders und blieb dabei. Trotzdem fragte ich mich manchmal: Bin ich jetzt die Spaßbremse, weil ich keinen Alkohol trinke?

Während meiner Schwangerschaft und in der anschließenden Stillzeit war das Thema dann erstmal vom Tisch.

Doch kaum hatte ich abgestillt, kam es wieder auf. Alle gingen scheinbar davon aus, dass ich es kaum abwarten könnte, mein erstes Glas Wein an meine Lippen zu setzen. Das Gegenteil war der Fall: Da ich sowieso so lange darauf verzichtet hatte, sah ich nun auch keine Notwendigkeit mehr, wieder damit anzufangen. Vermisst hatte ich es nämlich überhaupt nicht!

Trotzdem werden mir bis heute ständig Drinks angeboten und ein einfaches ‚Nein‘ reicht häufig nicht aus. Wenn ich dann sage, dass mir Alkohol nicht gut schmeckt und ich auch schon bei kleinen Mengen einen Kater bekomme, wird das auch nicht so richtig akzeptiert. Ich weiß, die meisten meinen es nicht böse, aber mittlerweile nervt es ein wenig, dass ich prompt eine ganze Liste von ‚leckeren‘ Drinks vorgeschlagen bekomme, die ich garantiert auch mögen und vertragen würde.

Neulich auf einem Kindergeburtstag gönnten sich die anderen Muttis gerade ein Glas Weinschorle, als ich unfreiwillig zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit wurde.

Ich war neben einer schwangeren Freundin mal wieder die Einzige, die auf Orangensaft bestand. Während die meisten mehr oder weniger diskret auf meinen Bauch schielten (er wölbte sich leicht, weil ich vorher beim Buffet ordentlich reingehauen hatte), flüsterte mir eine Bekannte verschwörerisch zu: ‚Aber Alkoholikerin bist du nicht, oder?

Ne, bin ich nicht, ich möchte einfach keinen Alkohol trinken. Ist das denn so schwer zu verstehen? Es gibt schließlich viele gute Gründe, darauf zu verzichten. Alkohol ist Gift für unsere Zellen und die meisten Menschen trinken ihn in bedenklich hohen Dosen.

Schon klar, Süßigkeiten sind auch ungesund, aber die schmecken mir wenigstens!

Außerdem mag ich es überhaupt nicht, wie ich mich am nächsten Tag fühle, wenn ich am Vorabend getrunken habe. Auch nach nur zwei Gläsern Wein war ich viel schneller gereizt als sonst, fühlte mich oft den ganzen Tag schlapp und müde. Gerade als Mama bin ich darauf angewiesen, fit zu sein. Der kleine Rausch ist es mir nicht wert, dass ich dann am nächsten Tag total durchhänge.

Vielleicht lesen hier ja viele mit, die mich gut verstehen können und diese Situation kennen. Für mich eine schöne Vorstellung, dass sich vielleicht auch Mamas durch meine Worte bestärkt fühlen. Und vielleicht erreiche ich ja auch andere, die nun vielleicht bei der nächsten Feier besser verstehen, dass jemand einfach nicht trinken möchte.”


Liebe Angelique, vielen Dank, dass du uns deine Meinung anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Franziska
Franziska
1 Jahr zuvor

Hallo liebe Autorin,

ich bin alleinerziehende Mama seit Feststellung der SS. Vorher habe ich, ebenfalls wie du, viel gefeiert und viel Alkohol getrunken. Jetzt ist es so, dass mich sogar die Familie ausläd, da sie lieber Alkohol trinken möchten. Ich trinke, genau wie du, gar keinen Alkohol mehr. Ich brauche das nicht mehr, ich möchte es nicht. Ich habe auch immer den Tag danach einen furchtbaren Kater und möchte das meiner mittlerweile 4-jährigen Tochter nicht antun. Ich muss auch dir dein und nicht quälend auf der Couch gammeln. Ich bin voll und ganz bei dir oder euch sogar. Danke für diesen Beitrag, ich habe oft gedacht ich bin die einzige die durch das Nicht-Trinken so viel ärger hat. Bleibt stark und bei deinen oder euren Werten.

Liebe Grüße,

Franzi mit Töchterchen V.