Alleinerziehend im Lockdown: „Meine 13-Jährige wird immer unglücklicher“

„Ich bin eigentlich stille Mitleserin hier, aber jetzt möchte ich mich auch mal zu Wort melden. Ich habe nämlich das Gefühl, dass gerade im Lockdown eine Gruppe viel zu selten zu Wort kommt: Die alleinerziehenden Mütter und Väter.

Ich bin alleinerziehende Mama von einer 13-Jährigen und arbeite in Vollzeit. Da ich eine neue Niere bekommen habe, gehöre ich zur Corona-Risikogruppe. Ich habe also einige Sorgen zu stemmen momentan. Manchmal kann ich deswegen die Beschwerden von Menschen ohne Kinder oder mit einem Partner an der Seite nicht verstehen.

Als Alleinerziehende trage ich die Sorgen um mein Mädchen in dieser Zeit ganz alleine.

Sie ist gerade in einem Alter, in dem man die Welt entdecken und seine ersten eigenen Erfahrungen machen möchte: Freunde treffen, die erste Liebe erleben, einfach mal ohne die Kontrolle der Eltern sein. Das alles geht wegen der Corona-Maßnahmen nicht. Meine Kleine ist eher schüchtern und introvertiert. Aber Anfang 2020 hatte sie in ihrer Klasse endlich Anschluss gefunden und ist offener geworden. Dann kam der erste Lockdown.

Am Anfang ging es noch, da hat sie viel mit Freundinnen telefoniert, aber das wurde nach und nach weniger. Jetzt sitzt sie oft allein in ihrem Zimmer, ich bin ihre einzige Kontaktperson. Natürlich ist das für sie unbefriedigend, ich bin durch das Home-Office rund um die Uhr da und sie hat nie ‚Mama-frei‘. Vor dem Coronavirus hatte sie Reitstunden und ist zum Klavierunterricht gegangen, das fällt nun alles aus.

Ich habe das Gefühl, dass meiner Tochter ihre Jugend genommen wird.

Anstatt langsam erwachsen zu werden, sitzt sie nur zu Hause rum und das war es dann. Eigentlich ist sie ein sehr liebes und ausgeglichenes Mädchen, aber seit dem Lockdown wirkt sie oft müde und ist manchmal sogar richtig zickig. Zwischen uns kommt es deswegen oft zu Streitigkeiten und sie weint viel mehr als früher. Natürlich versuche ich Verständnis zu haben und für sie da zu sein, aber durch den Lockdown fällt es mir schwer, sie auf andere Gedanken zu bringen: Nur mit der Mama spazieren gehen und in der Wohnung sitzen ist einfach nicht wirklich hilfreich.

Vor den Corona-Maßnahmen ist sie auch gerne zur Schule gegangen und war immer fleißig, inzwischen wird sie immer unmotivierter. Ständig fällt der Unterricht aus oder findet nur digital statt – sorry, aber aktuell verstehe ich sie und alle anderen Kinder, die keine Lust mehr auf Schule haben!

Dazu kommen die finanziellen Sorgen.

Als Alleinerziehende fühle ich mich einfach so im Stich gelassen. Wegen der Pandemie befinde ich mich aktuell in Kurzarbeit und arbeite nur 50 Prozent. Das bedeutet im Klartext: Ein großer Teil meines Gehalts fehlt und trotzdem bleiben die Kosten: Miete, Strom und Heizkosten, das muss schließlich alles bezahlt werden.

Ich stehe aktuell vor der Frage, ob ich mich ans Amt wenden sollte, um Arbeitslosengeld zu beziehen. Denn das würde sich finanziell für mich fast mehr lohnen als zu arbeiten. Aber eigentlich möchte ich das auf keinen Fall! Ich will doch meiner Tochter ein gutes Vorbild sein und ihr vorleben, dass Arbeiten wichtig ist und zum Leben dazugehört.

Aber aktuell weiß ich einfach nicht, wie es weitergehen soll.

Ich habe schon versucht, mich beraten zu lassen, aber die Behörden sind einfach die reinste Hölle. Bei jedem meiner Anrufe wurde ich extrem unhöflich und manchmal nahezu arrogant behandelt. Auf meine besorgten Fragen wurde entweder gar nicht oder sehr herablassend reagiert. Die Abläufe dort scheinen durch die Pandemie noch langsamer zu sein als sowieso schon, einiges scheint gar nicht mehr zu funktionieren.

Wenn man finanzielle Hilfe beantragen möchte und endlich alle Unterlagen dafür zusammen hat, dauert es manchmal wochenlang, bis endlich Antwort kommt. Dann heißt es nur, dass noch Dokumente fehlen und das Ganze zieht sich dann ewig so weiter. Nach gefühlten zehn Mal Unterlagen versenden und Dokumente nachreichen, obwohl schon längst alles vorliegen müsste, habe ich jetzt irgendwie aufgegeben.

Ich möchte das einfach mal loswerden, um den Alleinerziehenden im Lockdown eine Stimme zu geben. Viele von uns haben aktuell so viele Sorgen, die sie mit niemanden teilen können.

An alle Alleinerziehenden: Ihr seid toll!“


Liebe Mama (echter Name ist der Redaktion bekannt), vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast! Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe.

WIR FREUEN UNS AUF DEINE GESCHICHTE!
Hast Du etwas Ähnliches erlebt oder eine ganz andere Geschichte, die Du mit uns und vielen anderen Mamas teilen magst? Dann melde Dich gern! Ganz egal, ob Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Mamaleben, besonders schön, ergreifend, traurig, berührend, spannend oder mutmachend – ich freue mich auf Deine Nachricht an [email protected].

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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„Alleinerziehende Mamas sind die Superheldinnen der Pandemie!”
2 Jahre zuvor

[…] mich sind alleinerziehende Mamas deswegen die wahren Superhelden der Pandemie, ihr verdient es, dass ihr das auch mal […]