Adoption von Baby mit Behinderung: Es ist weder ‚mutig‘ noch ‚heldenhaft‘

Mama Laura freut sich über die gelungene Adoption ihres Baby, doch was sie manchmal innehalten lässt, sind die Reaktionen von Außenstehenden. Sie und ihr Partner sind glücklich, dass sie endlich eine kleine Familie geworden sind, umso trauriger, dass manche Kommentare die Freude trüben.

Im Interview mit dem Focus erzählt die Mutter, die von der Redaktion den Namen „Laura” bekommen hat, dass sie und ihr Mann sich eine Familie sehnlichst wünschten. Doch das Paar erfährt, dass es keine Kinder bekommen kann. Die beiden geben nicht auf und bewerben sich als Adoptiveltern.

Es dauerte nur wenige Wochen, bis Laura und ihr Mann den ersehnten Anruf erhalten, dass ein zwei Wochen alter Säugling neue Eltern sucht.

Schnell kommt es zum Kennenlernen und Laura erinnert sich, dass sie zunächst sehr gefasst auf das Baby reagierte: „Ich sah es an und sprach mit ihm, aber es fühlte sich nicht so an, als würde ich zu meinem Kind sprechen. Ich habe keine Liebe auf den ersten Blick gespürt.” Trotzdem ist sie sich sofort sicher, dass sie dieses Baby annehmen kann und eines Tages lieben wird.

Schon beim ersten Anruf hatte das Paar erfahren, dass das Baby „ein kleines Extra” mitbringt, wie Laura erklärt: „Als ich den Anruf vom vermittelnden Jugendamt bekam, sagte mir die Mitarbeiterin gleich am Anfang, dass das Kind das Down-Syndrom hat und deshalb von den Eltern zur Adoption freigegeben wird.

Nach der ersten Kennenlern-Zeit findet die neue kleine Familie langsam zusammen.

„Inzwischen gibt es auch Momente, in denen wir so etwas wie Familienidylle empfinden und genießen. Nun haben auch Herz und Verstand begriffen, dass wir Eltern sind. Und wir sind beide echt glücklich darüber.”

Da es nur wenige Menschen gibt, die sich vorstellen können, ein Kind mit Behinderung zu adoptieren, ahnten sie und ihr Mann im Vorfeld schon, dass es wahrscheinlich dazu kommen würde. Nach dem Kennenlernen sagten die Herzen von Laura und ihrem Mann laut und deutlich „ja”.

Doch eines stimmt die Eltern nachdenklich, manchmal sogar traurig.

Immer wieder bekommen Laura und ihr Mann zu hören, dass sie „mutig” seien und „bewundernswert”, weil sie ein Kind mit Down-Syndrom adoptiert haben. „Ich weiß den Respekt und die Anerkennung, die damit ausgedrückt werden, durchaus zu schätzen.  Aber sie machen mich auch traurig. Weil darin der Subtext mitschwingt, dass ein Kind mit Behinderung weniger wert ist. Dass es irgendwie eine Heldentat wäre, wenn man sich eines solchen Kindes, das ‚keine/r haben will‘ annimmt.

Auch wenn es vielleicht stimme, dass es eine größere Herausforderung sei, Kinder mit Behinderung aufzuziehen, gefällt es Laura nicht, dass die Adoption von anderen wie eine „Heldentat” gesehen werde. Schließlich seien alle Eltern „mutig”, dass sie ein Kind bekommen, denn sicher wisse man nie, ob das Baby mit Behinderungen zur Welt kommt.

Laura möchte mit einem Irrtum aufräumen:

„Wir denken, wenn ein Kind nicht so ist, wie wir es uns vorgestellt haben, wenn es nicht der Norm entspricht, dann könnten wir niemals glücklich sein. Und das Kind selbst schon gar nicht!” Doch das stimme so nicht: „Die wenigsten Menschen mit Behinderung empfinden ihre Behinderung als Problem; es sind die anderen Menschen, die die Behinderung zu einem Problem machen.

Wie findest du Lauras Meinung? Schreibe mir dazu gerne in den Kommentaren!

Wenn du dich gerade fragst, wie du mit deinen Kindern besser über Menschen mit Behinderungen sprechen kannst, dann könnte dich unser Text „WARUM HAT DER MANN RÄDER AM HINTERN“ interessieren.

 

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Saskia
Saskia
2 Monate zuvor

Hey, ich finde den Artikel super verfasst und so wahr, endlich sagt es mal jemand, Kind ist Kind. Ich finde es toll, dass der kleine Mann ein Zuhause bekommen hat, das er verdient, und ich finde es bewundernswert, dass sie es endlich ausspricht und das sie diese Verantwortung übernehmen, anstrengend ist es schon, aber es lohnt sich, jedes Kind ist anstrengend, einfach toll die Laura 🙂 ich arbeite in der Kita als Erzieherin im KBZO , also mit Kindern mit Behinderung, und die sind alle gleich toll, egal ob mit oder ohne Behinderung.

Familylover
Familylover
2 Monate zuvor

Erstmal, toll, dass sie glücklich geworden ist! 😍
Ich finde es jedoch etwas „unschön“, dass sie Kommentare wie »toll, dass du sowas machst« oder »Eine Hedin« so schlecht macht. Schließlich ist es doch eine Heldentat! Denn wer weiß, vielleicht hätte das Kind ohne sie uns ihren Mann niemals eine schöne Familie haben können!
LG Familylover

Angelika Kreuzwieser
Angelika Kreuzwieser
1 Jahr zuvor

Wenn man ein Kind bekommt, plant man nicht wirklich mit ein, dass dieses Kind eine Behinderung hat. Natürlich ist bei vielen werdenden Eltern die Frage da, ob alles gut ist. Und man denkt darüber nach, ob das Kind gesund ist, die Geburt gut läuft und wie man mit einer Behinderung umgehen würde. Mit wenigen Ausnahmen sind das aber nur Gedanken, kaum jemand rechnet doch ohne guten Grund fest damit, dass dem Ungeborenen etwas passiert, man hat die Hoffnung auf ein gesundes Baby.
Wenn Eltern die Nachricht bekommen, dass ihr Kind eine Behinderung hat, ist da oft erst einmal Verzweiflung, die Eltern von Lauras Baby haben sich sogar dazu entschieden, ihr Kind zur Adoption freizugeben.
Deshalb finde ich es auch mutig und bewundernswert, dass Laura und ihr Mann sich für ein Kind mit Down Syndrom entschieden haben, eben weil es eine Entscheidung war. Ein „Ja“ nicht nur zu einem Kind, sondern zu einem Kind mit besonderen Bedürfnissen, die die Eltern vielleicht noch gar nicht einschätzen können. Kein „Norm-Kind“, keine vermeintlich planbare Zukunft, sondern einfach nur eine Familie. In einer Zeit, in der es vielerorts möglich ist, Geschlecht und Aussehen des Kindes im Reagenzglas festzulegen und wo bei Samenbanken viel Wert auf die Intelligenz und das Aussehen eines Spenders gelegt wird und Softskilks wie Empathie, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft kaum eine Rolle spielen, ist es etwas Besonderes, sich bewusst für das vermeintlich unperfekte zu entscheiden. Dabei macht gerade das Unperfekte einen oft perfekt glücklich.
Ich wünsche der Familie alles Gute und ein tolles Leben mit ihrem kleinen Wunder.

Monika Meyer
Monika Meyer
1 Jahr zuvor

Hey Laura
Ich selbst habe einen Sohn mit Autismus und einer lern Schwäche. Er ist nun 12 und macht sich immer besser. Viele seiner Freunde haben das down Syndrom. Und sie verbreiten so viel Liebe und Herzlichkeit.
Nichts desto trotz ist es auch manchmal anstrengend.
Ihr könnt Unterstützungen bekommen.
Für Tipps und damit euer Sonnenschein alles für seine Entwicklung noch bekommt, und man sagt euch ja auch nicht alles……..meldet euch ruhig bei mir.

Ju Ste
Ju Ste
1 Jahr zuvor

Super dass die Familie sich für die Adoption entschieden hat.
Das freut mich sehr für alle…für die Adoptiveltern genauso wie für das Kind.
Was mich sehr stört, ist der Gedanke, dass die Eltern sich tatsächlich an solchen Begriffen wie „heldenhaft, mutig“ usw stören könnten.
Zum einen, weil das ein „Nichts“ ist, mit was man es auf dem Weg der Kindererziehung zu tun hat, egal ob man ein „Normalkind“ oder ein „Besonderes Kind“ aufzieht.
Da kommen ganz andere Dinge auf einen zu.
Es wäre schlimm, wenn tatsächlich schon Begriffe für Empörung und emotionales Reagieren führen. Ich hoffe, das hier ist nur ein ausgedachter und / oder übertriebener Aufreger.

Diejenigen, die dem frischgebackenen Eltern die gut gemeinten Worte gesagt haben, haben es sicher nicht abwertend gemeint, sondern haben daran gedacht, was tatsächlich alles auf die Eltern im Laufe der Zeit ziemlich sicher zukommen wird.
Ablehnung, Ignoranz, wirklich dumme Sprüche, sogar richtige Anfeindungen, sowohl dem Kind als auch den Eltern gegenüber. Zusätzlich viele viele Arzttermine und mögliche Förder-und Therapiestunden, Schwierigkeiten während der Kindergarten- und Schulzeit, da besonders dann grosse Herausforderungen auf die Familie warten. Wenn schon solche gut gemeinten Sprüche solche Reaktionen hervorrufen, wie geht die Familie mit dem Problem der nicht perfekten Inklusion in der Kiga-, Schul- und Berufswelt um?
Ich denke dass diejenigen, die die lebenden Worte gesprochen haben, vermutlich an diese, noch vor den Eltern liegenden Zeiten gedacht haben könnten.
Also….falls die Eltern real sind: “ bitte versucht es mit mehr Gelassenheit und denkt nicht gleich negativ bei allem, was in Bezug eures Kindes gesagt werden wird. Ihr braucht die Kraft für die wahren Probleme, die die Elternschaft von egal welchem Kind mit sich bringt, ob mit oder ohne Handicap.
Schraubt eure Ansprüche an eure Mitmenschen diesbezüglich herunter, ganz allgemein.
Ihr verliert sonst schnell den Blick fürs Wesentliche, vergrault sogar Unterstützer und habt nachher keine Nerven mehr für die wirklichen Probleme.
Nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, lieber in freundlichen Austausch gehen, statt alles negativ deuten.
Freut euch an eurem Kind, genießt jeden Lebensabschnitt, glaubt an euch. Ihr seid wichtig, nicht was andere vermeintlich !!! alles falsch sagen.
Alles Gute,
Inklusionskraft, Mutter von 4 eigenen Kindern (Teenie bis Erwachsen..), Tagesmutter, Schulkindbetreuerin, Pflegemutter…

Birgit
Birgit
1 Jahr zuvor

Hallo Laura, schön, dass Ihr Euch eines solchen Kindes annehmt. Es ist ein Reichtum sowie eine Herausforderung. Schade, dass Dich interessiert, wie andere das sehen. Ich habe ein „solches“ Kind und 5 „Normalos“. Und ich arbeite mit Menschen mit Handykap. Diese besonderen Menschen wissen sehr wohl, dass sie anders sind und auch, dass sie anders betrachtet und ständig angesehen werden. Du wirst stark werden für Dein Kind und Du wirst es stark machen, damit umzugehen. Die anderen kannst Du nicht ändern, auch deren Meinungen nicht. Man weiß auch bei „Normalos“ nicht, was aus ihnen wird, oft haben sie die größere „Behinderung“. Wer definiert das Wort? Was ist eine Behinderung? Für mich ist jemand „behindert“, der sein Gegenüber nicht einfach nur als Menschen ansieht. Das Thema ist sehr weit…. Ich wünsche Dir auf Deinem Weg mit Deinem sehr besonderen Kindchen alles Gute und viel Kraft. Menschen mit Down-Syndrom haben einen sehr starken Willen und einen eigenen Kopf und wissen auch, dass sie sehr „süß“ sind. Wenn Du die Chance, die dieses Menschlein Dir selbst als Menschen gibt anzunehmen weißt und alle anderen zum Teufel jagst wirst Du ein großes Glück und sehr viel Liebe finden. Ich denke an Dich….. Liebe Grüße von Birgit

Christine Koller
Christine Koller
1 Jahr zuvor

Ich habe mit Tränen in den Augen diesen Bericht gelesen und ja, ich fühle mit dieser Familie. Mein Mann und ich haben zwei eigene Kinder ( 32 J. und 29 J.) und zwei Pflegekinder (20 J. u. 13 J.) Beide Leben seit ihrem zweiten Geburtstag bei uns. Unser Jüngster ist ein fasd-Kind, hat das Burnside-Butler Syndrom, das ATRX- Syndrom, Brille mit 8 und 7 Dioptrien, Orthesen wegen Sichelfüßen und Hörgerät. Und ja, er ist das Kind von dem man liebevoll behauptet “ er hat uns gerade noch gefehlt“. Leon besucht die Schule der Lebenshilfe zur geistigen Entwicklung. Er spricht wie ein Wasserfall, kann Ski fahren, schwimmen und er fährt Mountainbike. Er hat ein breites Allgemeinwissen, kann lesen, schreibt Schreibschrift. Was nicht so gut klappt, ist der Umgang und das Verständnis für alles Mathematische ( Uhr, Geld, rechnen) alles dauert einfach etwas länger. Wir bewegen uns derzeit im Zahlenraum der Grundrechenarten bis 100. Und dann ruft er fröhlich aus dem Trampolin :“ Mama, mir geht es so gut und ich hab dich so lieb.“ — und alles ist gut. In unserem Dorf kennt ihn und uns, jeder. Zweifelnde und bemitleindende Blicke gibt es kaum noch. Das haben wir hoffentlich hinter uns. Aber es gab sie zur Genüge. Ein behindertes Kind zu haben ist kein Makel, ist nicht schlimm. Wir sind unendlich stolz darauf, was wir mit Leon bisher erreicht haben und auch auf das, was er bei uns erreicht hat. Unser Herz, Toleranz, Verständnis, Weitsicht, grenzenlose Liebe, Konsequenz, Struktur, Organisationen gelebte Inklusion. Übrigens– gerade ist er mit der Jugendgruppe der Freiwilligen Feuerwehr beim Bundeswettbewerb. Er rockt das. Seid gegrüßt liebe Neumarkter Pflegeeltern

Sara
Sara
1 Jahr zuvor

Ich stimme der Autorin nur teilweise zu. Ich finde nicht, dass der Gedanke weit verbreitet ist, dass man mit behindeten Kind und dieses selbst nicht glücklich sein kann. Und genausowenig finde ich, dass die Aussagen „mutig“ oder „bewundernswert“ nur aussagen würden, dass ein Kind oder Mensch mit Behinderung weniger wert wäre. Vielleicht meinen einige das damit, aber wenn ich das sagen würde, dann, weil es oft lebenslange Unterstützung und Abhängigkeit bedeutet in einem größeren Maß und zusätzlich Kampf mit gesellschaftlichen Strukturen. Ich kenne eine Familie, die ist nur am kämpfen. Eine normale Ausbildung ist zu schwierig, der Behinderungsgrad offiziell nicht hoch genug für eine Spezielle für Behinderte. Man wird immer nur weiterverwiesen, niemand fühlt sich zuständig. Alleine kann die junge Frau nicht Leben, sie braucht immer jemanden, der nach ihr schaut und für sie mitdenkt. Sich also freiwillig (da Adoption) sein Leben lang wissentlich so zu binden und wissentlich Frustration auf das System in Kauf zu nehmen ist mMn sehr mutig!