Gefühle statt Regeln: Eltern von heute wollen keine „braven” Kinder mehr

Als Kind gehörte ich zu denen, die schnell als „frech“ abgestempelt wurden, weil ich alles hinterfragt habe, laut gelacht habe oder manchmal einfach Nein gesagt habe. Ich konnte kaum etwas akzeptieren, ohne zu verstehen, warum – und das führte oft dazu, dass Erwachsene mich ermahnten oder meinten, ich solle „brav sein“. Viele von uns sind mit genau diesen Erfahrungen aufgewachsen: Gehorsam war wichtiger als die eigene Meinung, Anpassung wichtiger als Selbstbestimmung.

Heute, als Millennial, sehe ich vieles anders. Die „neuen Eltern”, also die Millenials und auch die GenZ (Generation Z), wollen nicht nur Gehorsam fördern, sondern auf Selbstbewusstsein, Einfühlungsvermögen und echte Beziehung setzen. Kinder sollen ihre Gefühle ausdrücken dürfen – und lernen, Verantwortung zu übernehmen, ohne Angst vor Fehlern zu haben.

Was sich in der Erziehung verändert

Die aktuelle Studie „Familie und Erziehung 2025“ der Pronova BKK zeigt ganz deutlich: Das alte System aus „brav sein und funktionieren“ verliert an Bedeutung. Eltern wünschen sich heute Kinder, die verantwortungsbewusst (48 %), hilfsbereit und höflich (je 47 %) sind – aber eben auch Spaß am Leben haben.

Ehrgeiz und Erfolg, die früher als wichtigste Tugenden galten, landen weit hinten. Nur 22 % nennen Ehrgeiz als wichtig, 19 % Erfolg. Stattdessen stehen Empathie, Selbstbestimmung und Freude im Mittelpunkt – Werte, die das Miteinander stärken statt Druck erzeugen.

„Ich will, dass mein Kind Nein sagen kann – auch zu mir“

So denken viele Eltern der Gen Z und Millennials. Die Generation, die selbst oft gehört hat „Weil ich es sage!“, möchte es heute besser machen. Viele wissen, wie es sich anfühlt, überhört oder klein gemacht zu werden. Deshalb suchen sie nach neuen Wegen – mit mehr Verständnis, weniger Machtspielchen und ganz viel Kommunikation.

„Die heutige Elterngeneration wurde in einer Zeit sozialisiert, in der Aufmerksamkeit und Anerkennung oft an Leistung gekoppelt waren“, erklärt Familienpsychologin Nina Grimm in der Studie „Familie und Erziehung 2025“ .

Grenzen, aber mit Gefühl – so denken junge Eltern heute

„Bedürfnisorientiert“ heißt nicht „grenzenlos“. Auch in modernen Familien gibt es klare Regeln – nur werden sie anders vermittelt. Statt: „Räum sofort dein Zimmer auf!“ könnte es heute heißen: „Ich sehe, dass dein Zimmer gerade unordentlich ist. Wollen wir zusammen überlegen, wie wir es am schnellsten wieder sauber bekommen?“

Klingt nach einer Kleinigkeit, verändert aber viel: Kinder spüren, dass ihre Meinung zählt. Sie lernen, sich mitzuteilen, statt einfach zu funktionieren. Und sie entwickeln Vertrauen – in sich selbst und in ihre Eltern.

Dieser Weg ist manchmal anstrengender, weil er mehr Zeit, Geduld und Selbstreflexion braucht. Aber er schafft Nähe, statt Distanz.

Selbstbestimmung macht stark – für die Zukunft und das Leben

Laut der Studie ist Selbstbestimmung für über die Hälfte der Eltern einer der wichtigsten Werte überhaupt. Das Ziel: Kinder, die wissen, was sie wollen, aber auch auf andere achten können. Kinder, die laut sein dürfen, ohne verletzend zu werden. Kinder, die Nein sagen können, ohne Angst zu haben.

Das ist kein „Laisser-faire“, sondern eine neue Form von Stärke. Denn Kinder, die heute lernen, auf Augenhöhe gehört zu werden, tragen diese Haltung später weiter – in ihre Freundschaften, Beziehungen und Familien.

Ein neuer Blick auf Erziehung

„Brav“ ist also kein Ziel mehr – beziehungsstark schon. Die neue Generation von Eltern will Kinder großziehen, die nicht nur „funktionieren“, sondern fühlen, verstehen und Verantwortung übernehmen.

Ja, das ist manchmal chaotischer. Ja, das braucht Nerven. Aber es bedeutet auch: weniger Angst, mehr Vertrauen – und Kinder, die sie selbst sein dürfen. Und genau das ist vielleicht das Schönste, was Eltern ihnen mitgeben können.

Quelle:
Familie und Erziehung 2025, Pronova BKK, März 2025, aufgerufen am 6. Oktober 2025

Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

Alle Artikel

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Neueste
Älteste Beliebteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen