Fast jedes dritte Baby erlebt seine Geburt heute per Kaiserschnitt – und das seit einigen Jahren. In vielen Fällen ist der Kaiserschnitt medizinisch notwendig und rettet nicht selten sogar das Leben von Mutter und/oder Kind. Trotzdem geben viele Experten zu bedenken, dass die Zahl der Operation zu hoch ist und sie so manches Mal unnötigerweise durchgeführt wird. Denn eine Sectio mag zwar zum Routineeingriff geworden sein, während dem es sehr selten zu Komplikationen kommt – allerdings denkt kaum jemand an die Spätfolgen eines Kaiserschnitts, die langfristig Einfluss auf die Gesundheit der Mama, aber auch des Kindes nehmen können.
Welche Spätfolgen kann ein Kaiserschnitt für das Baby haben?
Studien deuten darauf hin, dass ein Baby, die per Kaiserschnitt geboren wird, ein etwas erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Allergien, Asthma, Typ-1-Diabetes sowie Übergewicht und Adipositas hat.
Diese Risiken werden übrigens auch im offiziellen Aufklärungsbogen zur Operation genannt –von meinem eigenen Notkaiserschnitt erinnere ich aber noch genau, wie gut ich diesen in dieser Ausnahmesituation gelesen habe. Nämlich quasi gar nicht.
Wer sich aber nach seinem Kaiserschnitt oder vor einem geplanten Eingriff genauer informieren möchte, stößt dabei meiste auf sehr unkonkrete Formulierungen wie „erhöhtes Risiko“ oder „Hinweise auf…“. Der Grund: Die meisten Studien basieren auf Beobachtungen und können daher keine direkten Ursache-Wirkung-Zusammenhänge belegen. So könnte etwa der Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt und Asthma auch auf andere Faktoren zurückgehen, etwa wenn Mütter mit bestimmten Vorerkrankungen häufiger einen Kaiserschnitt erhalten.
Nicht alle Studien kommen überhaupt zu denselben Ergebnissen, wenn es um die Spätfolgen eines Kaiserschnitts geht. Wie u.a. die ZEIT berichtet, hat daher Medizinstatistikerin Gerta Rücker hat daher einmal beispielhaft berechnet, wie stark sich die Risiken wirklich auswirken: Bei einem Grundrisiko von etwa 6 Prozent für Asthma bedeutet eine um 20 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit lediglich, dass etwa 1 von 100 Kaiserschnittkindern zusätzlich an Asthma erkrankt. Bei Diabetes Typ 1 wären es etwa 28 zusätzliche Fälle auf 100.000 Kinder, also statistisch 0,028 pro 100 Kinder. Etwas stärker fällt der Effekt bei Heuschnupfen oder Adipositas aus – etwa ein bis zwei Kinder mehr pro 100 bei Heuschnupfen und rund vier Kinder mehr mit Übergewicht.
Das heißt: Es kann Spätfolgen nach einem Kaiserschnitt geben – aber wenn man genau hinschaut, ist das Risiko doch nur gering.
Wie kommt es denn überhaupt zu diesen Risiken nach einer Sectio?
Wissenschaftler vermuten, dass ein Grund für das erhöhte Krankheitsrisiko bei Kaiserschnittkindern im sogenannten Darm-Mikrobiom liegt. Bei Kindern, die per Kaiserschnitt geboren werden, ist dieses Mikrobiom zu Beginn weniger vielfältig und entwickelt sich langsamer als bei vaginal Geborenen. Das ist bedeutsam, weil das Mikrobiom eine zentrale Rolle für das Immunsystem spielt und damit auch Einfluss auf das Risiko für verschiedene Erkrankungen hat.
Ein möglicher Grund für die Unterschiede liegt darin, dass Kaiserschnittkinder nicht durch den Geburtskanal der Mutter kommen und dadurch keinen direkten Kontakt zu deren Vaginal- und Darmbakterien haben. Zusätzlich erhalten viele Mütter während der Operation Antibiotika, die neben schädlichen auch nützliche Bakterien abtöten können – der genaue Einfluss auf das kindliche Mikrobiom ist allerdings noch nicht vollständig geklärt.
Um das Mikrobiom der Kinder dennoch zu stärken, gibt es Ansätze wie das sogenannte „Vaginal Seeding“. Dabei werden dem Neugeborenen Bakterien der Mutter auf die Haut übertragen. Diese Methode ist jedoch noch experimentell und teils umstritten. Auch Probiotika speziell für Neugeborene sind wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht, um sie allgemein zu empfehlen.
Kann man dem Spätfolgen denn irgendwie anders vorbeugen?
Es gibt tatsächlich zwei gut belegte Maßnahmen, die nachweislich helfen. Erstens: Intensiver Hautkontakt zwischen Eltern und Baby. Und zweitens kann auch Stillen das Bakterien-Defizit ausgleichen. Beide fördern die Entwicklung eines gesunden Mikrobioms und können die möglichen negativen Effekte eines Kaiserschnitts deutlich abschwächen. Laut Experten ist das Thema Mikrobiom bei Kaiserschnittkindern daher zwar relevant, für die Gesundheit der Kinder jedoch insgesamt nicht mehr so gewichtig wie früher angenommen.
Und welche Spätfolgen kann ein Kaiserschnitt für die Mamas haben?
Obwohl es sich hier wirklich um eine große Bauch-OP handelt, stehen die gesundheitlichen Folgen für die Mutter oft weniger im Fokus, da viele Frauen sich vor allem um das Wohl ihres Babys sorgen. Dabei berichten manche Frauen nach dem Eingriff über starke Schmerzen und Einschränkungen.
Langfristig kann ein Kaiserschnitt vor allem bei späteren Schwangerschaften Folgen haben. Studien zeigen, dass betroffene Frauen teils länger auf eine erneute Schwangerschaft warten müssen und ein leicht erhöhtes Risiko für Fehl- oder Totgeburten haben. Grund dafür sind meist Narbengewebe und Verwachsungen, die die Einnistung des befruchteten Eis erschweren können. Statistisch gesehen treten nach einem Kaiserschnitt etwa zwei zusätzliche Fehlgeburten pro 100 Frauen auf.
Auch das Risiko für eine sogenannte Placenta praevia – wenn die Plazenta ungünstig vor dem Muttermund liegt – steigt leicht an. Dies betrifft etwa drei zusätzliche Fälle pro 1.000 Frauen. Besonders relevant ist die Placenta accreta, bei der die Plazenta in das Narbengewebe früherer Kaiserschnitte hineinwächst. In schweren Fällen kann sie bis in die Muskelschicht vordringen und sich nach der Geburt schlecht lösen, was zu starkem Blutverlust führt. Dieses Risiko steigt mit jeder weiteren Kaiserschnittgeburt.
Ein weiteres, wenn auch seltenes Risiko ist die Uterusruptur – ein Reißen der Gebärmutter während der Geburt. Dieses Risiko ist nach einem Kaiserschnitt etwa 20-mal höher als nach einer natürlichen Geburt, bleibt jedoch insgesamt sehr gering! Etwa 19 zusätzliche Fälle treten auf 10.000 Schwangerschaften auf.
Trotz dieser Risiken betonen Experten immer wieder, dass Frauen nach einem Kaiserschnitt grundsätzlich erneut schwanger werden und auch auf natürlichem Wege gebären können!
Um es also zusammenzufassen:
Es gibt sie auf jeden Fall, die Spätfolgen nach einem Kaiserschnitt. Sie sind aber aber so selten, dass sie zwar bedacht werden sollten – aber auf gar keinen Fall große Angst schüren! Denn in den meisten Fällen spricht die „Kosten-Nutzen-Rechnung“ definitiv für die rettende Operation.