Anna ist Pflegemutter in der Jugendhilfe und Mutter zweier Söhne. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem ihr Gewicht sie körperlich und emotional so stark einschränkte, dass sie sich für einen drastischen Schritt entschied – einen Magenbypass. Was danach kam, war nicht nur ein körperlicher Wandel, sondern auch eine tiefe persönliche Reise, auf die sie uns in ihrer Echten Geschichte mitnimmt.
„Ich bin Pflegemutter in der Jugendhilfe und außerdem zweifache Mutter meiner eigenen Jungs.
Schon vor der Geburt meines zweiten Sohnes wusste ich: Ich muss etwas ändern.
Etwa im Jahr 2019 hatte ich bereits ein Gespräch als Selbstzahlerin in einer privaten Klinik bezüglich eines Magenballons geplant. Da ich mich dort jedoch nicht gut aufgehoben fühlte, verwarf ich diese Idee wieder und versuchte es erneut mit ‚normalen Diäten‘ – leider erfolglos.
Im Jahr 2022 sprach ich aufgrund meines stark ausgeprägten Diabetes erneut mit meiner Diabetologin über eine bariatrische Operation. Mein Höchstgewicht lag damals bei etwa 147 Kilogramm.
Ich konnte nicht mehr die Mutter sein, die ich sein wollte.
Ich wollte mit meinen Kindern rennen, toben, klettern und die Welt entdecken – nicht immer nur am Rand sitzen, weil ich mich kaum noch bewegen konnte.
Meine Gesundheit und meine Kinder – diese zwei Faktoren haben mich angetrieben, diesen schweren Weg noch einmal anzugehen. Ich stellte mich in einem Adipositaszentrum vor und begann dort mein Programm. Aufgrund persönlicher Differenzen in dieser Zeit wechselte ich das Krankenhaus – eine Entscheidung, für die ich sehr dankbar bin.
Im ersten Zentrum fühlte ich mich nicht gesehen.
Nur wie eine Nummer, die abgearbeitet wird. Das war im zweiten Zentrum komplett anders. Ich durfte alle Fragen stellen und wusste: Es wird nicht über mich gelacht.
Wenn man sein Leben lang unter starkem Übergewicht leidet und deshalb gemobbt wurde, ist es unerträglich, im Krankenhaus dieselbe Erfahrung zu machen. Ich bin froh, auf mein Bauchgefühl gehört zu haben und mich selbst an erste Stelle gestellt zu haben.
Im Krankenhaus musste ich eine gewisse Zeit lang Ernährungspläne, Sportpläne und ärztliche Untersuchungen absolvieren, um auf die OP vorbereitet zu werden – dieses Programm nennt man MMK. Alle Ergebnisse wurden der Krankenkasse vorgelegt und schließlich bewilligt.
Ich hatte große Sorge vor der Operation.
Nicht, weil ich Angst hatte, dass mir etwas passiert – sondern wegen meiner Kinder. Ich bin Mutter zweier kleiner Kinder und habe Pflegekinder. Die größte Sorge galt ihnen. Ich habe diese Operation auch für sie geplant, um stärker zu werden. Dieser Gedanke gab mir Kraft und Mut.
Gesellschaftlich dachte ich immer, ich sei gut akzeptiert. Doch jetzt, mit einem veränderten äußeren Erscheinungsbild, merke ich, wie falsch dieser Gedanke war. Als dicker Mensch wird man anders gesehen, bewertet und wertgeschätzt als eine schlanke Person – das ist eine bittere Realität.
Nach dem Eingriff ging es mir kurzfristig sehr schlecht.
Ich hatte die Operation völlig unterschätzt. Ich war schwach, hatte durch die minimale Nahrungsaufnahme große Schwierigkeiten, wieder zu Kräften zu kommen. Doch nach und nach erholte ich mich – und mit jedem verlorenen Kilo wurde ich stärker.
Emotional war es eine Achterbahnfahrt. Die Gedanken schwankten zwischen ‚Ich werde das nie schaffen‘ und ‚Ich kann alles schaffen, ich lasse mich nicht unterkriegen‘.
Mein soziales Umfeld war mir in dieser Zeit eine große Stütze.
Da mein Alltag durch Kinder und Arbeit ohnehin stark strukturiert ist, gab es anfangs kaum Unterschiede zu der Zeit vor der Operation. Doch ich merkte deutlich, wie viel einfacher alles wurde: das tägliche Aufstehen, den Kindern hinterherlaufen…
Es dauerte etwas, bis sich neue Routinen etablierten, aber gemeinsam mit der Familie gelang es gut, neue Strukturen zu schaffen, in denen jeder die Unterstützung bekommt, die er braucht.
Ich kann gar nicht genau sagen, was sich am stärksten verändert hat.
Augenscheinlich natürlich mein Körper – ich habe etwa 75 Kilogramm abgenommen. Doch ich selbst sehe das nicht immer. Ich nehme mich oft noch als stark übergewichtige Person wahr. Auch nach zweieinhalb Jahren arbeite ich noch an meinem Selbstbild. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich wirklich realisiere, wen ich da im Spiegel sehe.
Mein Essverhalten hat sich grundlegend verändert. Ich esse viel bewusster und ausgewogener. Ich achte auf meine Nährwerte und darauf, dass ich eine gute Portion Eiweiß zu mir nehme.
Mein Umfeld hat sehr unterschiedlich reagiert.
Außenstehende sagten oft: ‚Wow, wie toll!‘, fragten aber selten nach dem Hintergrund. Freunde und Familie standen immer hinter mir. Ich habe mich dort nie unverstanden gefühlt. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich eine Magenverkleinerung hatte.
Von Außenstehenden hörte ich jedoch häufig Sätze wie: ‚Mit Magenbypass kann ja jeder abnehmen‘ oder ‚Du hast es dir ja leicht gemacht.‘ Doch darauf habe ich nie etwas gegeben. Ich allein weiß, wie anstrengend, schweißtreibend und tränenreich mein Weg war. Und das lasse ich mir von niemandem kleinreden, der keine Ahnung hat.
Ich bin unglaublich dankbar, dass ich mich getraut habe, diesen Weg zu gehen.
Es bedeutet für mich so viel Gutes – vor allem das Gefühl, endlich bei mir selbst angekommen zu sein. Ich habe schon immer gerne etwas unternommen, wollte klettern, schwimmen, ins Stadion gehen – und das kann ich jetzt alles tun, ohne Angst vor Schmerzen, zu engen Sitzen oder verurteilenden Blicken wegen meines Gewichts.
Allgemein kann ich sagen, dass ich durch meine Transformation sehr viel über mich und meinen Wert gelernt habe. Ich weiß nun, was ich und mein Körper alles leisten kann.
Mein Gewicht ist für mich inzwischen zweitrangig geworden.
Ich wiege mich nur noch selten und lasse mich nicht von Schwankungen aus der Ruhe bringen. Ich bin gut so, wie ich bin – ob mit zehn Kilo mehr oder weniger. Ich bin gesund – das ist das Wichtigste!
Ich liebe es, mit meinen Kindern herumzurennen, sie mit dem Fahrrad abzuholen und ein Eis in der Sonne zu genießen. Niemals wird mir die Gesellschaft wieder diese Lebensfreude nehmen können. Denn ich weiß dank meiner Kinder: Meine Liebe war und ist niemals vom Gewicht abhängig.
Was ich anderen gerne sagen würde, die unter ihrem starken Übergewicht leiden?
Ich glaube, es ist wichtig, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht – nicht, um einem gesellschaftlichen Ideal zu entsprechen, sondern um gesund zu sein. Vertraue auf deinen Körper und deinen Willen, dein Leben zu leben. Sei mutig, sei stark und hab Geduld. Steh für dich ein, höre auf dein Gefühl – und lebe dein Leben. Denn davon haben wir leider nur eins.”
Liebe Anna, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft! Wenn ihr mehr über Anna erfahren möchtet, schaut gerne bei ihrem Instagram-Account vorbei: @weg.in.neues.leben
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