Wutanfall beim Kleinkind: Warum Eltern nicht „hart durchgreifen“ müssen!

Oh, diese kleinen Wutzwerge! Kinder wissen, wie man so richtig wütend wird und wie man so richtig laut schreien kann. Egal, ob auf dem Spielplatz um die Schippe gestritten wird oder zuhause um die ach so böse Jacke – ein Wutanfall beim Kleinkind ist ein echter Klassiker.

Kinder schreien und toben, werfen mit Dingen um sich, knallen Türen. Und wir Eltern stehen oft ratlos daneben.

Dabei ist ein Wutanfall beim Kleinkind eigentlich nur eines, meinen Experten: Ein Hilfeschrei. Ihr System ist überlastet, sie können mit ihren negativen Emotionen nicht umgehen.

Druck oder Feingefühl?

Eltern haben während eines Wutanfalls beim Kleinkind zwei Möglichkeiten. Entweder sie reagieren mit Strenge und Druck – oder aber sie bieten Hilfe an. Wie man schon merkt, liest sich die zweite Möglichkeit besser, oder? Und diesem Gefühl dürfen wir ruhig vertrauen, so Erziehungsexpertin Nicola Schmidt: „Wenn Ihr Kind schreit, dann hat es einen Grund. (…) Was immer wir jetzt an erzieherischen Maßnahmen ergreifen, hat überhaupt keinen Effekt. Das Kind wird vielleicht still sein, wenn wir nur genug Druck ausüben, aber lernen wird es garantiert nichts.“

Und sie weiß, wovon sie spricht. Nicola ist zweifache Mutter, ihre Kinder gehen inzwischen in die Schule. Als Wissenschaftsjournalistin hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, bei der Kindererziehung nur auf Fakten und ihr Gefühl zu hören, statt auf pädagogische Richtungen.

Überforderung durch Wut

Die haben beim Umgang mit kleinen Terrorzwergen eine klare Linie: „Wenn unser Kind weint, schreit oder brüllt, ist sein Gehirn in einem Ausnahmezustand. Wir müssen jedwede Erziehungsmaßnahmen auf später verschieben und erstmal dafür sorgen, dass es uns überhaupt wieder zuhören kann.“

Tatsächlich ist Aggression ein natürlicher Teil des Menschen, nur fehlt Kindern diesbezüglich noch ein Entwicklungsschritt: „Es ist für Kinder wichtig zu lernen, auch unangenehme Gefühle auszuhalten und damit umzugehen“, erklärt Gesundheitspsychologin Nina Gutenbrunner gegenüber Medizin populär. Eltern haben die Aufgabe, den Kindern zu helfen, herauszufinden, woher ihre Wut kommt. Meistens gehe es entweder um Angst oder um Macht. Aber:  „In diesem Zustand der emotionalen Überschwemmung nehmen die Kinder auch nicht wahr, was man zu ihnen sagt“, so Kinder- und Jugendpsychiater Christoph Göttl, der damit wiederum Nicola Schmidt Recht gibt.

Jetzt Strenge walten zu lassen, das Kind disziplinieren – das zeigt eher fehlende Empathie der Eltern. Echte Erziehung ist das nicht, denn es bekämpft nur das Symptom, nicht die Ursache. Dass das Kind das nächste Mal in einer ähnlichen Situation anders reagiert, ist dann unwahrscheinlich, weil es nichts gelernt hat.

Wutanfall beim Kleinkind: Was also sollten Eltern besser tun?

Zunächst helfen klare Ansagen und Strukturen: „Kinder brauchen eine Welt, an der sie sich orientieren können. Sie brauchen Wände, gegen die sie rennen können und die dennoch stehen bleiben“, so Christoph Gittl.

Eltern sollten also nicht nachgeben, sich aber auch nicht auf einen Machtkampf einlassen. Stattdessen sollten wir die Gefühle des Kindes anerkennen, sie nicht klein reden: „,Okay, du willst unbedingt die Schippe haben, ich sehe dich. Im Moment hat Peter die Schippe und wir können nur warten.‘ Wir können mit dem Kind stattdessen auf die Schaukel gehen oder die gelbe Schippe anbieten“, meint Nicola Schmidt.

Wer aber selbst schon mal diese Situation erlebt hat, weiß: Damit ist es oft nicht gelöst. Das sieht auch die Expertin: „Oft kann ein müdes Kleinkind mit unseren lieben Angeboten nichts mehr anfangen. Jetzt dürfen wir nicht selbst die Kontrolle verlieren und beleidigt rufen: ,Du willst die gelbe Schippe nicht? Du kleiner Terrorzwerg!‘ Nein, wir sind klug, wir bringen unserem Kind lieber bei, wie man mit Stress umgeht: ,Oh, die gelbe Schippe hilft dir nicht, ich verstehe. Ich glaube, der Tag war jetzt auch lang, komm zu mir, in meinen Armen kannst du dich ausweinen.‘

Damit werden wir, so Nicola, zu dem Ort, an dem die Kinder sich Unterstützung holen, an dem sie so akzeptiert werden, wie sie sind.

In schwierigen Situationen sollten wir uns also immer daran erinnern: „Kinder schreien nicht, um uns zu ärgern. Sie schreien, weil sie wirklich Hilfe brauchen!

Rebecca
Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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