„Weil ich anderer Meinung war, verwies er uns der Praxis!“ Mamas erzählen ihre Kinderarzt-Erlebnisse

In der letzten Woche haben wir über einen Kinderarzt berichtet, der in Rente gehen möchte und partout keinen Nachfolger findet. Die gute Nachricht ist, dass er inzwischen jemanden gefunden hat, der seine Praxis übernimmt. Die schlechte Nachricht ist: Diese News ist kein Einzelfall, sondern vielmehr total bezeichnend für ein großes Problem. Es gibt einfach viel zu wenig Ärzte für Baby und Kleinkind – immer mehr Eltern haben echte Probleme, eine Kinderarztpraxis zu finden. Und wenn es dann dort nicht gut läuft, ist es eben nicht so leicht zu wechseln.

Fünf Mamas aus unserer WhatsApp-Community haben uns ihre persönlichen Echten Geschichten erzählt, die sie bei der Kinderarztsuche erlebt haben.

Amina: „Als ich nicht seiner Meinung war, verwies mich mein Kinderarzt der Praxis.“

Ich bin Mama von 2 Kindern unter 3 Jahren und lebe in einer Kleinstadt in Niedersachsen. Dort ist der Ärztemangel riesig, in allen Fachrichtungen. Mir war also bewusst, dass ich schon während der Schwangerschaft auf die Suche nach einem Kinderarzt gehen und versuchen muss, mein Kind für die 1. U-Untersuchung anzumelden, bevor es zu spät wird.

Schnell bekam ich mit, wie schwer dies ist. Oft hieß es: Wir nehmen keine Neu-Patienten mehr an, wir behandeln nur akute Notfälle, sie müssen woanders hin. Dann endlich, kurz nach Geburt meiner Tochter, bekamen wir per 116 117 einen Kinderarzt zugeteilt. Ob ich den gut fand? Mir blieb ja nichts anderes übrig!

Mama Amina


Mama Amina Foto: privat

Die ersten Termine verliefen auch super! Bis zu dem Tag an, dem die erste Impfung anstand. Diese wollte ich nicht, nur die Pflichtimpfungen. Da wies man uns dann direkt ab, mit der Aussage: Ungeimpfte Personen dürfen die Praxis nicht betreten.

Ich blieb aber bei meiner Meinung und gab alles, um den nächsten U-Termin wahrnehmen zu können. Letzten Endes fand ich dann einen Arzt, zwar 60 Kilometer entfernt von meinem Wohnort, aber er empfing uns mit offenen Armen.

Es ist echt nicht leicht, einen Kinderarzt zu bekommen. Und wenn man dann noch seine eigenen Ansichten hat, wird es einem noch schwieriger gemacht. Aber man sollte nicht aufgeben! Sondern bei der eigenen Meinung bleiben,  als so schon aber man sollte nicht aufgeben, irgendwann findet man schon die richtige Anlaufstelle. Dran bleiben ist alles.“

Viola*: „Termine muss man sieben Monate im Voraus abmachen.“

„Wir wohnen in Munster. Der Kinderarzt hier im Ort möchte eigentlich schon seit zwei Jahren in Rente gehen, er nimmt auch keine neuen Kinder mehr auf. Wir hatten tatsächlich Glück, dass wir in Soltau eine Praxis gefunden haben, die meinen Kleinen noch aufgenommen haben. Das ist rund eine halbe Stunde Weg. Aber auch dieser Kinderarzt ist sehr überlastet und Termine macht man am besten sieben Monate vorher. Eigentlich macht man die nächsten Termine am besten direkt ab, wenn man sowieso schon in der Praxis ist. Mit einem ,spontan‘ kranken Kind, also ohne Termin, muss man schon mal fünf Stunden im Wartezimmer sitzen. Es scheint so, als ob der Beruf des Kinderarztes nicht mehr besonders reizvoll zu sein scheint.“

*echter Name ist der Redaktion bekannt.

Selina: „Wir mussten nach der Geburt länger im Krankenhaus bleiben, weil wir keinen Kinderarzt fanden.“

„Wir wohnen sehr ländlich, die nächste Kleinstadt ist etwa 25 Kilometer weit weg. Bereits in meiner Schwangerschaft habe ich nach einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin gesucht, weil ich schon gewarnt wurde, dass es einen Mangel an Ärzten gäbe. Ich habe mir zig Ärzte rausgesucht und habe alle antelefoniert oder sie angemailt. Wirklich alle vertrösteten mich. Sie seien schon voll und würden niemanden mehr aufnehmen – aber ich solle mich wieder melden, wenn das Kind geboren wäre.

Dann war es soweit. Unser Kleiner kam auf die Welt, und das am Wochenende. Natürlich habe ich niemanden erreicht. Am Montag sollten wir dann eigentlich entlassen werden, hatten aber bis dato immer noch keinen Kinderarzt. Die Schwester sagte uns dann, dass wir erst gehen könnten, wenn wir einen Kinderarzt haben, an den die Klinik die Arztbriefe adressieren könne.

Wir haben dann wieder alle durchtelefoniert. Der einzige Kinderarzt in unserem Landkreis meinte dann, wir können mal das U-Heft vorbeibringen und wenn nichts Auffälliges beim Kind ist, könne er es aufnehmen. Wow, super Aussage… Also wieder nichts Festes. Ein weiterer Kinderarzt war 50 Kilometer entfernt. Das war uns eigentlich zu weit, aber wir hatten ihn uns als letzet war uns zu weit, aber wir hoben ihn uns als Möglichkeit auf. Ich rief bei einem Kinderarzt an, der zwar in Thüringen saß, aber nur 21 Kilometer entfernt war. Dort wimmelte man uns ab, weil keine Kinder aus anderen Bundesländern aufgenommen werden würden.

Wir waren kurz vorm Verzweifeln, wir wollten doch nur mit unserem Kleinen nach Hause. Wir fragten die Schwester, ob sie noch eine Idee hätte. Sie meinte verwundert zu uns, dass normalerweise alle Ärzte verpflichtet seien, Neugeborene aufzunehmen!

Mit dieser Info rief ich noch einmal in einer der Praxen an, erklärte, wie dringend es sei und dass uns die Schwester in der Klinik erklärt hatte, dass man neugeborene Babys aufnehmen müsse. Die Sprechstundenhilfe klärte es ab und nach ein paar Minuten meinte sie, dass es kein Problem sei.

ENDLICH!

So fanden wir unseren Kinderarzt, der auch etwa 20 Kilometer von uns entfernt ist – aber immer noch besser als 50 Kilometer mit einem kranken Kind zu fahren.

Ich hoffe wirklich, dass – vor allem auf dem Land–  wieder mehr Kinderärzte neue Praxen eröffnen.“

Sophie: „Er erkannte die Bronchitis unserer Tochter nicht.“

„Wir hatten erst gedacht, wir haben einen tollen Kinderarzt – aber außerhalb der U-Untersuchungen war es einfach nur absurd schrecklich. Er stellte uns Fragen zu den Symptomen, und noch während man antwortete, redete er dazwischen. Man wurde von ihm behandelt wie ein kleines Kind.

Dann war unsere Tochter krank, als sie anderthalb Jahre alt war. Von der Tagesmutter hieß es: ,Mit dem Husten muss sie zu Hause bleiben!‘ Der Arzt sagte: ,Nein, das Kind soll in die Betreuung gehen.‘  Wir haben versucht, ihm zu erklären, dass die Tagesmutter sie so nicht betreut. Er meinte dann, dass sie das aber müsse! Und dann wurden wir ohne alles heimgeschickt. Ich konnte zum Glück Homeoffice machen. Später sind wir 300 Kilometer zu einer Bekannten, die auch Kinderärztin ist, gefahren und diese stellte fest, das meine Tochter eine starke Bronchitis hat.

 

Sophies kleine Tochter


Sophies kleine Tochter Foto: privat

 

Seitdem sind wir auf der Suche nach einem Arzt – bisher ohne Erfolg. Die meisten nehmen keine Kinder mehr auf oder sind so schlecht beurteilt, dass wir Angst haben, wieder so einen Arzt zu bekommen wie unseren ersten.“

Saskia: „So viele Anrufe in Praxen – und alles war umsonst.“

Bei uns gibt es mehrere Kinderärzte in der Umgebung,  in unserem Ort direkt allerdings wenige. Als ich dort bereits vor der Geburt meiner Tochter angerufen habe, waren sehr unfreundliche und genervte Mitarbeiterinnen am Telefon. Sie haben uns alle abgewiesen – sicher 10 Stück. Bis mir dann eine – sehr –nett erklärte, dass ich erst ab Geburt einen Platz erhalten kann. Und auch nur in meiner Stadt, nicht in Umgebung, auch nicht in der Kreisstadt.

Also war der komplette Vormittag mit Anrufen völlig umsonst gewesen, darüber habe ich mich sehr geärgert. Nach der Geburt habe ich dann also nochmal bei VIELEN Ärzten angerufen, bis uns endlich einer für die U2 aufgenommen hat. Er hat uns anschließend zum Glück auch als Patienten aufgenommen. Allerdings merkt man, dass der Arzt überlastet und auch nicht der beste ist… Leider haben wir aber keine Möglichkeit zu wechseln, da viele der anderen Praxen einen noch viel schlechteren Ruf haben.“

Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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