„Warum ich mein Kind nicht zwinge, bei Familienfeiern dabei zu sein.”

„Weihnachten steht wieder vor der Tür und damit einige Familienfeiern. Meine Tochter ist inzwischen sieben und hat damit ihre eigenen Vorstellungen, wie sie die Feiertage verbringen möchte. Letztes Jahr zum Beispiel ist sie am zweiten Weihnachtsfeiertag mit einer Freundin und ihren Eltern in den Winterurlaub gefahren und hatte den Spaß ihres Lebens. Das große Weihnachtsessen bei Oma hat sie dann natürlich verpasst, aber das fanden wir nicht weiter schlimm.

Dieses Jahr ist keine Reise für meine Tochter geplant, trotzdem werde ich sie ganz bestimmt nicht zwingen, an den Familienaktivitäten teilzunehmen. Obwohl, so selbstverständlich ist das nicht, wie ich immer wieder feststelle. Die Tochter einer Freundin ist 13 und damit ein richtiger Teenager, sie hat gar keine Lust mehr auf die langweilige Familienfeier mit den ‚uralten‘ Tanten und Onkeln und den ‚voll kindischen‘ Cousins und Cousinen.

Für meine Freundin kommt es aber nicht infrage, dass sie aussetzt.

Für sie steht fest, dass sie bei Familienfeiern als Familie erscheinen möchte. Da ihre Tochter noch zu jung sein, um eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen, gibt es eben eine Pflicht daran teilzunehmen, egal, wie mies die Laune dann ist. Ich sehe das ganz anders. Ich erinnere mich selbst noch sehr gut daran, wie unangenehm ich Familienfeste in meiner Jugend fand. Spätestens ab meinem 12. Lebensjahr fand ich solche Veranstaltungen einfach nur noch langweilig.

Ich hatte nicht mehr viel mit meinen deutlichen älteren Cousins zu tun, die mich meistens links liegen ließen. Also übte ich mich in höflicher Konversation über meine aktuellen schulischen Leistungen und sehnte mich zurück an meinen PC, über den ich mit meinen Freundinnen chatten konnte. Es war ja nicht so, dass ich meine Großeltern nicht sehen wollte, aber ich fand es deutlich schöner, sie alleine mit meinen Eltern zu besuchen, als an diesem steifen Familienessen teilzunehmen.

Besagtes steifes Familienessen gibt es bei uns übrigens bis heute.

Warum sollte ich mein Kind zu etwas zwingen, zudem ich selbst auch nie Lust hatte? Seitdem ich sie nach ihrer Meinung fragen kann, stelle ich es ihr frei, ob sie zum 40. Geburtstag ihrer Tante, dem Osteressen mit Oma und Opa oder bei der Konfirmation ihres älteren Cousins dabei sein möchte. Sie kann dann entscheiden, ob sie mit uns mitkommen möchte oder bei meinen Schwiegereltern bleibt, die direkt nebenan wohnen.

Ich möchte mein Kind nicht zwingen, Zeit mit Menschen zu verbringen, nur weil es eben die Familie ist. Im besten Fall hat sie sowieso Lust darauf und wenn nicht, dann wird auch das seine Gründe haben. Vielleicht bereut sie es im Nachhinein, dass sie nicht dabei war, aber dann steht es ihr beim nächsten Mal frei, sich anders zu entscheiden. Ich glaube kaum, dass sie ein besseres Verhältnis zu den Menschen entwickelt, die sie zwanghaft treffen muss, weil es sonst Ärger gibt.

Ein paar Regeln gibt es aber doch.

Damit alle rechtzeitig wissen, woran sie sind und wie viele Gäste sie einplanen müssen, muss meine Tochter sich zwei Wochen vorher entscheiden, ob sie mitgehen will. Ohne wichtigen Grund darf sie die einmal getätigte Zu- oder Absage nicht mehr zurückziehen. Wenn sie dabei ist, ist es mir außerdem wichtig, dass sie sich an die Wünsche des Gastgebers hält, am Tisch sitzen bleibt, bis alle fertig sind, sich am Gespräch beteiligt und sich für die Einladung bedankt.

Ich glaube, damit haben wir eine Regelung gefunden, die für uns als Familie sehr passend ist. Vielleicht ermutige ich ja mit meiner Geschichte noch andere Eltern, ihren Kindern bei Familienveranstaltungen mehr Freiraum zu geben.”


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Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Ich
Ich
4 Monate zuvor

So handhabt es mein Bruder auch und so kam es das meine kleine Nichte mitsamt ihrer Mutter nicht zum Geburtstag meines hochbetagten Opas erschien. Mein Opa, der jedes Jahr sehr großzügig von seiner kleinen Rente in ein Restaurant einlädt, war sehr traurig darüber. Wir wissen nicht, wann sein letzter Geburtstag sein wird. Mir brach es bald das Herz diesen alten zerbrechlichen Mann so traurig zu sehen, nur weil man keine Lust hat. Für mich ist das der falsche Erziehungsansatz und einfach nur unhöflich und undankbar. Selbige Familie würde es nicht gut finden, wenn es andersrum wäre. Meine Tochter wird nicht so egoistisch erzogen und ich kann jeden nur ermutigen, Empathie und Höflichkeit nicht aus der Erziehung zu streichen. Eine Einladung ist ein Symbol der Wertschätzung. Das sollte man wissen. Ein Kind jeglichen Alters kann auch mit älteren Menschen kommunizieren und sich beschäftigen.