Wahlversprechen der Parteien im Check

Am kommenden Sonntag ist Bundestagswahl. Zeit für uns, die Wahlprogramme der einzelnen Parteien zu prüfen und herauszufinden, was die eigentlich für uns Familien umsetzen wollen. Von Kindergrundsicherung über Freibeträge bei der Steuer bis zum Kinderchancengeld – was steckt dahinter?

Familie und Kinder im Mittelpunkt des Wahlkampfes – wirklich?

Die Bundestagswahl 2021 steht vor der Tür – kommenden Sonntag ist es so weit. Bei Echte Mamas schauen wir natürlich besonders genau auf das Thema “Familie und Kinder”.

Die Parteien haben diesen Bereich auch schon lange als Wahlkampfthema für sich entdeckt. Bereits seit Wochen kursieren Stichworte wie Kindergrundsicherung oder Kinderchancengeld.

Wir finden: Es wird auch Zeit, Familien, Eltern, Kinder und ihre Bedürfnisse stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Immerhin hatten wir besonders während der Corona-Zeit mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen: Homeschooling, vereinsamte Kinder mit zu wenigen Sozialkontakten, überforderte Eltern, die Job und Lehrplan unter einen Hut bekommen mussten, und dazu noch die ständige Sorge, krank zu werden.

Zudem ist und bleibt Kinderarmut ein großes Thema in Deutschland, auch hier könnte noch viel mehr unternommen werden – um nur zwei wichtige Aspekte zu nennen.

Aber: Was versprechen uns die Parteien denn nun eigentlich genau? Was ist denn überhaupt ein “Kinderchancengeld”, wer verspricht uns steuerliche Entlastungen, was sagen die Wahlprogramme konkret?

Wahlversprechen der Parteien zur Familienpolitik im Überblick

Wahlversprechen der Parteien im Bereich Familienpolitik zur BTW 2021

Wahlversprechen der Parteien im Bereich Familienpolitik zur BTW 2021, Foto: Echte Mamas

 

Kindergrundsicherung – was ist das und wer will das?

Vom Staat finanzielle Mittel für die Kinder zu bekommen, ist aktuell ganz schön kompliziert:  Da gibt es das Kindergeld, den Kinderzuschlag (den man aber auch extra beantragen muss), Kinderfreibeträge bei der Steuererklärung (von denen aber oft nur Besserverdiener tatsächlich profitieren), das Sozialgeld für Kinder und Mittel für Bildung und Teilhabe.

Für all das muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen – und Anträge, Anträge, Anträge ausfüllen.

Dieses Prozedere wollen SPD, GRÜNE und DIE LINKE vereinfachen, indem sie alle bisher zur Verfügung stehenden Mittel zu einer einzigen Kindergrundsicherung zusammenfassen.

Hier enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten.

Kindergrundsicherung – was will die SPD?

Die SPD plant, die Kindergrundsicherung von der Höhe des Einkommens abhängig zu machen: Es soll für alle Kinder mindestens 250 Euro pro Monat pro Kind geben, Familien mit einem geringeren Einkommen möchte die Partei mit mindestens 500 Euro pro Monat pro Kind unterstützen. Damit sollen Wohnkosten, Bildung und Teilhabe (z.B. an Veranstaltungen und Förderungen) finanziert werden können.

Kindergrundsicherung – was wollen die Grünen?

Die GRÜNEN machen gar keine Angabe zur Höhe des sogenannten “Garantie-Betrags” – sie sagen nur, dass ihn jeder bekommen soll, dass er nach der Geburt einmalig beantragt werden muss, dann würde die Höhe automatisch von der Familienkasse berechnet und ausgezahlt. Zusätzlich soll es bei den Grünen einen Garantie-Plus-Betrag für Familien mit geringem Einkommen geben.

Kindergrundsicherung – was wollen die Linken?

Bei den LINKEN beläuft sich die Kindergrundsicherung abhängig von der Einkommenssituation auf 328 bis 630 Euro pro Kind pro Monat. Der geringere Betrag von 328 entspricht dann dem Kindergeld, dass DIE LINKE für alle Kinder gleichermaßen zahlen möchte. Zusätzlich soll es für Kinder aus sozial schwächeren Familien Finanzmittel für Klassenfahrten, IT-Ausstattung und ähnliches geben.

Kinderchancengeld – was will die FDP?

Die FDP hat sich etwas Ähnliches wie die Kindergrundsicherung ausgedacht, nennt das Ganze aber Kinderchancengeld. Leider bleiben die Freien Demokraten ebenso wie die GRÜNEN sehr unkonkret, was die genauen Bedingungen betrifft. Sie verraten in ihrem Wahlprogramm nämlich nichts über die Höhe des Kinderchancengeldes.

Fest steht, es soll aus einem Grundbetrag, einem Flexibetrag und einem “nichtmateriellen Chancenpaket” bestehen. Die Rede ist außerdem von einem Kinderchancenportal, über das alle Mittel “kinderleicht abgerufen werden”. Das heißt: Anders als bei der geplanten Kindergrundsicherung von SPD, Grünen und Linken müssen hier wieder verschiedene Anträge gestellt werden. Die FDP verspricht aber:

“Das Kinderchancengeld ist einfach, digital und ermöglicht echte Aufstiegschancen.”

Steuerentlastungen für Familien

Im Gegensatz zur SPD, den GRÜNEN, der FDP und der LINKEN will die CDU Familien nicht über eine Kindergrundsicherung (oder ein Kinderchancengeld) entlasten, sondern über Steuererleichterungen. Sie strebt “perspektivisch” einen vollen Grundfreibetrag für Kinder von 9.744 Euro an. Bei einem 4-Personen-Haushalt könnten somit 38.976 Euro steuerlich geltend gemacht werden.

Die FDP plant Steuerentlastungen parallel zum Kinderchancengeld. Sie will den Kinder- und Auszubildendenfreibetrag und den Freibetrag für Alleinerziehende anzuheben, beziffert die Beträge dabei aber nicht genauer. Zudem kündigt sie an, für eine bessere Absetzbarkeit der Betreuungskosten sorgen zu wollen.

Die AfD setzt auf höhere Kinderfreibeträge und die volle Absetzbarkeit kinderbezogener Ausgaben. Zudem möchte die AfD die Mehrwertsteuer für “Artikel des Kinderbedarfs” senken – beispielsweise würden Ranzen, Schulausstattung und Co. würden auf diese Weise günstiger werden.

Entlastungen für Alleinerziehende

Bei diesem Thema wird die CDU konkreter – sie will den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 4.008 auf 5.000 Euro anheben – doch auch hier heißt es “perspektivisch”, wann genau das geschehen soll, bleibt also unklar.

Auch FDP und GRÜNE wollen die Steuerbelastung für Alleinerziehende reduzieren, nennen aber beide keine genauen Summen. Bei der FDP heißt es dazu nur, man wolle den Freibetrag für Alleinerziehende anheben.

Und bei den GRÜNEN ist lediglich die Rede davon, “familienunterstützende Dienstleistungen” steuerlich zu fördern. Dabei kann es sich beispielsweise um ergänzende Kinderbetreuung oder haushaltsnahe Dienstleistungen handeln.

Umgang mit dem Ehegattensplitting

Sowohl die FDP als auch die CDU wollen das sogenannte Ehegattensplitting beibehalten. Vom Ehegattensplitting profitieren bisher vor allem Paare mit einem Besserverdiener und einer Geringverdienerin. DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SPD und AfD möchten das Ehegattensplitting hingegen abschaffen.

Einsatz von Haushaltshilfen steuerlich fördern

Der Einsatz von Haushaltshilfen trägt zur Entlastung von Familien bei. Das haben auch FDP, Union, SPD sowier DIE GRÜNEN erkannt und möchten die steuerliche Absetzbarkeit dieser haushaltsnahen Dienstleistungen verbessern.

Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder

Das entsprechende Gesetz zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder wurde bereits im Bundestag beschlossen, ist aber noch nicht rechtskräftig. Es scheitert derzeit an den Ländern, die sich bislang nicht über die Kosten einigen konnten. Aber wie soll es laut den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien damit weitergehen?

DIE GRÜNEN, die SPD und DIE LINKE wollen den Rechtsanspruch beibehalten. Die FDP plant einen Rechtsanspruch erst ab Ende des Mutterschutzes, möchte gleichzeitig Betriebskindergärten steuerlich fördern.

Auch die CDU plant, Kitas weiter auszubauen, äußert sich aber nicht konkret dazu, ob der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung weiter Bestand haben soll.

Die AfD möchte ebenfalls Betriebskitas fördern, spricht sich aber generell eher dafür aus, dass Kinder zu Hause betreut werden und setzt daher auf ein Betreuungsgeld.

Mehr Zeit für die Familie und 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich

Damit Familien mehr Zeit haben und Arbeitnehmer sich weniger belastet fühlen, fordert DIE LINKE eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohn. Sie beruft sich dabei auf ein isländisches Modellprojekt, bei dem sich zeigte, dass sich das Wohlergehen der Beschäftigten deutlich verbessert hat. Andere Parteien halten diesen Vorschlag für eine Utopie.

Mehr Kinderkrankentage, Verlängerung des Kinderkrankentagegeldes

Gerade während der Corona-Zeit hat sich gezeigt: 10 Kinderkrankentage und einem Anspruch auf Kinderkrankengeld pro Jahr sind einfach zu wenig. SPD, Grüne und Linke wollen die Kinderkrankentage deswegen ausbauen.

Die SPD plant 20 Tage pro Kind, Jahr und Elternteil (“Elterngeld akut”). Bei mehr als zwei Kindern sollen die Tage jedoch auf 45 Tage pro Elternteil begrenzt bleiben. Für Alleinerziehende sieht die SPD 90 Kinderkrankentage pro Jahr vor.

DIE GRÜNEN möchten den Anspruch auf Kinderkrankengeld auf 15 Tage pro Kind und Elternteil anheben, bei Alleinerziehenden auf 30 Tage pro Kind und Jahr. Gleichzeitig soll die Altersgrenze beim Kinderkrankengeld von 12 auf 14 Jahre erhöht werden. Die Vorlage eines ärztlichen Attests soll in Zukunft erst ab dem vierten Erkrankungstag verpflichtend sein. Heutzutage müssen Eltern – es sei denn, der Arbeitgeber hat eine individuell andere Regelung gefunden – oft direkt ab dem ersten Krankheitstag des Kindes ein Attest einreichen.

DIE LINKE schreibt in ihrem Wahlprogramm, die Kinderkrankentage wurden aufgrund der Coronapandemie befristet bis Ende 2021 von 10 auf 20 Tage erhöht. Dies will die Partei nun dauerhaft beibehalten. Außerdem sollen auch Minijobber, Soloselbstständige und Freiberufler künftig Anspruch darauf haben – dies ist bisher nicht der Fall.

Elterngeld: Zeiträume verlängern und Beträge erhöhen

Das Elterngeld und die Elternzeit sind ebenfalls Bereiche, in denen die meisten Parteien noch nachbessern wollen: Sowohl Union, SPD, GRÜNE, FDP als auch DIE LINKE haben sich das auf die Fahnen geschrieben, allerdings auf unterschiedliche Art und Weise.

Die CDU will die Partnermonate auf 16 Monate ausweiten, wenn sowohl Vater als auch Mutter in Elternzeit gehen.

DIE GRÜNEN wollen mit der sogenannten KinderZeit Plus das Elterngeld auf 24 Monate verlängern. Pro Elternteil sollen es künftig acht Monate sein, und weitere acht Monate können beide Elternteile flexibel untereinander aufteilen. Außerdem soll diese KinderZeit Plus bis zum 14. Geburtstag des Kindes genommen werden können

Ähnliches plant die SPD: Hier soll die Elternzeit bis zum 8. Geburtstag des Kindes eingereicht werden können. Mit dem sogenannten ElterngeldPlus will die SPD den Partnerschaftsbonus zu einer geförderten Elternteilzeit nach dem ersten Lebensjahr des Kindes ausbauen. Sobald Elternteile in Paarfamilien gleichzeitig etwas weniger als Vollzeit arbeiten, erhalten sie je zehn Monate ElterngeldPlus, dasselbe gilt für Alleinerziehende. Der Mindestbetrag läge dann bei 200 Euro im Monat, der Höchstbetrag bei 900 Euro.

Die FDP will den Rechtsanspruch auf Partnermonate beim Elterngeld von 2 auf 3 Monate verlängern, womit sich gleichzeitig die Bezugsdauer des Elterngeldes auf maximal 15 Monate erhöhen würde. Dies soll auch für Alleinerziehende gelten. Die FDP spricht in ihrem Wahlprogramm ebenfalls von einer Erhöhung der Minimal- und Maximalbeträge, beziffert diese aber nicht genauer.

Bei der LINKEN ist geplant, den Anspruch auf Elterngeld auf 12 Monate pro Elternteil und 24 Monate für Alleinerziehende zu erhöhen und die Anspruchsdauer auf bis zum 7. Lebensjahr des Kindes auszudehnen. Ebenso soll der Mindestbetrag beim Elterngeld auf 400 Euro erhöht werden, beim ElterngeldPlus auf 200 Euro.

Weitere Wahlkampfversprechen rund um Kind und Familie

Sowohl SPD als auch GRÜNE, FDP und DIE LINKE wollen den bezahlten Sonderurlaub für Väter direkt nach der Geburt von 10 auf 14 Tage anheben.

Die SPD plant zudem, Verhütungsmittel kostenlos zugängig zu machen, und zwar unabhängig zum Einkommen. Außerdem will sie gezielt Mittel in die Erforschung von Verhütungsmethoden für Männer investieren.

Im Wahlkampfprogramm der GRÜNEN finden sich zudem Pläne für eine Kostenerstattung bei künstlicher Befruchtung, hier heißt es allerdings nur:

“Bei Kinderwunsch sollen alle Paare und alleinstehende Frauen die Möglichkeit einer Kostenerstattung für die künstliche Befruchtung erhalten.”

Die FDP setzt sich außerdem dafür ein, dass Vorstände und andere Führungskräfte künftig im Falle einer Geburt, der Elternzeit oder Pflege Angehöriger eine zeitlich begrenzte Auszeit nehmen können – dies ist bisher aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht möglich.

Die AfD möchte pro Kind Rentenbeträge zurückerstatten. Bei Geburt jedes Kindes sollen Eltern bereits entrichtete Rentenbeiträge in Höhe von 20.000 Euro zurück erhalten oder von zukünftigen Beitragszahlungen freigestellt werden, ohne dafür eine spätere Leistungskürzung hinnehmen zu müssen.

Weitere Förderungen planen CDU und CSU für alle, die sich mit der Anschaffung eines Eigenheims befassen: Sie wollen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) besonders günstige Immobilienkredite ermöglichen. Die AfD plant beim Thema Eigenheim, Bauland besonders kostengünstig an Familien abzugeben und die Kreditbedingungen der KfW zu optimieren.

Versprochen ist versprochen – und wird nicht gebrochen?

Versprechen kann die Politik viel, die große Frage bleibt: Halten sie auch nach der Wahl das, was sie vorher angekündigt haben? Wir werden in Zukunft mal beobachten, wie es einige Monate nach der Wahl mit den Wahlversprechen aussieht und halten euch hier bei Echte Mamas darüber auf dem Laufenden!

Ilona Utzig
Ich bin Rheinländerin, lebe aber seit vielen Jahren im Hamburger Exil. Mit meiner Tochter wage ich gerade spannende Expeditionen ins Teenager-Reich, immer mit ausreichend Humor im Gepäck. Wenn mein Geduldsfaden doch mal reißt, halte ich mich am liebsten in Küstennähe auf, je weiter nördlich, desto besser. Bei Echte Mamas bin ich Senior SEO-Redakteurin. Meine journalistische Ausbildung abolvierte ich bei Hamburger Jahreszeitenverlag, um anschließend Skandinavistik, Politikwissenschaft und Germanistik zu studieren. Nach langen Jahren als Finanz-Redakteurin liegen mir heute noch die Themen Vorsorge, Vereinbarkeit und Care-Arbeit am Herzen.

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