Ü30 und schwanger? Dann raten Experten womöglich zum Kaiserschnitt

Jede Geburt ist etwas Besonderes, denn durch sie könnt ihr endlich euer Wunder im Arm halten. Egal ob euer Baby per Kaiserschnitt oder spontan zur Welt gekommen ist: Die Geburt eures Kindes wird ein unvergessliches Erlebnis sein.

Viele werdende Mamas beschäftigen sich im Vorfeld intensiv damit, wie ihr Kind das Licht der Welt erblicken soll. Besonders Mütter, die sich einen Kaiserschnitt  wünschen, sind dabei oft verunsichert: Wähle ich einen Kaiserschnitt oder ist der Weg der spontanen Geburt besser?

Oft gilt es als Tabu, sich einen Kaiserschnitt zu wünschen.

Beispielsweise erntete Influencerin Sarah Harrison einen massiven Shitstorm, als sie 2020 verkündete, dass ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt kommen soll. Denn viele Menschen haben offenbar eine klare Meinung dazu: Vaginale Entbindungen sind besser für Mutter und Kind. Aber stimmt das wirklich immer? Inzwischen werden Expertenstimmen lauter, die fordern, dass besser zum Thema „Kaiserschnitt oder spontane Entbindung” informiert wird.

Wie jede Operation hat ein Kaiserschnitt Risiken, beispielsweise Infektionen oder Thrombosen, Verletzungen der Mutter und des Kindes. Mögliche Langzeitfolgen eines Kaiserschnitts könnt ihr HIER nachlesen. Trotzdem steigt die Quote der Kinder, die mit einem Kaiserschnitt auf die Welt kommen. „Die Kaiserschnittrate in Deutschland ist zu hoch und muss gesenkt werden“, meint Präsidiumsmitglied des Verbandes der Deutschen Hebammen, Susanne Steppat.

Kaiserschnitt kann Schäden am Beckenboden verhindern

Doch was bei solchen Forderungen nach Meinung einiger Fachleute zu wenig beachtet wird: Auch die  spontane Geburt bringt Risiken mit sich – unter bestimmten Voraussetzungen sind diese größer als bei einem Kaiserschnitt. Denn laut verschiedener Studien kann ein Kaiserschnitt Schäden am Beckenboden und damit Inkontinenz verhindern.

Privatdozentin Dr. Kaven Baeßler, Leiterin des Berliner Beckenboden- und Kontinenzzentrums stellt klar: „Es geht nicht um den Kaiserschnitt für alle, sondern darum, dass Frauen mit Risikofaktoren herausgefiltert werden sollten.” Sie erlebe immer wieder Patientinnen, die an Harn- oder Stuhlinkontinenz leiden und sich wünschen, dass sie sich für einen Kaiserschnitt entschieden hätten. Viele werdende Mamas wissen offenbar nicht, dass die vaginale Geburt den Beckenboden stark und möglicherweise irreparabel schädigen kann.

Diese Frauen haben ein erhöhtes Risiko bei einer spontanen Geburt

Der Beckenboden ist eine Muskelplatte, die die inneren Organe im Becken zurückhält. Die Muskulatur des Beckenbodens umgibt unseren Mastdarm, den After, die Scheide und die Harnröhre. Bei der Geburt kann dieser Muskel stark überdehnt werden, bei 10 bis 20 Prozent der Geburten reißt er sogar. Infolgedessen senken sich innere Organe wie Blase, Darm und Gebärmutter. Lange Zeit war diese Verletzung in der Medizin überhaupt nicht bekannt.

Hans Peter Dietz, Urogynäkologe im australischen Sydney meint: Ein erhöhtes Risiko für einen irreparablen Riss haben vor allem kleine übergewichtige Frauen und solche, mit besonders schweren und großen Babys. Auch das Alter der Frauen spielt eine wichtige Rolle. „Unter 30 ist es noch gut möglich, dass die Vorteile einer natürlichen Geburt überwiegen. Aber je älter die Frauen werden, desto wahrscheinlicher sind Beckenboden- oder Dammrisse. Die Elastizität des Gewebes nimmt ab.”

Mehr Aufklärung zu individuellen Risiken bei einer spontanen Geburt

Dr. Wolfgang Henrich, Direktor der Klinik für Geburtsmedizin an der Berliner Charité gibt zu bedenken: „Auch eine Schwangerschaft kann Inkontinenz verursachen. Nur finde ich es nicht fair, bei mündigen Schwangeren diesen Bereich der Aufklärung in der Geburtsplanung auszusparen.” Er wünscht sich deswegen eine umfassende Beratung von Schwangeren, um Schäden und Folgekosten zu minimieren.

Kaiserschnitt oder spontane Entbindung? Es gibt keine pauschale Empfehlung

Letztendlich kann dir pauschal niemand beantworten, ob du einen Kaiserschnitt in Erwägung ziehen solltest. Vielleicht gehörst du zwar zu den älteren Mamas, dein Bindegewebe ist aber super. Dann gibt es womöglich nichts, was gegen eine spontane Entbindung spricht. Die Vor- und Nachteile der Geburtsarten sollte jede Mama ganz gewissenhaft für sich abwägen und die Entscheidung treffen, die sich für sie am besten anfühlt.

Das Beruhigende: In Deutschland kommen 97 Prozent der Kinder gesund zur Welt, unabhängig davon, ob sie mit einem Kaiserschnitt oder spontan entbunden werden. Wichtig ist vor allem, dass du dich bei der Geburt sicher fühlst und möglichst selbstbestimmt dieses aufregende Kapitel in deinem Leben beginnst.

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach! Bevor ich bei Echte Mamas gelandet bin, habe ich Literatur und Medienwissenschaften studiert und nebenbei in einer Agentur als Texterin gearbeitet. Danach habe ich im Lokaljournalismus angefangen und sogar mit meinem Team den „Vor-Ort-NRW-Preis” gewonnen. Die große Nähe zu Menschen und Lebensrealitäten habe ich dort lieben gelernt und das lasse ich jetzt in unsere Echten Geschichten einfließen. Die sind mir nämlich eine Herzensangelegenheit, genauso wie die Themen Vereinbarkeit, Female Empowerment und Psychologie.

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Anna
Anna
2 Jahre zuvor

Toller Artikel!! das ist leider bei mir so eingetreten. Spätgebärend, grosses Kind. obwohl ich vorher total fit war, aber die Muskel sind dann halt älter. Bei mir ist der Beckenboden abgerissen, und lässt sich auf nicht mehr drannähen. und ich wurde davor NICHT gewarnt. Jede Frau sollte das wissen. Danke für den Artikel!