Stillen als Waffe im Trennungskrieg? Urteil: Mama muss Flasche geben

Schluss mit dem Stillen! So entschied gerade ein US-Gericht im Bundesstaat Virginia. Arleta Ramirez muss deshalb nun ihr fünf Monate altes Baby an die Flasche gewöhnen.

Verlangt hat’s der besorgte Vater

Allerdings trieb Mike Ridgway weniger die Sorge um sein Kind um. Seine Ex-Partnerin Arleta Ramires konsumiert nämlich nicht etwa gefährliche Substanzen, die das Kindeswohl gefährden können, sondern sie stillt nach Bedarf, fast jede Stunde. Das kollidiert mit seinen Besuchszeiten, die so immer wieder unterbrochen werden.

Über seine Anwältin warf der Vaters seiner Ex vor, sie würde das Stillen als Waffe benutzen, um seine Besuche zu torpedieren, die durch die Trinkzeiten immer wieder unterbrochen würden. Nun entschied das Gericht, dass die Mutter sich bemühen muss, ihr Kind an die Flasche zu gewöhnen, schließlich soll die gemeinsame Tochter fortan auch öfter mal bei ihrem Vater übernachten.

Die Mutter war perplex: „Wieso zwingen sie mich, mit dem Stillen aufzuhören?“ Sie wies auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation hin, nach denen Stillen die gesündeste Ernährungsform für Kinder unter zwei Jahren ist. Natürlich bezieht sich diese Empfehlung nicht auf das Stillen an sich, sondern auf die Muttermilch, die Arleta auch abpumpen könnte. Aber ihre Tochter verweigerte anfangs die Flasche. Außerdem hatte die Mutter Probleme, beim reinen Abpumpen ausreichend Milch zu gewinnen. Deshalb muss sie nun – zumindest teilweise – auf Pulvermilch umstellen.

Mutter gibt nicht auf

Im April wird es eine neue Anhörung geben, dafür hat Arleta gekämpft. Allerdings hat ihr bereits die eigene Anwältin geraten, abzustellen, um die Auflagen des Gerichts zu erfüllen. Vielleicht gibt es dafür einen Grund. Wir stecken in dieser Sache nicht drin.„Das Kind gehört zur Mutter“ ist ein ziemlich veralteter Slogan. Vielleicht will diese Mutter den Kontakt ihres Mannes ja wirklich bewusst oder unbewusst einschränken, so etwas mag vorkommen. Machen wir uns nichts vor: Bei Sorgerechtsstreitigkeiten sind die Gemüter oft so erhitzt, dass sich beide Seiten nicht mit Ruhm bekleckern. Und natürlich wird ein Kind auch mit Pulvermilch hervorragend groß, falls es mit dem Abpumpen weiterhin nicht klappt.

Die stillende Mutter soll nicht verherrlicht werden – aber eben auch nicht als Schurkin dämonisiert, die ihren Körper dafür einsetzt, dem Mann das Kind wegzunehmen. Arleta scheint vom Stillen überzeugt zu sein. Ihren Sohn hat sie zwei Jahre lang gestellt. Klar, dass sie sich schwer tut, bei ihrer fünf Monate alten Tochter so früh damit aufzuhören. Zumal wir Frauen oft genug zu hören bekommen haben, dass eine gute Mutter ordentlich lange stillt. Auch in den USA empfehlen Kinderärzte bis zum Ende des sechsten Monats „breastfeeding only“.

Selbst wenn sie es für einen angenehmen Nebeneffekt halten sollte, dass der doofe Ex etwas weniger Zeit mit dem Baby verbringt, stößt es etwas auf, dass unter anderem die Anwältin des Mannes davon ausgeht, dass getrennt lebende Frauen das Stillen sehr oft nur ausnutzen wollen.

Stillen als Waffe? Im Land der Freien und Mutigen offenbar kein unüblicher Gedanke

Sehr hübsch finde ich zum Beispiel „The Firm for Men“. Diese Kanzlei sitzt in Virgina, also in dem Bundesstaat, in dem auch der Fall Ramirez/Ridgway verhandelt wurde. Motto: „Wir beschützen exklusiv Sie!“ Gemeint sind Männer. Ihr Versprechen: „Wir sind die EINZIGE Kanzlei im ganzen Staat Virginia, die noch nie eine Frau vor dem Familiengericht vertreten hat, und es auch nie tun wird.“

Diese Kanzlei vertritt ausschließlich Männer, die in einer Scheidung oder Sorgerechtsstreitigkeiten stecken. Wenn man sich die Textbeiträge ansieht, gewinnt man den Eindruck, die Welt bestünde nur aus bösen Frauen, die Männer fertigmachen wollen – zum Beispiel, in dem sie knallharte Waffen wie das Stillen einsetzen. Natürlich verraten sie auch, wie der „weise“ Vater solche Angriffe pariert.

Dabei dachte ich immer, in Amerika sind so gut wie alle Waffen erlaubt? Aber vermutlich wird keine für so gefährlich gehalten, wie der Körper der Frau.

Jana Stieler
Ich lebe mit Mann und Sohn im Süden Hamburgs – am Rande der Harburger "Berge" (Süddeutsche mal kurz weghören: Der höchste Punkt misst immerhin sagenhafte 155 Meter ü. M.). Wenn ich nicht gerade einen Text verfasse, liebe ich Outdoor-Abenteuer mit meiner Familie, lange Buch-Badewannen-Sessions mit mir allein und abendliches Serien-Binge-Watching.

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Tin
Tin
11 Monate zuvor

Soll er doch einfach die Zeit später nachholen oder es akzeptieren das Baby bzw. Kind wird auch iwann nicht mehr gestillt. Natürlich kennt man auch hier nicht alle genauen individuellen Situationen. Ich bin aktuell in Elternzeit mein Mann muss arbeiten auch aus finanziellen gründen und soll er ju deswegen auch vor Gericht gehen und was verlangen mehr Geld in Elternzeit;) und mein Kind ist aus persönlichen Gründen kein stillkind und ich denke trotzdem man sollte das jedem selbst überlassen