„Stay-at-home-girlfriends“: Fragwürdiger Trend oder erstrebenswertes Leben?

Lachten wir nicht gerade noch ironisch über den Werbespot aus den 50er Jahren, in dem es um das beneidenswerte Leben von Hausfrauen geht? Demnach gibt es nämlich nur zwei Fragen in ihrem Leben: „Was soll ich backen? Und was soll ich anziehen?“ In Anbetracht eines neuen Trends auf TikTok und Instagram, bleibt einem dieses Lachen jetzt eher im Hals stecken. Denn scheinbar sind die zwei Fragen für einige Frauen im Jahr 2024 wieder Realität.

„Dein Job ist es, deinen Mann glücklich zu machen“

Seit etwa einem Jahr stößt man in den sozialen Medien auf den Hashtag #stayathomegirlfriend. Mittlerweile finden sich allein auf Instagram Tausende Beiträge und Profile unter dem Schlagwort. Das Konzept dahinter ist schnell erklärt: Junge Frauen, die allesamt makellos dem Schönheitsideal entsprechen, das uns Werbung & Co seit jeher suggerieren, nehmen ihre Follower in ihrem Alltag als Hausfrau mit.

Und damit meinen sie das „traditionelle“ oder mit anderen Worten sehr verstaubte Rollenverständnis aus dem letzten Jahrhundert: Die Frau bleibt zuhause, schmeißt den ganzen Haushalt und begrüßt ihren Mann abends mit fertigem Essen auf dem Tisch, wenn dieser von der Arbeit kommt. Dazu muss sie immer top gestylt, sexy, stets gut gelaunt und dankbar sein – denn er bringt ja schließlich das gesamte Geld für den beneidenswerten Lebensstil nachhause.

„Ein Tag im Leben eines Stay-at-home-girlfriend“

In den Videos sieht man z.B. wie die Frauen morgens um 5 Uhr in den Tag starten. Bevor der Mann überhaupt geweckt wird, absolvieren sie schon ein Pilates-Workout, desinfizieren einmal den kompletten Kühlschrank, arrangieren ein luxuriöses Frühstück und widmen sich natürlich ihrem perfekten Aussehen. Nach ihrer ausgiebigen Skincare-Routine stehen sie dann später mit Highheels und Designerkleid in der Küche, während sie schon wieder überlegen, was ihr Mann sich wohl zum Mittagessen wünscht.

Ein deutschsprachiges Stay-at-home-girlfriend ist zum Beispiel Carolina, die ihren Followern z.B. auch gerne mal Tipps mit auf den Weg gibt, warum man für seinen Mann backen sollte. (Er ist es a) schließlich von seiner Mutter gewöhnt und b) kann er dann auch nicht mehr weglaufen.)

In diversen Interviews, wie z.B. in einem Beitrag des NDR sagt die junge Frau, ihr Leben als klassische Hausfrau sei keineswegs ein Rückschritt oder Schlag gegen den Feminismus. Denn letzterer bedeute für sie schlichtweg, dass eine Frau heutzutage die Wahl habe zu entscheiden, was für ein Leben sie führen will. Recht hat sie mit dem Punkt.

Es geht also nicht darum, dass es verwerflich ist, wenn Frauen zuhause bleiben, um wichtige Carearbeit zu leisten oder weil sie sich wünschen, so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern zu verbringen. Inwieweit ein Leben aber wirklich selbstbestimmt sein kann, indem man sich in die völlige finanzielle Abhängigkeit vom Mann begibt, ist eine andere Frage. Stichwort: Altersvorsorge und Altersarmut bei Frauen. Die hohen Scheidungsraten sprechen für sich, was bleibt nach einer Trennung für die Frau übrig? Wenn sie denn eben überhaupt verheiratet waren.

Ganz davon abgesehen, dass sich eine Frau in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis sicher doppelt und dreifach überlegen oder Mut beweisen muss, sich von ihrem Partner zu trennen – egal wie schlecht es ihr in der Beziehung gehen mag.

Aber ist das wirklich echt?

Ob Carolina und die anderen Frauen den Lebensstil wirklich fühlen oder nicht, lässt sich nicht nachprüfen. Ein Teil von mir hofft, dass es nur eine clevere Idee ist, als Influencerin möglichst viel Reichweite und Aufmerksamkeit zu erlangen. Denn das schafft sie mit ihren polarisierenden Videos ohne Frage. Dabei darf aber keineswegs vergessen werden, dass die junge Frau (und alle anderen Stay-at-home-Girlfriend-Influencer auch) mit ihrem Internetauftritt durchaus auch Geld verdient. Außerdem betreibt Carolina gemeinsam mit ihrem Freund sogar noch eine Marketing-Agentur, was sie in ihren Videos jedoch nicht thematisiert.

Egal, ob echt oder nicht – Das Leben als (vermeintliche) Hausfrau derart zu romantisieren, finde ich äußerst problematisch. Denn gerade auf Tiktok sind viele junge Mädchen unterwegs, die das Gezeigte womöglich nicht hinterfragen und sich von dem suggerierten „Traumleben“ blenden lassen. Finanzielle Unabhängigkeit und eine gute Berufsausbildung können da schon mal in den Hintergrund geraten. Ganz davon abgesehen, dass das Leben als Hausfrau für die meisten nicht Designerkleid und Swimmingpool bedeutet.


„Ich hoffe, das ist ein Scherzvideo.“

Wie sehr das Thema polarisiert, zeigen übrigens auch die zahlreichen Kommentare unter ihren Videos. Sie reichen von „Wie schön zu sehen, dass solche Frauen wie wir nicht ausgestorben sind“ und „Dieser Neid hier… wieso nicht? Was für ein Leben“ bis hin zu einem hoffnungsvollen „Das ist Ironie….bitte lass es Ironie sein“.

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Jana Krest
Obwohl ich ein absolutes Landkind aus der Eifel bin, lebe ich schon seit einigen Jahren glücklich in Hamburg. Hier habe ich nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Soziologie auch noch meinen Master in Journalistik und Kommunikationswissenschaften gemacht. Während meines Studiums kümmerte ich mich frühmorgens, wenn die meisten noch schliefen, bei der Deutschen Presse-Agentur darum, dass die nächtlichen Ereignisse aus ganz Norddeutschland in die Nachrichten kamen. Und ich hatte jahrelang noch den für mich besten Nebenjob der Welt: Die süßen Kinder von anderen betreuen. Nachdem ich Echte Mamas zunächst als Praktikantin kennenlernen durfte, schreibe ich nun als Redakteurin über alles, was Mamas beschäftigt: Von praktischen Ratgeber-Texten über aktuelle Trends bis hin zu wichtigen Recht- und Finanzthemen.

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