Sexismus in Märchen: Vermitteln Dornröschen & Co. falsche Werte?

Erzählt ihr euren Kleinen Märchen? Die fantastischen Abenteuer der Märchenfiguren faszinieren Kinder seit Jahrhunderten. Aber sind diese Geschichten eigentlich noch zeitgemäß? Eine Mama aus England hat eine Diskussion darüber angestoßen, denn sie meint: Dornröschen ist sexistisch!

Wie kindgerecht sind Märchen wirklich?

Was sich viele Eltern gar nicht mehr bewusst machen: Die weltweit bekannten Märchen der Brüder Grimm sind im Original ziemlich brutal. Nicht selten wird ein Herz herausgeschnitten, jemand hinterhältig vergiftet oder unter gellenden Schreien im Ofen verbrannt.

Die Disney-Versionen sind in der Regel etwas weichgespülter und nehmen den Erzählungen einen Teil ihrer Brutalität. Kindern im Detail zu erklären, wie jemand einen qualvollen Tod erleidet und das Ganze dann als schöne Gute-Nacht-Geschichte zu präsentieren, das ist zum Glück nicht mehr zeitgemäß.

In Sachen Gewaltdarstellung wurden die ursprünglichen Märchen also schon modernisiert, in anderen Bereichen hängen Dornröschen und ihre Kolleginnen aber möglicherweise noch hinterher. So sieht das zumindest eine Mama aus England, deren Tweet eine märchenhafte Diskussion entfachte.

Kein Konsens beim Dornröschen-Kuss

Mama Sarah Hall empört sich in ihrem Twitter-Post darüber, dass Märchen wie Dornröschen immer noch unreflektiert Kindern erzählt werden.

Aber woran stört sich die Mama denn? Die Dornröschen-Geschichte ist doch total romantisch, noch dazu mit Happy End, oder?

Geht so, findet Sarah Hall. Sie kritisiert die Darstellung der Frau in Märchen wie Dornröschen. Nicht nur, dass Dornröschen absolut passiv herumliegen muss und darauf angewiesen ist, dass der Prinz kommt, um sie gnädigerweise zu erlösen (aber nur weil sie so gut aussieht, Glück gehabt, Dornröschen!), sie wird dann auch noch ungefragt von ihm abgeschmatzt.

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Dornröschen vermittelt Kindern ein falsches Bild

Diese Darstellung findet ihr ein wenig übertrieben? Sarah Hall nicht. Sie meint, dass solche Geschichten Kindern ein falsches Bild vermitteln. Die Figurenkonstellationen in jahrhundertealten Märchen entspringen zwangsläufig längst überholten Rollenbildern und spiegeln vergangene Zeiten, in denen Frauen nicht als gleichberechtigte Menschen angesehen wurden.

Die twitternde Mama ist deswegen überzeugt: Wenn wir unseren Kindern Märchen erzählen, erhalten wir frauenfeindliche Stereotype am Leben. Sarah Hall bringt Märchen deswegen in Zusammenhang mit der Me-Too-Debatte und verweist auf den nicht vorhandenen Konsens beim Kuss zwischen Dornröschen und Prinz.

Keine Märchen mehr für Kinder?

Hm, also darf man seinen Kindern nicht mehr mit gutem Gewissen Märchen erzählen? Jein… Nachweislich fördern die Geschichten die Fantasie und Vorlesen hat sowieso zahlreiche positive Effekte für Kinder. Vermutlich macht auch hier die Dosis das Gift. Schließlich gibt es ebenso viele moderne Kindergeschichten, die ein deutlich zeitgemäßeres Frauenbild zeigen. Die sollten dann ebenfalls Einzug ins Kinderzimmer halten.

Außerdem wichtig: Wenn der Nachwuchs alt genug ist, sollte man die Märchenerzählungen auch mal kritisch hinterfragen. Damit die Kleinen lernen: Das, was dort gezeigt wird, muss ich nicht als gesetzt hinnehmen!

Und auch Sarah Hall meint: „Ich denke nicht, dass wir alle Märchen-Bücher aus dem Lehrplan streichen sollten. Sie sind einfach eher für größere Kinder gedacht, die den Inhalt diskutieren und über die Gefühle von Dornröschen sprechen können.“ Ihr Sohn sei sechs Jahre alt, er nehme alles kritiklos auf und sie könne mit ihm auch noch nicht über Geschichten diskutieren. Und deswegen bekäme er die Märchen auch erst vorgelesen, wenn er bereit dafür wäre.

Lena Krause
Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg. Am liebsten erkunde ich mit ihm die vielen grünen Ecken der Stadt. Auch wenn ich selbst keine Mama bin, gehören Babys und Kinder zu meinem Leben dazu. Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert und ich komme als „Tante Lena“ zum Einsatz. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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