Schwangerschaftsvergiftung: „Bis heute leide ich unter den Folgen.”

Anna war 22 Jahre alt, als sie zum ersten Mal Mutter wurde – begleitet von einer unerkannten Präeklampsie, einem Notkaiserschnitt und einer langen Genesungszeit. Acht Jahre später erfüllt sich ihr Wunsch nach einem zweiten Kind – doch die Vergangenheit holt sie ein, wie sie in ihrer echten Geschichte erzählt. Heute kämpft Anna nicht nur mit den Spätfolgen, sondern auch mit dem fehlenden Verständnis für das, was Präeklampsie wirklich bedeutet.

„Die Schwangerschaft war von Anfang an begleitet von Bluthochdruck und zu viel Eiweiß im Urin. Eine konkrete Ursache wurde nie gefunden oder weiter untersucht. Am Ende stand die Diagnose: Präeklampsie – mit Notkaiserschnitt.

Das war natürlich nicht schön. Man stellt sich das alles doch ganz anders vor. Mein Sohn kam sehr klein und zart zur Welt – davon ist heute zum Glück nichts mehr zu sehen.

Nach der Geburt hatte ich immer wieder Probleme mit den Nieren.

Nierenbeckenentzündungen wurden zur Regel – etwa zweimal im Jahr. Es war ein ständiger Kampf.

Ein paar Fehlgeburten später sollte – acht Jahre nach meinem ersten Kind – endlich Nummer zwei kommen. Wegen meiner Vorgeschichte wurde ich sofort als Risikoschwangere eingestuft. Ich bekam direkt ein Berufsverbot, was mir auch ganz recht war. Ich hatte Angst – innerlich hatte ich fast schon abgeschlossen, dass es wieder nichts wird.

Aber alles war gut.

Ich organisierte mir eine tolle Hebamme, die mich nur bei Problemen im Krankenhaus unterstützen sollte. Der Rest war mir ja bekannt.

Die Schwangerschaft war perfekt – ein absoluter Traum. Bis ab dem vierten Monat wieder zu viel Eiweiß im Urin festgestellt wurde. Niemand wusste, woher es kam. Der Urologe schloss Nierensteine aus und schob alles auf die Blase. Da könne man jetzt nichts machen.

Dazu kam wieder Bluthochdruck – ich wurde auf Tabletten eingestellt.

Mir ging es gut, dem Kleinen auch, und ich war engmaschig unter Kontrolle. Ich machte alle zehn Wochen Feindiagnostik, und alle sagten, einer vaginalen Geburt stehe nichts im Weg.

Dann kam Tag X – 39+0, wie bei meinem ersten Kind. Frühmorgens ging es mir schlagartig schlecht. Mein Mann hatte eigentlich einen Termin, aber wollte mich so nicht allein lassen. Ich lag im Bett, bewegte mich nicht, mein Blutdruck schoss in die Höhe. Ich fühlte mich benommen, wie nicht richtig da.

Beim Frauenarzt schilderte ich, dass es mir sehr schlecht ging.

Er schaute mich ernst an und überwies mich direkt ins Krankenhaus. Im Kreißsaal waren die Hebammen sehr lieb. Ich sollte mich ausruhen. Der Blutdruck stabilisierte sich ein wenig, aber ich fühlte mich weiter benommen.

Ein junger Arzt kam, redete viel – innerlich sackte ich immer weiter ab. Mein Mann wurde nervös, ich wurde müder.

Dann sagte der Arzt, ich sei kein Notfall und könne nach Hause.

Mein Mann explodierte – ob der Arzt keine Augen im Kopf hätte. Die Hebamme rannte raus. Ich war total verunsichert. War ich nur müde? Oder war da mehr? Zum Glück holte die Hebamme den Chefarzt.

Er nahm meine Hand und fragte, wie es mir geht. Ich sagte nur: ‚Mir geht’s schlecht – hier stimmt was nicht.‘ Er meinte, wir würden gar nicht erst auf Laborwerte warten – wir machen sofort einen Notkaiserschnitt. Wir müssten nur noch eine OP abwarten.

Alles ging so schnell. Ich weinte.

Ich wollte doch nur einmal erleben, wie es ist, wenn das Baby zur Welt kommt. Beim ersten war ich unter Vollnarkose. Die Anästhesistin versprach mir, sie würden alles dafür tun, dass ich wach bleibe.

Es klappte. Ich war da und hörte den ersten Schrei, sah mein Baby – und durfte nach dem Nähen endlich kuscheln. Doch der Kleine kam auf die Neo – er hatte schwere Anpassungsstörungen.

Am nächsten Tag war ich bei ihm.

Die Neo grenzt direkt an den Kreißsaal. Die Hebamme vom Vortag kam mich besuchen. Sie sagte, sie habe sofort gesehen, wie schlecht es mir ging. Sie hatte zur Sicherheit meine Laborwerte angeschaut.

Laut ihr hätten mein Baby und ich keine zwei Tage mehr geschafft. Es war höchste Eisenbahn. Jetzt lag eine Geduldsprobe vor uns.

Der Kleine stabilisierte sich langsam.

Mein Immunsystem dagegen brach komplett zusammen. Ich hörte nicht mal, wenn mein Baby weinte. Drei Wochen lang hatte ich jede Krankheit, die man sich vorstellen kann.

Irgendwann rappelten wir uns auf. Ich dachte, jetzt kann ich es endlich genießen, komplett zu sein. Doch es ging nicht. Ich rutschte in eine Depression – zum ersten Mal in meinem Leben.

Ich wollte das nicht.

Nicht für mich, nicht für meinen Mann – und erst recht nicht für meine Kinder. Es war schwer, aber wir kämpften uns durch. Doch es kamen immer neue Hürden.

Meine Blase wurde gründlich untersucht. Es wurde sogar das Wort ‚Krebs‘ in den Raum gestellt. Am Ende war es ein chronischer Nierenschaden, verursacht durch Bluthochdruck und Präeklampsie. Ich war 29 und begann, täglich Tabletten zu schlucken. Regelmäßige Kontrollen beim Nephrologen folgten – zwischen Menschen, die meist viel älter waren als ich.

Das belastet mich sehr.

Mein Immunsystem ist seit der Geburt am Boden. Alles, was meine Kinder anschleppen, bekomme ich auch. Ich habe oft so starke Schmerzen im Nierenbereich, dass ich nicht arbeiten kann – weil sich wieder eine Entzündung durchgesetzt hat.

Seit Kurzem kommen Herzprobleme dazu. Auch das eine typische Spätfolge der Präeklampsie. Es wird aktuell untersucht – ich hoffe auf einen guten Weg.

Ich bin jetzt 32 und habe das Gefühl, es wird immer mehr.

Diese ‚Mitbringsel‘ der Schwangerschaft werden mich mein Leben lang begleiten. Am schwersten ist es, sich ständig erklären zu müssen. In meinem Umfeld wusste niemand, dass man bleibende Schäden von Präeklampsie haben kann. Man muss es immer wieder von vorn erzählen.

Auch bei der Arbeit trifft man selten auf Verständnis. Fällt man aus, wird alles über den Haufen geworfen.

Es ist frustrierend.

Ich wünsche mir, dass mehr Menschen wissen, was Präeklampsie anrichten kann – für Mutter und Kind, damit Betroffene sich nicht ständig rechtfertigen müssen.


Liebe Anna (Name von der Redaktion geändert), vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir alles Liebe für die Zukunft!

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Lena Krause

Ich lebe mit meinem kleinen Hund Lasse in Hamburg und übe mich als Patentante (des süßesten kleinen Mädchens der Welt, versteht sich). Meine Freundinnen machen mir nämlich fleißig vor, wie das mit dem Mamasein funktioniert. Schon als Kind habe ich das Schreiben geliebt – und bei Echte Mamas darf ich mich dabei auch noch mit so einem schönen Thema befassen. Das passt einfach!

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